"Die Abenteurer" in Schloss Sulzemoos:Zwischen Orient und Okzident

"Die Abenteurer" in Schloss Sulzemoos: Alte Freunde: Philipp Sterzer, Andreas Binder und Mulo Francel (von links).

Alte Freunde: Philipp Sterzer, Andreas Binder und Mulo Francel (von links).

(Foto: Toni Heigl)

Das Bläsertrio "Die Abenteurer" brilliert mit stilistischer Vielfalt

Von Renate Zauscher, Sulzemoos

Sie nennen sich Die Abenteurer - ein Name mit vielerlei Bezügen für die Mitglieder des Bläsertrios, das am Freitag in Sulzemoos bei einer Veranstaltung von Kult A 8 auftrat. Die Gruppe besteht aus dem Klarinettisten und Saxofonisten Mulo Francel, dem Hornisten Andreas Binder und dem Flötisten Philipp Sterzer. "Es fühlt sich für uns wie Heimkommen an", sagte Binder bei der Begrüßung der vielen Gäste im Schlossgut Sulzemoos; immerhin waren die Musiker bereits dreimal bei Kult A 8 zu Gast, dem kulturellen Zusammenschluss der Gemeinden Odelzhausen, Sulzemoos und Bergkirchen.

Die "Abenteurer" hören zu dürfen ist allerdings kein selbstverständliches Vergnügen. Normalerweise gehen die drei Männer nämlich unterschiedliche Wege: Francel als Mitglied der Formation Quadro Nuevo, Binder als Musiker im Bläserquartett Harmonic Brass und Sterzer abseits der Musik als Arzt und Inhaber einer Professur in Berlin. Immer wieder aber finden die drei Männer zusammen und tun das, was sie schon seit Jugendtagen gemacht haben: Sie musizieren gemeinsam und feiern damit auch eine Freundschaft, die sie sich seit den Tagen in der gleichen Schülerband bewahrt haben. Die Lust am Abenteuer hat sie damals oft auch als Straßenmusiker nach Italien, Paris oder London geführt. "Wenn du Hunger hast, musst du spielen, um genug Geld für eine Pizza zu haben", erinnert sich Andreas Binder mit Vergnügen an diese Zeit. Stücke wie das von ihm komponierte "Vicino di Cefalu", einer Station auf einer ihrer Sizilienreisen, knüpfen musikalisch an diese Erlebnisse an.

Auch heute führt die Lust am musikalischen wie geografischen Abenteuer die drei Männer immer wieder zusammen. Dann etwa, wenn sie hoch über einem norwegischen Fjord stehen und eine Komposition von Mulo Francel spielen, mit der dieser die besondere Atmosphäre des Ortes in urweltliche Klänge gefasst hat.

Eigenkompositionen von Francel, Binder oder Sterzer sind das eine Element in der Musik der "Abenteurer", höchst eigenwillige Arrangements von Klassikern des Jazz, von Liedern aus Italien oder Osteuropa oder Evergreens aus dem Bereich des Pop das andere. Dabei verwandeln sie Melodien wie etwa "Take Five" von Paul Desmond oder Duke Ellingtons "Caravan", eine italienische Serenade oder einen Tango von Piazzolla voller Lust an musikalischen Exkursen in eigenständig Neues. Sterzer brilliert auf verschiedenen Flöten, Mulo Francel hat neben Saxofon und Klarinette auch eine Bassklarinette und eine mannshohe Kontrabassklarinette mitgebracht, auf der er schnarrend-brummende Töne hervorbringt, die an bedrohliche Tierlaute erinnern. Und Binder setzt mit dem warmen Klang seines Waldhorns zusätzliche Akzente. Verschiedentlich ist an diesem Abend der Orient aus der Musik der "Abenteurer" herauszuhören: Am überzeugendsten und schönsten in einer Komposition von Francel, zu der er sich von der Stadt Antakya, dem früheren Antiochia, an der türkisch-syrischen Grenze und ihrer multiethnischen Kultur inspirieren ließ.

Was bei der Verwandlung unterschiedlichster musikalischer Einflüsse, darunter auch die des klassischen Jazz, in eigene Kompositionen oder Arrangements so besticht, ist das hohe musikalische Können der Männer und ihr, trotz räumlicher Distanz im Alltagsleben, immer wieder überzeugendes Zusammenspiel. Ob in getragenen, meditativen Passagen oder in schnellen, temperamentvollen Stücken wie einer "Zirkusnummer" - immer wieder geben sich die drei Musiker gegenseitig Raum, dürfen sie in Solopartien brillieren, ehe sie zum gemeinsamen Spiel zurückfinden.

Das Publikum reagiert entsprechend: mit konzentriertem, gelegentlich versunkenem Zuhören, mit immer wieder viel Beifall - und einmal, nach der schönen, griechisch-osteuropäischen Melodie mit dem Titel "Misirlou", mit sekundenlanger Stille, ehe Bravorufe den Zauber auflösen.

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