Eigentümer müssen 35 Prozent der Ausbaukosten aufbringen:Bauchschmerzen in Karlsfeld

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Die neue Straßen-ausbaubeitragssatzung liegt den Gemeinderäten und vor allem den Anwohnern der Krenmoosstraße schwer im Magen - denn sie müssen zahlen

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Die einen müssen zahlen, die anderen nicht. Auch wenn es ungerecht, ja gar willkürlich klingt, das ist das Ergebnis, wenn man die neue Straßenausbaubeitragssatzung konsequent anwendet. Glück haben die Anwohner der Gartenstraße in Karlsfeld, sie können beruhigt aufatmen. Einen Bescheid, der sie auffordert sich an den Kosten für die neue Straße zu beteiligen, müssen sie nicht mehr erwarten. Anders sieht es allerdings für die Anwohner der Krenmoosstraße aus: Sie sollten jetzt heftig sparen - zumindest wenn sie zwischen Münchner Straße und Kreisverkehr wohnen.

"Ich verstehe jeden Ärger in diesem Zusammenhang", sagte Adrian Heim (Bündnis für Karlsfeld) sofort und beklagte die Ungerechtigkeit. Franz Trinkl (SPD) pflichtete ihm bei: "Ich tue mich schwer, das den Bürgern zu erklären", sagte er. Die Gemeinderäte zeigten sich unisono sehr überrascht. Sie hatten damit gerechnet, von allen Anliegern gleichermaßen Geld einfordern zu müssen. Erst im vergangenen Jahr hatte sich der Gemeinderat auf Druck des Landratsamts dazu durchgerungen, die Satzung zu erlassen. Lange hatte man noch versucht andere Wege zu gehen, um die finanzielle Last auf mehrere Schultern zu verteilen. Doch als die Gemeinde im Herbst juristischen Rat einholte, war schnell klar, dass die angedachten Konzepte bei einer so großen und stark wachsenden Kommune wie Karlsfeld nicht praktikabel seien. Und die Idee einen Spartopf aufzustellen sei nicht erlaubt, erklärte der Rechtsbeistand der Gemeinde damals. "Sie dürfen nur auf die Bürger umlegen, was Sie als Gemeinde auch verbuddelt haben", sagte er.

Manch ein Gemeinderat plagten in der Sitzung leichte Bauchschmerzen, als sie hörten, wie sich die neue Satzung nun auswirken wird. Das Stück von der Münchner-Straße bis zum Rathaus ist bereits vor Erlass der Beitragsverpflichtung ausgebaut worden und kann deshalb nicht abgerechnet werden, erklärte die stellvertretende Bauamtsleiterin Simone Hotzan. Das zweite Teilstück, von der Neuen Mitte Richtung Schäferweg/Blumenstraße, ist indes nur knapp 220 Meter lang. "Um nach der Satzung abrechnen zu können, müsste der Ausbau der Straße mindestens ein Viertel der gesamten Gartenstraße betragen, das wären bei einer Straßenlänge von 950 Metern knapp 240", führte Hotzan aus. Verkehrsreferent Johann Willibald (CSU) fasste schnell zusammen: "Da kann ich nur sagen: "Glück gehabt, die Strecke ist 18, 5 Meter zu kurz. Das freut mich für die Bürger, die nicht zur Kasse gebeten werden."

Trinkl verteidigte sich und seine Kollegen sofort: "Das haben wir nicht gewusst, dass es so eine Grenze gibt." Das 25 Prozent-Urteil gebe es seit 2010, wusste Hotzan. Nach kurzer Überlegung warf Trinkl die Frage auf: "Was macht eigentlich der Investor der Neuen Mitte mit dem ersparten Geld? Gibt er es zurück?" Alle Eigentümer mussten nämlich beim Kauf ihrer Immobilie Anschlussgebühren zahlen. Doch die Verwaltung wies darauf hin, dass die Verpflichtung zur Herstellung der Straße im städtebaulichen Vertrag festgeschrieben gewesen sei.

In der Krenmoosstraße liegt die Sache anders: Der erste Teil von der Münchner Straße bis zum Pfarrheim St. Anna ist bereits vor längerer Zeit gemacht worden und kann nicht mehr abgerechnet werden. Der zweite Teil bis zum Kreisverkehr soll demnächst ausgebaut werden. Die Strecke ist mit knapp 320 Metern auch lang genug, so dass alle Eigentümer, die eine Zufahrt zu der Straße haben, zur Kasse gebeten werden.

Die Höhe der Beiträge hängt von der Art der Straße ab. Darüber musste der Gemeinderat jetzt entscheiden. Auch wenn es vielleicht "nicht bei jedem Gericht halten würde", klassifizierten die Karlsfelder die Krenmoosstraße als Anliegerstraße. Die Eigentümer werden jetzt mit 35 Prozent der Ausbaukosten beteiligt. Hätte der Gemeinderat für eine Haupterschließungsstraße votiert, müssten sie 65 Prozent der Kosten übernehmen. "Mehr als die Hälfte des Verkehrsaufkommens muss Anliegerverkehr sein", erklärte Hotzan. "Dabei gelten auch Geschäfte und Besucher als Anlieger." Bajuwaren- und Münchner Straße wären dagegen Haupterschließungsstraße, weil der inner- und überörtliche Verkehr durch sie durchfließe. Erhoben werden die Beiträge, wenn die letzte Rechnung eingegangen ist, klärte die stellvertretende Bauamtsleiterin auf. Und innerhalb von vier Jahren müsse abgerechnet werden.

"Wir sind wahre Bürokratiemeister", klagte Heim. "Abrechnungskosten, Bescheide, Gerichtskosten - für die Gemeinde wird nicht viel hängen bleiben. Es ist nicht nachvollziehbar, was der Staat uns hier aufbürdet." Auch Trinkl zeigte sich höchst unzufrieden: "Mit dieser Satzung werden wir noch viel Spaß haben", unkte er. "Wir sind Gefangene ohne Spielraum." Trotzdem werde der Gemeinderat darauf achten, den Betroffenen möglichst wenig Geld abzunehmen, versprach der SPD-Gemeinderat. "Solange wir das in der Hand haben", pflichtete Willibald bei.

© SZ vom 07.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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