Einigkeit im Vorstand:Dachauer Kreis-CSU distanziert sich von Seehofer

Diskussionsabend Verkehr

Auch der Dachauer Ortsvorsitzende Tobias Stephan sieht Parteichef Horst Seehofer unter Druck.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Der Kreisvorstand der CSU sieht in seiner Analyse des Wahldebakels keine Mehrheit für eine Zukunft mit dem aktuellen Vorsitzenden und fordert einen Sonderparteitag.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Als Horst Seehofer am Wahlabend vor die Kameras trat und im Landratsamt Dachau über den Bildschirm flimmerte, konnte man Julia Grote dabei zusehen, wie es in ihr ratterte. Die JU-Vorsitzende klebte am Fernseher, verschränkte die Arme und schüttelte minutenlang den Kopf. Es war der Zeitpunkt, als die CSU ihr schlechteste Wahlergebnis seit 1950 schwarz auf weiß hatte. Und es war der Moment, als Seehofer wieder nicht zurücktrat und damit bei der Basis in Dachau Unmut auslöste. Grote konnte kaum glauben, was sie sah. Ob Seehofer nicht Konsequenzen aus der Schlappe ziehen müsse, wollte man wissen? Grote schwieg.

Jetzt, eineinhalb Wochen nach der Wahl haben die Christsozialen des Landkreises Dachau genug gesehen. Am Montag kam der CSU-Kreisvorstand zu einer Sitzung zusammen. Mit dabei etwa der Landrat Stefan Löwl und der Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath. Drei Stunden lang habe man "intensiv" diskutiert und das Ergebnis der Landtags- und Bezirkstagswahl analysiert, wie der Dachauer Ortsvorsitzende Tobias Stephan berichtet. Am Ende beschlossen die Vorstandsmitglieder einstimmig einen Antrag, der den Titel trägt: "Auswirkungen der Landtagswahl 2018 - was jetzt zu tun ist!" Man hätte auch drüber schreiben können: Seehofer muss endlich weg. Oder wie es Stephan sagt: "Es gibt keine Mehrheit, die mit ihm die große Zukunft sieht."

Sonderparteitag soll sich mit Verantwortung der Parteifühurng beschäftigen

Die Antragsteller Tobias Stephan und Florian Schiller, CSU-Fraktionschef im Dachauer Stadtrat, fordern, heuer noch einen Sonderparteitag einzuberufen, um das Landtagswahlergebnis aufzuarbeiten. Dabei müsse sich die CSU "neben inhaltlichen Fragen auch mit der Verantwortung unserer Parteiführung beschäftigen", schreiben Schiller und Stephan. Die beteiligten Spitzenkräfte hätten "leider all zu oft" Disziplin vermissen lassen. Und weiter: "Der Charakter der CSU als Volkspartei muss sich künftig wieder stärker auch in der Besetzung ihrer Spitzenpositionen widerspiegeln." Die Positionen der Partei müsse die CSU "glaubhaft mit den vertrauenswürdigen Persönlichkeiten unterlegen können, die wir in unseren Reihen ja haben." In der Vorstandssitzung der Kreis-CSU soll oft der Name Manfred Weber als kommende Parteichef gefallen sein.

Für Stephan liegt das CSU-Übel in Form von 37,2 Prozent an zwei Fehlern: Erstens habe man zu lange nur über "das Thema Flüchtlinge" gesprochen, sagt er. "Das hat potenzielle Wähler an beiden Flügeln vergrätzt." Zweitens habe sich die CSU "einen ständigen Streit mit der Schwesterpartei" geliefert und sich davon nicht mehr erholt, sagt Stephan und wird dann ironisch: "Es ist schon eine Leistung, die Super-Bilanz der CSU mit Nebenkriegsschauplätzen zu überlagern."

"Wir müssen unsere PS wieder auf die Straße bringen."

Die CSU hat im Landkreis 1400 Mitglieder. Viele blicken nach dem Debakel der Landtagswahl sorgenvoll in die Zukunft. In eineinhalb Jahren steht die Kommunalwahl an. Grüne, Freie Wähler und die AfD wollen den Rückenwind nutzen, um Gemeinderats- und Bürgermeisterposten zu erobern. "Auch die deutlichen Wählerwanderungen zu den Grünen, FW und AfD müssen uns hier massiv zum Nachdenken über unsere künftigen Strategien bringen", schreiben Stephan und Schiller. Der Dachauer Ortsvorsitzende sagt: "Wir müssen unsere PS wieder auf die Straße bringen." Dafür wolle man künftig noch mehr Präsenz zeigen an Infoständen oder bei Wahlkampfveranstaltungen.

Was der Vorstoß der Dachauer CSU wert ist, wird sich zeigen. Die oberbayerische Bezirksvorsitzende Ilse Aigner und Generalsekretär Markus Blume sind laut Stephan über den Antrag in Kenntnis gesetzt. Die Dachauer stoßen damit in dieselbe Richtung wie andere CSU-Verbände. Seehofer steht massiv unter Druck. Mehrere Bezirksverbände fordern einen Sonderparteitag, mehrere Kreisverbände verlangen bereits offen Seehofers Rücktritt.

Am Mittwoch hat Max Straubinger, der ehemalige parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, einen schnellen Rücktritt des Parteichefs gefordert. Seehofer hatte am Sonntag erklärt, er werde eher als Parteichef zurücktreten, bevor er noch einmal den "Watschnbaum" für die CSU mache. Die Formulierung ist zwar falsch gewählt, weil sprichwörtlich ein Watschnbaum nur umfallen, man aber selber keiner sein kann. Richtig ist: Viele CSU-Mitglieder auch in Dachau rufen Seehofer zu, dass der Watschnbaum gleich umfällt.

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