Ein dauerhaftes Denkmal fehlt:Gedenkanstoß

Künstler Alfred Ullrich enthüllt Sinti- und Roma-Mahnmal

Alfred Ullrich mit der Roma-Künstlerin Delaine Le Bas (rechts) und der Grünenpolitikerin Monika Vana bei der Enthüllung des Mahnmals.

(Foto: Gerhard Jordan/oh)

Der Dachauer Künstler Alfred Ullrich hat in Wien ein Mahnmal enthüllt, um an verfolgte Sinti und Roma zu erinnern

Von Thomas Radlmaier, Dachau/Wien

Der italienische Innenminister Matteo Salvini hat mit seiner Äußerung, Roma in Italien zählen lassen zu wollen, Empörung hervorgerufen. Als Alfred Ullrich davon hörte, habe er gedacht: "Vielleicht sollte man ihn gleich mitzählen und internieren", sagt er. Der Dachauer Künstler nimmt kein Blatt vor den Mund. Er kämpft seit Jahren mit seinen Werken über Sinti und Roma gegen das Vergessen der Nazi-Gräueltaten und für das Gedenken der Opfer. Nun hat er auf dem Festival "E Bistarde - Vergiss mein nicht" auf dem

Romaplatz in Wien Floridsdorf, das in der vergangenen Woche stattfand, ein Mahnmal enthüllt. Ullrich und die Organisatoren des Festivals wollen damit darauf aufmerksam machen, dass bisher ein dauerhaftes Denkmal für die von den Nazis verfolgten Roma und Sinti in Wien an zentraler Stelle fehlt. "Das wäre dringend notwendig", sagt Ullrich.

Beim Kulturfestival traten Musiker und Poetry Slammer auf. Daneben lasen Autoren aus ihren Büchern. Eine Theatergruppe zeigte das Stück "Roma Armee", das schon am Maxim Gorki Theater in Berlin aufgeführt wurde. Organisator war der "Romano Svato" Verein. Das "E Bistarde - Vergiss mein nicht" sollte eine große mehrtägige Gedenkveranstaltung sein. Denn heuer jährt sich der Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland zum 80. Mal. 1938 begannen die Nazis auch damit, Wiener Sinti und Roma systematisch zu verfolgen und zu deportieren. Sie verschleppten Hunderte von ihnen in das Dachauer KZ. Die Nazis quälten und ermordeten sie. "In Dachau mussten sich die Sinti und Roma einen schwarzen Winkel an die Häftlingskleidung nähen. Sie wurden damit als "Asoziale" stigmatisiert", schreibt der Pfarrer der evangelischen Versöhnungskirche Björn Mensing in einem Grußwort anlässlich der Enthüllung von Ullrichs Mahnmal in Wien. Manche der KZ-Häftlinge hätten ganz in der Nähe der Romawiese gelebt, wo das Festival stattfand. So wie drei Onkel von Alfred Ullrich, die in Dachau interniert waren und wovon nur einer überlebte.

Ullrich, der sich seit einigen Jahren künstlerisch mit seiner Familiengeschichte auseinandersetzt, lebte während seiner Kindheit einige Jahre in einer Sinti- und Romasiedlung im Wiener Ortsteil Florisdorf. Auf dem Festival erzählte er Interessierten in einem Pavillon von seiner Kindheit. Seine Erinnerung an diese Zeit hat er auch in dem Mahnmal verarbeitet, das für einige Stunden auf dem Festivalplatz stand. Es handelt sich um eine Radierung, die den Wohnwagen darstellt, in dem er mit seiner Familie als Kind lebte. Sie steht auf einem blau-braun gestreiften Sockel. Das symbolisiere einerseits die gestreifte Kleidung, die KZ-Häftlinge tragen mussten, sagt Ullrich. Andererseits stehe es für die "Gesinnung" der aktuellen österreichische Regierung. Blau für die ÖVP von Kanzler Sebastian Kurz. Und braun für die rechtspopulistische FPÖ um deren Vorsitzenden Heinz-Christian Strache. Thomas Radlmaier

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