Die Dummies aus Dachau:Von Helden und Abenteurern

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Bislang läuft im Team der Dachauer Dummies bei der Allgäu-Orient-Rallye auf dem Weg nach Jordanien alles nach Plan - fast alles.

Christine Heumann

Warum scheint die Sonne der Besatzung des blauen Rallyewagens ins Gesicht? Eigentlich müsste sie ihr doch den Rücken wärmen. Und warum fließt die Donau denn in diese Richtung? Stopp, da stimmt was nicht. Richtig. Das Team der Dummies, drei Autos mit je zwei Insassen, die allesamt bei Autoliv in Dachau beschäftigt sind, hat sich gleich am ersten Tag der Allgäu-Orient Rallye mal kurz verfahren. In Linz. Halb so wild, ein Schutzmann, den die Sechs später auf ihrer Internetseite zum "Helden des Tages" küren, bringt sie zurück auf den richtigen Weg gen Osten.

Die "Dummies" vor dem Start ins Abenteuer nach Jordanien. (Foto: privat)

In insgesamt zehn Tagen wollen Jens Hoffmann, Anton Grießbach, Werner Sailer, Klaus Massanetz, Matthias Reinhardt und Sonja Kuchler von Oberstaufen aus Jordanien erreichen. Sie stellen drei der 100 Teams, die an der größten Veranstaltung dieser Art - bezogen auf die Teilnehmerzahl und die Strecke von 6600 Kilometern - teilnehmen. Für eine gute Sache. Denn die Allgäu-Orient-Rallye unterstützt in Kooperation mit dem World Food Programm der Vereinten Nationen und der jordanischen Allianz gegen Hunger mehrere Projekte im humanitären Bereich. Die Abenteurer müssen sich aber auch dem strengen Reglement der Veranstalter unterwerfen. Ihre Fahrzeuge müssen verkehrssicher, aber mindestens 20 Jahre alt sein oder dürfen, falls jünger, den Wert von 1111,11 Euro nicht überschreiten. Autobahnen und Mautstraßen sowie Navigationssysteme sind tabu. Pro Tag dürfen maximal 666 Kilometer zurückgelegt werden. Und übernachtet wird in Zelten, im Auto oder in Unterkünften, die im Schnitt nicht mehr als 11,11 Euro pro Nacht kosten. Am Ende werden die Autos dann für den guten Zweck verkauft.

Die Route nach Jordanien dürfen die Teilnehmer selbst wählen. Für die Dummies endet Tag eins in Ungarn, im Schlafsaal ihrer Kollegen von Autoliv Hungary, südlich von Sopron. Mehr oder weniger gut ausgeruht geht es am nächsten Morgen weiter in Richtung Rumänien. Weil Mann und Frau aber auch mal was essen müssen, legt das Team am frühen Nachmittag einen Stopp ein. Gasbrenner an, Topf drauf, Ravioli rein und vier Minuten Blubbern lassen, so beschreiben sie die Zubereitung ihres Mittagsmahls. Sieben Stunden später: Müde vom Fahren und des Dauerregens überdrüssig, steuern die drei blauen Fahrzeuge um 21 Uhr dann die nächstbeste Billigunterkunft an. Zum Zelten ist es schlichtweg zu nass. Zum Helden des Tages wird Werner Sailer gekürt, der mittags einen genialen Windschutz für den Gaskocher konstruiert hatte.

Tag drei beschreiben die Motorsport-Freaks mit: "Irgendwo im Nirgendwo. Nur Regen, Sicht in die Landschaft gleich Null." Trotz aller Widrigkeiten erreichen die Dummies Bukarest - und sehen sogar kurz mal die Sonne. Kurz vor der bulgarischen Grenze meldet das Team dann "Schluss für heute". Freilich, nicht ohne den Helden des Tages: Der Titel geht an Klaus Massanetz. Der hatte in einem Motel so lange gefeilscht, bis die Übernachtung nicht mehr als 11,11 Euro kostete.

Tag vier führt das Team durch Bulgarien. Die Sechs liegen mit ihren drei Autos gut in der Zeit, nur der Passat macht Probleme: der Stoßdämpfer hinten links. Aber Fahrzeug und Insassen schlagen sich gut, flott lassen sie Bulgarien hinter sich. "Ein anderes Team wurde von der Polizei aufgehalten, die wollte 500 Euro, weil angeblich die grüne Versicherungskarte nicht in Ordnung war. Mit 250 Euro war die Polizei dann einverstanden", berichtet Irene Reinhardt am Dienstag. Sie fungiert sozusagen als Teammanagerin und verfolgt die Rallye von daheim aus - täglicher Telefonkontakt zu ihrem Mann Matthias versteht sich von selbst. Eine Ecke Griechenland und dann ab in die Türkei - das Ziel Istanbul ist am Dienstagabend planmäßig erreicht. "Wahnsinniger Verkehr - aber Unterkunft gut gefunden", melden die Dummies.

Nun heißt es Warten. Warten auf die endgültige Nachricht der Organisatoren, auf welcher Route die Rallye fortgesetzt wird. Denn wegen des Aufstands ist ein Weg durch Syrien ausgeschlossen. "Syrien ist gestrichen", sagt Irene Reinhardt. Die Fahrt soll nun alternativ von der Türkei aus über Zypern und Israel führen. Die Genehmigung, von Haifa oder einem anderen israelischen Hafen die Reise nach Jordanien fortzusetzen, liegt bereits vor.

"Knackpunkt sind bislang nur die Preise für die Fähren", berichtet Irene Reinhard. Die Betreiber wittern ein gutes Geschäft. Vielleicht findet sich ja einer, der so gut verhandelt und feilscht wie jüngst Klaus Massanetz - der Titel "Held des Tages" wäre ihm sicher.

© SZ vom 06.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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