Diskussion um Gymnasien:Gleiche Chancen für Kinder am Landkreisrand

Marcel Fath Markus Trinkl

Marcel Fath (l.) und Markus Trinkl schreiben an Kultusminister Bernd Sibler. Wenn der eine das fünfte Gymnasium bekommt, möchte der andere das sechste.

(Foto: Horst Kramer)

Die Bürgermeister von Odelzhausen und Petershausen wollen einen Schnellschuss für ein fünftes Gymnasium verhindern. Sie werben für Standorte in ihren eigenen Gemeinden. Der weite Weg schrecke bisher viele ab, auf die höhere Schule zu gehen

Von Horst Kramer, Odelzhausen

Ein ungewöhnliches Mini-Bündnis präsentierte sich am Donnerstag im Odelzhausener Rathaus der Öffentlichkeit: Es besteht aus den Bürgermeistern von Petershausen und Odelzhausen, Marcel Fath (FW) und Markus Trinkl (parteifrei). Zwei Orten, die aufgrund ihrer Randlage im Norden und Südwesten keine Berührungspunkte haben. Doch in diesen Tagen treibt die beiden Rathauschefs ein gemeinsames Anliegen an: Sie wollen eine Schnellschuss-Entscheidung des Kreistags zum fünften Gymnasium verhindern.

Der Kreistag diskutierte vor einer Woche über ein weiteres Gymnasium, mit klarer Präferenz für Standorte wie Röhrmoos, Hebertshausen oder Bergkirchen. Landrat Stefan Löwl (CSU) erklärte die Dringlichkeit des Vorhabens. Ein viertes Gymnasium soll in Karlsfeld entstehen. Allerdings hat der Bau noch nicht begonnen. Fath und Trinkl möchten, dass ein weiteres Gymnasium am Landkreisrand entsteht. Beide schicken daher dieser Tage ein teilweise wortgleiches offenes Schreiben an Kultusminister Bernd Sibler (CSU). Zwar sind sich die beiden einig darin, nichts überstürzen zu wollen. Was sie trennt ist aber die Standortfrage: Jeder hätte ein Gymnasium gerne im eigenen Heimatort.

Dass Fath und Trinkl den ungewöhnlichen Weg über die Öffentlichkeit wählen, hat mit ihrer ähnlichen politischen Ausgangssituation zu tun. Der Petershausener wie der Odelzhausener wurden 2014 erstmals in ihr Amt gewählt, jedoch nicht in den Kreistag. Der im Landkreis weitgehend unbekannte Kandidat Fath landete auf der Freien Wähler-Liste mit 882 Stimmen auf einem der hinteren Plätze, der parteifreie Trinkl stand gar nicht zur Wahl. Beide konnten daher kürzlich im Kreistag nicht mitdiskutieren, als Christian Rindsfüßer vom Augsburger Consultingunternehmen SAGS seine umstrittenen Zahlen zur Evaluierung eines Standortes für ein fünftes Gymnasium präsentierte. Die Gemeinden am Landkreisrand Odelzhausen und Petershausen fielen dabei durch das Suchraster, nicht zuletzt, weil deren Einzugsgebiet in den Nachbarlandkreisen nicht berücksichtigt wurde.

Fath wie Trinkl werben für ihre Kommunen mit weitgehend ähnlichen Argumenten, zum Beispiel den langen Fahrwegen zu den Gymnasien in Dachau und Indersdorf. Der Odelzhausener sprach von rund anderthalb Stunden Fahrzeit, die Kinder und Jugendliche morgens und mittags nach Dachau oder Indersdorf unterwegs seien, Fath von bis zu 75 Minuten. Trinkl berichtete von seinem Sohn Andreas, einem Viertklässler, der kürzlich verkündet hatte: "Papa, aufs Gymnasium will ich nicht. Ich habe keine Lust, jeden Tag ewig im Bus zu sitzen."

Die Folge in beiden Kommunen: eine unterdurchschnittliche Übertrittsquote auf das Gymnasium. Trinkl wies auf den ersten Abschlussjahrgang der Odelzhausener Realschule im Sommer hin: "Ein Drittel der Absolventen wechselt auf eine weiterführende Schule - daran sieht man schon das Potenzial bei uns." Fath bekräftigte: "Unsere Kinder sind genauso klug wie die Kinder in den zentralen Orten." Das Duo mahnte "Chancengleichheit" für ihren Nachwuchs an.

Beide Bürgermeister werben mit der guten verkehrstechnischen Anbindung ihrer Kommunen. "Petershausen hat sich zu einem kleinen ÖPNV-Drehpunkt entwickelt", sagt Fath. In Petershauen endet die S-Bahn-Linie 2, außerdem hält regelmäßig der Regionalzug. Weiter geht esmit zahlreichen Zubringerbussen aus der gesamten Region. "Unsere Nachbarn wie Jetzendorf oder Hohenkammer sind Landkreisrandgemeinden so wie wir - die fühlen sich genauso abgehängt."

Trinkl verwies auf die schon bestehende Schulbusverbindung nach Egenhofen im Landkreis Fürstenfeldbruck. Zudem solle die Nachbargemeinde Adelzhausen im Landkreis Aichach-Friedberg durch einen Schnellbus noch näher an Odelzhausen rücken. Trinkl berichtete vom kürzlichen Besuch von Kultusminister Sibler, der sich sehr angetan von dem Schulareal mit Grundschule, Hauptschule und Realschule gezeigt hätte. Nur wenige Meter entfernt hat Odelzhausen schon vor geraumer Zeit ein 1400 Quadratmeter großes Grundstück erworben; "ein idealer Standort für ein Gymnasium", schwärmt Trinkl.

Fath erwies sich beim Thema gymnasialer Standort indes als ziemlich schmallippig. "Ich habe von Landrat Löwl die Anweisung erhalten, mich nicht zur Standortfrage zu äußern." Ein Landrat sei schlussendlich der disziplinarische Vorgesetzte eines Bürgermeisters in Verwaltungsfragen. "Wenn der Landrat Vertraulichkeit einfordert, halte ich mich natürlich daran." Dass es eine große, zentral gelegene landwirtschaftliche Fläche in Petershausen gibt, auf dem ein Schulbau vorstellbar wäre, wollte Fath indes nicht dementieren.

Beide Bürgermeister plädieren für ein zumindest vorerst dreizügiges Gymnasium an ihren Heimatorten. "Wer auch immer von uns den Zuschlag für das fünfte Landkreis-Gymnasium erhielte, würde den anderen unterstützen, wenn es um ein sechstes Gymnasium geht", verspricht Fath; Trinkl nickt. Die beiden Bürgermeister sind sich einig: Der Bedarf an weiterführenden Schulen wird in den kommenden Jahren rasant zunehmen. "Deswegen macht es keinen Sinn, jetzt kurzfristig eine Entscheidung übers Knie zu brechen, die Auswirkungen für ganze Generationen von Kindern, Familien und Gemeinden hat", warnt Trinkl.

Fath ergänzt: "So eine Diskussion mitten im Landtagswahlkampf anzufangen, ist zumindest unglücklich." Dass das Außenseiter-Duo im hitzigen Polit-Schlussspurt dennoch tätig wird - obwohl die Zugehörigkeit Siblers zu einem eventuellen Koalitionskabinett in den Sternen steht - hat laut Fath einen einfachen Grund: "Soweit ich gehört habe, sollen schon auf der Kreistagssitzung am 26. Oktober Entscheidungen getroffen werden."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: