Süddeutsche Zeitung

Eklat in Altomünster:CSU-Fraktionschefin tritt zurück

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Martina Englmann will nicht länger mit dem Altomünsterer Bürgermeister Michael Reiter zusammenarbeiten

Von Horst Kramer, Altomünster

Martina Englmann ist verärgert - und zwar nicht nur ein bisschen. Ihr Zorn richtet sich gegen den neuen Bürgermeister von Altomünster, Michael Reiter. Die CSU-Gemeinderätin wirft dem Rathauschef Benachteiligung und Unehrlichkeit vor. Eine Zusammenarbeit mit ihm hält sie für unmöglich, deshalb will sie an diesem Dienstag im Gemeinderat den Vorsitz der CSU-Fraktion abgeben. Der Bauunternehmer Roland Schweiger soll ihr Nachfolger werden.

Ein dreiseitige Schreiben hat Martina Englmann verfasst, in dem sie ihren Rückzug nach nur wenigen Monaten an der Spitze der CSU-Fraktion begründet. Es liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Darin wirft sie dem FWG-Bürgermeister vor, der CSU-Fraktion Informationen vorzuenthalten und den dritten Bürgermeister Josef Riedlberger (CSU) nicht in Verwaltungsangelegenheiten einzubinden. Zudem moniert sie, dass Reiter gegen eines seiner zentralen Wahlversprechen verstößt und darüber die Bevölkerung nicht informiert. Der Zimmerermeister hatte im Wahlkampf immer wieder erklärt, dass er sich im Falle eines Sieges aus seinem Betrieb zurückziehen werde. Doch das sei nicht geschehen, wirft sie dem neuen Mann an der Rathausspitze vor. Stattdessen hab er sich schon im Mai in einer nicht-öffentlichen Sitzung eine Nebentätigkeit als Geschäftsführer seiner Firma genehmigen lassen, dies anschließend aber nie öffentlich bekannt gegeben. Reiter bestätigt dies auf Nachfrage der SZ: "Das ist uns durchgerutscht. Ich hielt das für keine große Sache." Mehrere Kandidaten für den Geschäftsführerposten seien ihm nach den Wahlen am 15. März abgesprungen - damals beherrschte der Ausbruch der Corona-Pandemie das öffentliche Leben. Reiter betont, dass er weiterhin nach einem Geschäftsführer suche. "Wenn ich keinen finde, muss ich die Firma wohl stilllegen", sagt er.

Martina Englmann ärgert sich sehr darüber, dass Reiter nun acht Stunden in der Woche für seine Zimmerei tätig werden darf, obwohl er als hauptamtlicher Bürgermeister gewählt wurde. Dessen Beteuerungen, kein Gehalt zu beziehen, hält die CSU-Politikerin aus Hohenzell, die selbst Managerin bei einem großen Münchner Konzern ist, für wertlos: Denn Reiter stünden als alleinigem Gesellschafter seiner GmbH alle Gewinne zu. Der Bürgermeister hält dagegen, dass er "in der Regel zwischen fünfzig und siebzig Stunden in der Woche für die Gemeinde unterwegs" sei und für die Firma "nur Belege ordne".

Es gibt jedoch noch eine andere Schwierigkeit: Englmann glaubt, dass Reiter ein Problem mit ihrer Person habe: "Er kann einfach nicht mit mir." Deswegen trete sie zurück, in der Hoffnung, dass der Bauunternehmer Schweiger "einen besseren Draht zum Handwerker Reiter" finde.

Seit den Kommunalwahlen ist die CSU in der Minderheit. Neun Gemeinderäte sitzen seither im Gremium. Reiter hatte damals den amtierenden CSU-Bürgermeister Anton Kerle völlig überraschend entthront. In der Sitzung will Englmann ihre Punkte öffentlich darlegen. Reiter hat angekündigt, darauf antworten zu wollen. Der Gemeinderat kommt um 19 Uhr im Rathaus zusammen.

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Quelle:
SZ vom 20.10.2020
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