Süddeutsche Zeitung

Eine musikalische Begegnung:Botschafter zwischen den Völkern

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Der griechisch-zypriotische Musiker Aris Aristofanous zeigt in der Dachauer Kulturschranne die verbindenden Kraft undden musikalischen Reichtum seiner Heimat: ein Konzertabend mit Balladen, Jazz und hartem Rock

Von Sonja Siegmund, Dachau

Mit griechischer Musik verbinden die meisten Menschen immer noch den traditionsreichen Sirtaki aus dem Film "Alexis Sorbas" von 1964. Gerne werden im Urlaub oder zu Hause bei Festivitäten auch die Evergreens vom "Griechischen Wein" oder den "Weißen Rosen aus Athen" angestimmt.

Zu den Musikern, die einer anderen Intention folgen, gehört der aus Zypern stammende Komponist, Textdichter, Musiker und Sänger Aris Aristofanous. Bei einem Konzertabend in der Kulturschranne unter dem Motto "Transkulturelle Begegnung" am Freitagabend begeisterten der Vollblutmusiker und zwei Freunde mit "der anderen Musik" Griechenlands.

Aris Aristofanous wurde 1953 in der zypriotischen Hauptstadt Nikosia geboren. Seit mehr als 40 Jahren lebt er in Deutschland, davon rund 20 Jahre in München. Er ist schon in jeder größeren deutschen Stadt aufgetreten, hat mittlerweile zahlreiche Filmmusiken für TV-Sendungen komponiert und produziert. Der in der griechischsprachigen Welt bekannte Künstler versteht sich als Botschafter zwischen den Völkern und vertritt sein Heimatland Zypern offiziell als Kulturbeauftragter. Zudem arbeitet er mit dem zypriotischen Fremdenverkehrsverband und politischen Institutionen des Weltforums "Dialog zwischen Kulturen und Religionen" mit Sitz in Nikosia zusammen. Zu dem Konzert in der nicht ganz ausverkauften Dachauer Kulturschranne waren denn auch etliche Gäste von griechischen Gemeinden aus München und dem Umland gekommen, darunter die Vorsitzenden des Migrationsbeirats, Dimitrina Lang und Erol Akbulut.

Kulturamtsleiter Tobias Schneider lobte Aristofanous als "kulturellen Brückenbauer und engagierten Mitbürger". Grußworte übermittelte auch Sophie Kyriakidou, SPD-Stadträtin in Dachau, die den Künstler als warmherzigen, toleranten Menschen vorstellte, der sich zeitlebens für die Integration und gegen Fremdenfeindlichkeit eingesetzt habe. Bei der mehr als zweistündigen Musikreise bot sich den Zuhörern ausreichend Gelegenheit, griechisch-zypriotische Musik kennenzulernen - von wehmütig-leidenschaftlichen Balladen und Liebesliedern bis hin zum Jazz und hartem Rock, wie sie die Jugend in Zypern gerne hört. Bei seinem Auftritt in Dachau präsentierte er sich als lyrischer Popsänger, für den der Text gleichrangig neben der Musik steht. Seine ausdrucksstarke Stimme, begleitet von der eigenen Gitarre und denen seiner Musikerfreunde, zog das Publikum in einen magischen Bann.

An seiner Seite hat der Komponist, Sänger und Gitarrist weitere exzellente Musiker: Apostolos Myrtsidis und Polis Kallis (jeweils E- und Bass-Gitarre). Musikalisch geht Aristofanous mit einer Mixtur aus griechischer Folklore, internationalem Pop und mittelalterlichen Harmonien einen ganz persönlichen Weg. Seine Musik ist irgendwo zwischen Konstantin Wecker, Leonard Cohen und den Moody Blues angesiedelt. Zu hören sind nicht nur Texte in seiner Muttersprache, auch deutsche und englische Beiträge gehören zu seinem Repertoire. Aristofanous verleugnet auch die Inspirationen nicht, die er aus der griechischen Dichtung bezieht. Inzwischen neigt der Künstler auch dem Deutschen zu, sodass er auch in dieser Sprache dichtet.

Sein großes Thema ist der Glaube an die unzerstörbare Kraft der Liebe ("Ich erkenne meine eigenen Fehler") und der melancholischen Ballade von den alten Steinen am Hafen, die davon erzählen, "dass ich ohne Dich ein Gestrandeter bin". Ein anderes wehmütig klingendes Lied ("Kartero", was "Warten" bedeutet) thematisiert die Bitte eines Liebenden auf Veränderung in der Beziehung. In der "Magischen Nacht" singt er über die Liebe zu seiner Heimatinsel und über einen leuchtenden Stern, der den Frieden in einem kleinen, zypriotischen Dorf verkündet. Berührend ist ein seiner Tochter gewidmetes Lied, in dem Aristofanous musikalisch Abbitte leistet, "dass ich Dich allein gelassen habe in den Momenten, in denen Du mich am meisten gebraucht hast". Auch von Menschenwürde, sozialer Gerechtigkeit und der Suche nach verlorenen Idealen handeln seine Lieder.

Ein besonderes Musikerlebnis ist das Zusammenspiel mit dem jungen Mundharmonikaspieler Jonas Frank, der mit diesem Instrument besondere Klangwelten in die Kulturschranne zaubert. Dass dieser stimmungsvollen Unterhaltung weder Grenzen noch Uhrzeiten gesetzt werden können, versteht sich von selbst. Noch längere Zeit nach Konzertende bleiben viele der griechischen und deutschen Gäste in der Kulturschranne sitzen, um schöne Erinnerungen auszutauschen. Könnte es einen besseren Beweis dafür geben, wie transkulturelle Begegnung gelebt wird?

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SZ vom 21.01.2020
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