Süddeutsche Zeitung

Der Wunsch eines Familienvaters:Wenn nur noch wenig Zeit bleibt

August Huber hat Krebs und möchte noch einmal mit Frau und Kindern Urlaub machen

Noch heute erinnert sich Claudia Huber (alle Namen geändert) gut daran, wie die Familie Weihnachten 2015 bei den Großeltern auf dem Land verbracht hat. Ihr Alltag mit zwei Buben, der eine damals noch ein Baby, der andere nur ein Jahr älter, hielt die junge Mutter auf Trab. Über die Feiertage kümmerte sich die Oma rührend um die Enkel, die 37-Jährige konnte sich ausschlafen "und meinen Akku aufladen." Wie wichtig die neu gewonnene Energie bald werden würde, ahnte sie nicht. Auch dann nicht, als Ehemann August über seltsame Halsschmerzen klagte. "Vielleicht eine Erkältung oder verspannte Muskeln haben wir gedacht", erinnert sich der 44-Jährige. Sorgen machte sich die Familie nicht. "Ich war ja immer pumperlgsund."

Doch der Hausarzt überweist in die Klinik, dort folgen Untersuchungen, am Ende steht die Diagnose - Mandelkrebs. Ein Schock. Die Mediziner raten zur Operation, ein massiver elfstündiger Eingriff folgt, 47 Knoten werden entfernt, Gewebe verpflanzt. Anfangs kann August Huber kaum richtig atmen, nicht sprechen, nicht schlucken. Die Oma kommt zum Kinderhüten, Claudia ist bei ihrem Mann im Krankenhaus. Als er aus der Klinik kommt, muss der Familienvater zu Kräften kommen. Eine schwere Zeit, aber die Ärzte sprechen von Heilung. Ordnen nach einer Ruhephase noch Strahlen- und Chemotherapie an. Doch dann, bei der Vorbereitung auf diese weiterführende Behandlung der ernüchternde Schlag: August Huber wird eröffnet, dass es nicht gut aussieht, der Krebs schon gestreut hat. Metastasen hatten sich längst gebildet, die offenbar vor der Operation übersehen worden sind. "Auf dem Krankenhausgang kriegst du die Botschaft hingeschmissen und für dich bricht eine Welt zusammen." Auf die Schnelle habe er gar nicht alles begriffen, erzählt Huber. Im Krebsforschungszentrum Heidelberg holen sie sich eine Zweitmeinung. Leider haben die Experten dort auch keine positivere Einschätzung. Aber menschlich fühlen sich die Hubers besser betreut. "Und wir haben endlich alles verstanden."

August Huber, vor seiner Erkrankung ein kräftiger und fröhlicher Mann, lässt sich nicht unterkriegen. Mit eiserner Disziplin kämpft er sich Stück für Stück zurück in den Familienalltag. Eine Therapie mit Antikörpern hält den Krebs in Schach, die Medikamente schlagen gut an, doch Nebenwirkungen machen ihm zu schaffen. In seinem kleinen Betrieb, den er sich über die Jahre aufgebaut hat, kann er nur noch stundenweise arbeiten. Aber das berufliche Umfeld gibt ihm auch Stabilität. Unsicherheit hat die Familie durch die Krankheit genug. Eine konkrete Prognose geben die Ärzte nicht. Alle drei Monate muss August Huber in die Klinik zur Kontrolle. Ein Termin, der ihn schon Tage vorher in enorme Anspannung und großen Stress versetzt. Nachts liegt er dann wach, grübelt. Die Familie leidet mit ihm. "Wie ein Tanz auf dem Vulkan", sagt Claudia Huber.

Unausgesprochen, aber immer präsent ist der Gedanke, dass der Krebs die Oberhand gewinnen könnte. Auf dem Münchner Oktoberfest hat sich das Paar kennen gelernt, ein Besuch in jedem Jahr ist ein lieb gewordenes Ritual. "Ich weiß nicht, ob wir die Wiesn nochmal zusammen erleben", sagt Claudia Huber unter Tränen. Weil August Huber nicht weiß, wie lange ihm noch bleibt, will er so viel Zeit wie möglich mit seinen Buben und seiner Frau verbringen. Gerne würde die Familie im Frühjahr für ein, zwei Wochen auf einen Bauernhof fahren. Raus aus der Routine mit Arzt- und Therapieterminen, aus dem Alltag mit Sorgen, schlaflosen Nächten und schwarzen Gedanken. Doch finanziell ist so eine kurze Auszeit nicht drin. Der SZ Adventskalender möchte Familie Huber unterstützen.

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Quelle:
SZ vom 01.04.2017 / pes
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