Dr. Will & The Wizards:Beschwörung des Blues

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Mit seiner tiefschwarzen Stimme und hervorragenden Musikern kreiert der exzentrische Dr. Will in der Kulturkneipe Haimhausen einen erdigen Sound, der klingt wie aus den Sümpfen von Louisiana

Von Renate Zauscher, Haimhausen

Dem Mann, der die Band vor 15 Jahren gegründet hat, eilt ein entsprechender Ruf voraus: Ein "vogelwilder Hund" sei er, heißt es unter denen, die ihn kennen und lieben. "Vogelwild" ist dann tatsächlich auch das Exterieur des Mannes, der auf die kleine Bühne der Kulturkneipe Haimhausen tritt: rotes Hemd, schwarze Hose, schwarz lackierte Fingernägel, so wie die anderen Bandmitglieder auch. Aber die Extras machen den Unterschied aus: Dr. Will - alias Will Hampel - trägt Zylinder, drum herum eine wehende Federboa - sein Markenzeichen.

Gleich mit dem ersten Song geht Dr. Will zur Sache: Sein Stück "Working on the Railroad" klingt wie bester Südstaaten-Blues. Will singt das Lied vom Mann, der bei der Eisenbahn schuftet und auf sein Geld wartet, mit einer Stimme, die schwärzer gar nicht sein könnte, bearbeitet mit Verve sein Schlagzeug und wird dabei begleitet von Uli Kümpfel am Banjo, Jürgen Reiter am Kontrabass und Gitarrist Sashmo Bibergeil - vier ebenso erfahrene Instrumentalisten wie Dr. Will selber.

Der musiziert und klingt, als hätte er jahrelang in New Orleans gelebt. Hat er aber nicht: Hinter dem Künstlernamen Dr. Will steckt ein waschechter Münchner, der in London auf die Musik des legendären Bluessängers Dr. John aufmerksam wurde und wusste: Das ist es auch für mich! Wirklich authentischer US-Blues sei das ohnehin nicht, was er und seine Bandmitglieder machen, sagt der Mann mit Zylinder in der Pause: Er spricht lieber von "Voodoo Blues". Voodoo deshalb, weil da doch ein "mystisches" Element mitschwinge in ihrer Musik.

Magisch ist deren Wirkung tatsächlich. Vom ersten Moment an hört das Publikum gebannt, dann immer lockerer mitswingend zu. Immer wieder gibt es jubelnden Szenenapplaus, für ein großes Banjo-Solo von Kümpfel etwa, für den Mann am Kontrabass, oder wenn sich Sashmo Bibergeil als herausragender Gitarrist und einmal sogar als Sänger präsentiert.

Auch wenn man weiß, dass Dr. Wills Musik nicht aus den Sümpfen Louisianas stammt sondern zu einem guten Teil auf bayerischem Boden gedeiht: Sie klingt dennoch überzeugend nach New Orleans. Das hat zum einen mit dem sehr echt wirkenden Südstaaten-Drawl von Dr. Will zu tun und zum anderen mit dessen stimmlichen Qualitäten. In Songs wie "Temptation" oder "Sally Bones" kann Will Töne produzieren, die, in tiefen Lagen, durchaus nach Afrika oder eben auch nach seinen Vorbildern aus der amerikanischen Blues-Szene klingen. Nicht überraschend, dass man Dr. Will eine "Schamanenstimme" attestiert hat.

Sein Publikum hat Dr. Will fest im Griff: Es applaudiert mit lautstarker Begeisterung, wenn sich in den Blues mehr und mehr Rock 'n' Roll mischt oder wenn sich der Mann ein Waschbrett vor den Bauch hängt und darauf ein mitreißendes Solo spielt. Der Drive der Rhythmen wird immer heftiger und steigert sich im Lauf des Abends zu so hinreißend temperamentvollen Stücken wie "Mardi Gras Day" oder dem Song "Jumbo French", eine Mischung aus Blues und Boogie. Das Musizieren von Dr. Will nimmt mehr und mehr ekstatische Züge an, er selbst swingt mit im Rhythmus der Musik, wischt sich wieder und wieder den Schweiß von der Stirn - und wirkt im Umgang mit seinem Publikum dann doch immer wieder sehr geerdet und humorvoll. Zwischendurch darf dann auch mal ein bisschen Sentimentalität dazukommen - dann etwa wenn Will in seinem Lied "The Moon" - einem der vielen selbst geschriebenen Stücke - von einem unglücklich Verliebten singt und Uli Kümpfel dazu die Mandoline anstelle des Banjos zur Hand nimmt.

Natürlich lassen die Zuhörer in der aufgeheizten Kulturkneipe die vier Musiker zuletzt nicht ohne Zugabe gehen. Es gibt zum Schluss ein wunderbar komplexes Solo des Gitarristen Bibergeil zu hören, ehe der Abend mit einer Coverversion von "Miserlou" der Rockabilly-Legende Dick Dale und mit stürmischem Applaus der Zuhörer zu Ende geht.

© SZ vom 02.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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