Energiepolitik im Gemeinderat:Verkehrte Fronten

In Altomünster soll eine riesige Freiflächen-Fotovoltaikanlage entstehen. SPD-Gemeinderat Josef Haltmayr lehnt sie ab

Von Horst Kramer, Altomünster

Eigentlich ging es im Altomünsterer Marktgemeinderat um eine Freiflächenfotovoltaikanlage nördlich des kleinen Ortsteils Rudersberg. Erst vor zwei Monaten stimmte das Gremium einem Sonnenstromprojekt bei Lichtenberg zu. Damals wurde ein Areal von 1,2 Hektar ohne große Diskussionen durchgewunken. Nicht so im Falle Rudersberg. Denn dort sollen auf einer mehr als zehnmal so großen Fläche - rund 14 Hektar - bis zu 8,5 Megawatt Peak im Jahr produziert werden. Bis dato wird dort Mais angebaut.

Genau an dieser großen Differenz entzündete sich ein Streit zwischen dem einzigen SPD-Vertreter im Altomünsterer Gremium, Josef Haltmayr, und dem CSU-Experten für Landwirtschaft, Energie und Umwelt, Josef Riedlberger. Er warb für Alternativstom, Haltmayr überraschenderweise für die Beibehaltung des Maisfelds. "Eine landwirtschaftliche Nutzfläche dieser Größenordnung darf man nicht einfach der Natur entziehen", kritisierte der SPD-Gemeinderat. Unter den Sonnenmodulen würden weder Pflanzen noch Tiere gedeihen, es entstünde eine Brache. Der Genosse zweifelte darüberhinaus die grundsätzliche energetische und ökologische Sinnhaftigkeit des Vorhabens an: "Bis jetzt wird dort Mais angebaut. Woher bezieht der Nutzer in Zukunft diesen Mais?" Womöglich müssten dafür Wiesenflächen herhalten oder weitere Transportwege in Kauf genommen werden. Haltmayr: "Die Marktgemeinde Altomünster ist schon jetzt energieautark und produziert so viel Energie, wie sie verbraucht." Welchen Sinn mache da ein weiteres Fotovoltaikfeld, so Haltmayr, zumal schon jetzt in Spitzenzeiten überschüssiger Strom erzeugt werde, der nicht genutzt wird.

Mit dieser Argumentation konnte sich Riedlberger nicht anfreunden: "Ich finde es ja toll, wenn hier so leidenschaftlich für landwirtschaftliche Flächen geworben wird. Das ist ja eher selten." Dann brach er eine Lanze für den Sonnenstrom: "Mir ist eine derartige Freiflächenanlage immer noch lieber als die Kernkraftwerke in Gundremmingen oder Ohu." In einem kurzen Vortrag ließ Riedlberger die Geschichte der Energiewende passieren, von Fukushima über den Kernkraft-Ausstieg bis zum bayerischen Windkraft-Aus: "Windräder sind bei uns ja leider tot, dabei wäre Windenergie eine wichtige Ergänzung." Sein Fazit: "Irgendwo muss die Energie herkommen, die wir benötigen." Daher unterstütze er das vorgestellte Projekt. Gerade als Haltmayr seinem Kollegen die Politik der Staatsregierung in Sachen Windkraft vorhalten wollte, schritt Bürgermeister Anton Kerle (CSU) ein: "Die Positionen sind jetzt wohl klar geworden." Haltmayrs Naturschutzbedenken hielt er entgegen: "Die Module werden in einer Höhe von 3,20 Meter montiert, die Grasflächen darunter werden von Schafen gepflegt, der Absperrzaun soll für Kleintiere unterquerbar sein." Laut Betreiber entstünden dort sogar ökologisch wertvolle Flächen. Dagegen griff der Rathauschef Haltmayrs Argument der Altomünsterer Energieautarkheit auf, um Bedenken auszuräumen, dass mit diesem Projekt ein Präzedenzfall geschaffen werde - was Martina Englmann (CSU) und Johannes Öttl (FWG) vermutet hatten. "Wenn ein weiterer Investor mit einem ähnlich großen Projekt käme, könnten wir es abweisen, weil wir unserer gesellschaftlichen Verantwortung nachgekommen sind", so Kerle. Er verwies auf eine Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), der solche Vorhaben sogar fördere, wenn sie auf sogenannten "landwirtschaftlich benachteiligten Gebieten" errichtet werden. "Dazu gehört fast ganz Altomünster", setzte Kerle hinzu.

Er ergänzte den Beschlussvorschlag um einen Passus, der der Betreiberfirma auferlegt, ihren Geschäftssitz in Altomünster zu haben - um gegebenenfalls in den Genuss von Gewerbesteuern zu kommen. Zusätzlich soll die Marktgemeinde über eine Sperrminorität in der Gesellschafterversammlung der Firma verfügen. Wolfgang Grimm (CSU) brachte noch die Idee einer Bürgerbeteiligung ins Spiel: "Das erhöht die Akzeptanz." Letztlich stimmte der Gemeinderat dem Projekt zu, nur Haltmayr war dagegen.

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