Ende eines Clubs:Der letzte Rock'n' Roll

Mitgliederschwund führt zur Auflösung des Petershausener Tanzclubs Flip, Flop and Fly

Von Viktoria Großmann, Petershausen

Rock'n'Roll stirbt nie, aber irgendwann wird man einfach zu alt dafür. Zumindest wenn man ihn nicht nur hört, sondern auch tanzt. Echter Rock'n' Roll-Tanz mit seinen Sprüngen, Saltos und Hebefiguren ist Hochleistungssport. Das erfordert etwas mehr Trittsicherheit als langsamer Walzer. Dieser bitteren Einsicht mussten sich die zuletzt noch 20 Mitglieder des Vereins "Flip, Flop and Fly" aus Petershausen stellen. Nach 29 Jahren gaben sie die Auflösung bekannt.

"Man braucht schon 20 bis 30 Mitglieder, damit sich ein Verein rentiert", sagt Peter Hefele. Seit dem Jahr 2000 war er Vorsitzender des Vereins, mit dabei war der heute 53-Jährige von Anfang an. 50 bis 60 Mitglieder hatte der Verein in seinen besseren Zeiten. Zuletzt waren es noch zehn Aktive. Früher tanzten die Mitglieder auf Turnieren in ganz Bayern und richteten selbst regelmäßig Feste aus oder traten bei anderen Festen im Landkreis auf. "Mit den Sicherheitsauflagen ist es immer schwieriger geworden", sagt Hefele. "Irgendwann wird es unrentabel." Ein Problem, das viele Vereine kennen. Zuletzt war etwa der Weichser Maschkera-Verein in finanzielle Not geraten. Besonders Faschingsvereine aber auch andere beklagen, dass sie sich die Feste, die schließlich offen für alle sind, kaum noch leisten können. "So ein Verein verursacht Kosten und Arbeit", sagt Hefele. "Die Datenschutzgrundverordnung war der letzte K.o.-Schlag."

Zugegeben, als der Tanzverein sich gründete, war Rock'n'Roll auch schon lange vorbei. Bei diesen Tänzen denkt man doch an die rebellische Nachkriegsjugend der Fünfzigerjahre und fliegende Petticoats. 1989, das Jahr der Gründung, war eher von Depeche Mode oder Tanita Tikaram - und noch ganz anderem geprägt. Aber von einem Mauerfall ahnte auch der junge Tanzverein damals noch nichts. Hefele sagt, Turniere und Wettbewerbe für Boogie Woogie und Rock'n'Roll habe es früher in Bayern zuhauf gegeben. Im Verein wurde trainiert. "Heute gibt es vielleicht noch drei oder vier Turniere im Jahr in ganz Bayern."

Auch die eigenen Kinder habe man nicht ohne weiteres begeistern können. Zwar hätten viele aktive Tänzer versucht, ihre Kinder einfach mitzubringen, aber die wären als Teenager dann doch lieber eigene Wege gegangen, sagt Hefele.

Schwierigkeiten, begeisterte Tänzer zu finden, hatte der Verein schon lange. Bereits 2004 vermeldete die SZ Dachau, dass der Verein vier Tanzpaare durch Krankheiten und Umzüge verloren habe. Der Verein wollte mehr Boogie Woogie anbieten, für jene, denen Rock'n'Roll zu viel Sport ist. Die Aktiven hatten immerhin Erfolge mit Auftritten auf der Gewerbeschau und dem Frühjahrsball des TSC Phoenix '88 in Petershausen gefeiert. Dessen Homepage wurde zuletzt 2009 gepflegt. Boogie Woogie wird heute immerhin noch bei Eintracht Karlsfeld angeboten.

Im Verein Flip, Flop and Fly ist es schon lange ziemlich ruhig geworden. Feste gab es keine mehr. Peter Hefele drückt es so aus: "Das aktive Tanzen mit Akrobatik ist altersbedingt nicht mehr drin." Und so ging er nach 29 Jahren zum Notar und ließ den Verein offiziell auflösen. "Irgendwann muss man der Realität ins Auge sehen." Einige Mitglieder sind in anderen Vereinen aktiv. So ganz mit dem Tanzen aufhören, wird wohl keiner. Auch wenn der Salto nicht mehr klappt. Rhythmusgefühl verlernt man nicht.

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