Diesel oder eine Alternative:Städtische Busse im Zehn-Minuten-Takt

Busverkehr

Die Stadtwerke Dachau bauen ihre Busflotte aus. Unklar ist noch, mit welcher Antriebstechnologie die neuen Fahrzeuge eingesetzt werden sollen: Diesel oder eine ökologisch verträglichere Alternative.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Von 2020 an soll der Öffentliche Nahverkehr in Dachau ausgebaut werden. Unklar ist noch, mit welcher Antriebstechnologie die zusätzlichen Fahrzeuge ausgestattet sein sollen

Von Petra Schafflik, Dachau

Damit mehr Bürger ihr Auto stehen lassen und öffentlich fahren, sollen die städtischen Busse in Dachau von Dezember 2020 an im 10-Minuten-Takt verkehren. Für diesen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs müssen nicht nur zusätzliche Fahrer eingestellt, sondern auch Busse gekauft und eine Halle mit Büro- und Sozialräumen am Betriebshof errichtet werden. Acht Millionen Euro werden die Stadtwerke als städtischer Verkehrsbetrieb in diese ÖPNV-Offensive investieren. Allein die Zahl der Busse wird von derzeit 17 auf 29 steigen, "ein Mordsprojekt", sagte Gerald Nübel, technischer Leiter der Stadtwerke den Stadträten im Werkausschuss.

Dieses Gremium musste sich jetzt mit der Grundsatzfrage befassen, mit welcher Antriebstechnologie die neuen Busse fahren sollen. Diesel, Erdgas, Elektro oder Brennstoffzelle? Die Stadtwerke hätten gerne erneut auf den bewährten Dieselantrieb gesetzt, nur zwei Busse testweise mit Erdgas angeschafft. Doch eine Mehrheit der Stadträte plädierte dafür, die gesamte neue Busgeneration mit Erdgasantrieb zu kaufen. Weil das eine neue Erdgastankstelle notwendig macht, wurde die Entscheidung vertagt, um alle Kosten exakt zu berechnen. Sobald die Betriebskosten einer Erdgasflotte plus Vorplanung einer Erdgastankstelle vorliegen, wird erneut beraten. Der größte ökologische Nutzen des öffentlichen Nahverkehrs liege allein schon darin, "dass wir den Individualverkehr reduzieren", sagte Nübel. Der Schadstoffausstoß der Busse selbst sei weniger relevant, trage doch der ÖPNV mit bisher fast ausschließlich Dieselfahrzeugen nur mit 1,4 Prozent zu den Kohlendioxidemissionen in Deutschland bei. Deshalb habe für die Stadtwerke bei der Wahl der Antriebstechnologie nicht der ökologische Aspekt, sondern ein funktionierender, wirtschaftlicher Betrieb oberste Priorität. Diesel in einer umweltfreundlicheren Version eines "mild-hybrid" bleibt daher aktuell erste Wahl. Denn Elektro- und Wasserstoffbusse verkehren erst in Pilotprojekten, "das ist für die Stadtwerke zu heikel." Erdgas ist zwar die einzige Technik, die umweltfreundlich, wirtschaftlich, praxiserprobt wie langfristig nutzbar ist. Allerdings reicht die vorhandene Erdgastankstelle in Dachau Ost gerade für die beiden Testbusse, die der Leiter der Verkehrsbetriebe, Reinhard Dippold, gerne anschaffen würde. Dagegen müsste für eine ganze Flotte eine neue Tankstelle erst gebaut werden.

Investitionskosten von einer halben Million Euro würden da wohl nicht reichen, erklärte Nübel. Und ein Außenseiter wäre der Dachauer Verkehrsbetrieb mit Dieselbussen definitiv nicht. "Im gesamten MVV-Gebiet fährt heute kein einziger Erdgas-Bus", sagte Dippold. Doch bis auf die CSU-Fraktion ließen sich die Stadträte vom Vorschlag der Stadtwerke nicht überzeugen.

"Ich wünsche mir schon in zehn Jahren komplett emissionsfreie Busse", sagte Verkehrsreferent Volker C. Koch (SPD). Mit Erdgas erreichten die Stadtwerke "sofort einen sauberen Betrieb, wir müssen auch an unser Image denken", argumentierte Michael Eisenmann (Bündnis für Dachau). "Wenn unsere Kinder jeden Freitag gegen den Klimawandel demonstrieren, können wir nicht Dieselbusse kaufen." Und Erdgasbusse seien schließlich bewährt, verkehrten überall in den Städten Europas, ergänzte Thomas Kreß (Grüne).

Alle Überlegungen standen auch vor dem Hintergrund, dass schon 2023 weitere Fahrzeuge aus dem Linienbusfuhrpark durch Neufahrzeuge ersetzt werden müssen. Dann steht die Frage der Technologie wieder an. Gleichzeitig ist aber im Moment nicht absehbar, welche Antriebsform sich bis dahin als zukunftsfähig erweist. Namhafte Hersteller würden auf die Brennstoffzelle setzen, erklärte Dippold. Deshalb sei es sinnvoll, "nicht jetzt eine Erdgas-Tankstelle zu bauen, die wir danach nicht mehr brauchen", erklärte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Auch die Wirtschaftlichkeit spielt für die Stadtwerke eine wichtige Rolle, erinnerte der kaufmännische Geschäftsführer Robert Haimerl. "Alle Technologien außer Diesel sind teurer." Öffentliche Zuschüsse würden das nicht ausgleichen. Bei Investitionen in zukunftsweisende, aber kostspieligere Technologien "gilt es zu klären, wer das zahlt".

Doch die Argumente überzeugten die Mehrheit nicht. Angesichts der öffentlichen Debatte über die Diesel-Technik "ist es nicht gut, wenn wir mit Diesel weiterfahren", sagte Verkehrsreferent Koch (SPD). Und mit Erdgas als praxisbewährter Alternative "können wir nichts verkehrt machen", so Eisenmann. Zumal die Busse das von den Stadtwerken selbst vertriebene Gas tanken würden. Auch Norbert Winter (Bürger für Dachau) findet Kohlendioxideinsparungen "verführerisch". Für den Anschaffungstermin 2023 bleibe immer noch die Option, neu zu überlegen. "Und in die Brennstoffzellen-Technik einzusteigen, wenn sich das dann als sinnvoll erweist", betonte Koch. Nur die CSU votierte für den Vorschlag der Stadtwerke. Deshalb entschied das Gremium einstimmig, dass die Stadtwerke alles noch einmal durchrechnen und die Kosten einer Erdgastankstelle ermitteln. Dann wird erneut beraten. Sollte ein Votum für alternative, teurere Technologien fallen, will Haimerl, dass für die Mehrkosten dann die Stadt aufkommt.

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