Denkmalschutz im Landkreis Dachau:Die Häuser-Retter

Denkmalschutz im Landkreis Dachau: Bei der Denkmalexkursion zeigen die Eigentümer, wie sie mit der denkmalgerechten Sanierung des Eichstocker Bauernhofs, der einst von Mennoniten bewohnt wurde, vorankommen.

Bei der Denkmalexkursion zeigen die Eigentümer, wie sie mit der denkmalgerechten Sanierung des Eichstocker Bauernhofs, der einst von Mennoniten bewohnt wurde, vorankommen.

(Foto: Toni Heigl)

Die erste Denkmalexkursion des Bezirks Oberbayern führt zu ehemals verrottenden Häusern im Landkreis Dachau. Dabei berichten Bauherren, welche Mühsal und Plackerei die Renovierung bedeutete - und warum sich der Erhalt der Gebäude dennoch lohnt.

Von Dorothea Friedrich, Markt Indersdorf / Altomünster

Drei Häuser wären dem sicheren Untergang geweiht gewesen, wenn es den Denkmalschutz nicht gäbe: das Feser-Anwesen in Altomünster, das Stafflerhaisl in Großberghofen und ein Bauernhof im Indersdorfer Ortsteil Eichstock. Bei der ersten Denkmalexkursion in den Landkreis Dachau haben sich nun Bezirksräte auf den Weg gemacht, diese und weitere gelungenen Beispiele für Renovierungen zu besichtigen. Ein Heimspiel für Bezirkstagspräsident Josef Mederer, Bezirksheimatpfleger Norbert Göttler und für Kreisheimatpflegerin Birgitta Unger-Richter. Auf der Tour durch den Landkreis setzte sich ein Mosaik aus Eigeninitiative, Beharrlichkeit, Zusammenarbeit und Überwindung ungeahnter Probleme zu einem umfassenden Bild moderner denkmalschützerischer Aufgaben zusammen.

Warum sie das Haus kauften? "Es hat uns gefallen."

Hochspannend ist die Geschichte des Anwesens, das Katharina Osterauer und Matthias Schilcher vor drei Jahren gekauft haben, dem Eichstocker Bauernhof. Das Besondere: Es war einst im Besitz einer mennonitischen Familie. Die Mennoniten hatten nach ihrer Flucht aus der Schweiz Zuflucht in der Pfalz gefunden. Kurfürst Maximilian IV. Joseph, der spätere bayerische König Maximilian I. Joseph aus der Pfälzer Linie der Wittelbacher kannte die Schaffenskraft und Innovationsfreude der Mennoniten und gestattete ihnen, sich im Dachauer Land anzusiedeln. 1818 wanderten die ersten Familien ein und ließen sich unter anderem in Eichstock nieder. Gerhard Ruth aus Herxheim war der erste mennonitsche Besitzer des Hauses, das eine viel längere Vergangenheit hat, wie Katharina Osterauer anschaulich erzählte. Aber das ist eine andere Geschichte. Ruth jedenfalls teilte den Hof unter seinen Söhnen auf. In nur vier Monaten baute die mennonitsche Gemeinschaft ein weiteres Haus, unvorstellbar in heutigen Zeiten mit all den Genehmigungsverfahren. Später wanderten die Nachkommen Ruths in die USA aus, der Hof wechselte mehrfach den Eigentümer. Seit 1971 stand das Haus leer, bis Matthias Schilcher und Katharina Osterauer es kauften. Warum? "Das Haus hat uns gefallen", sagt Katharina Osterauer. Die Bausubstanz sei trotz des Verfalls noch gut gewesen. Und dann begann das, wovon auch Lorenz Reischl, Eigentümer des Stafflerhaisls in Großberghofen und Andreas Hänel, der das Feseranwesen in Altomünster restauriert hat, berichten: Statik, Gründung, alles erhalten, was nur möglich ist. Der Stadl ist mit Unterstützung des Denkmalschutzes gerettet. Nun geht es Schritt für Schritt in dem Haus mit der typisch Pfälzer Hofeinfahrt voran. Man hat bereits eine Ahnung, wie es im Hausinneren einmal aussehen wird, auch wenn die Exkursionsteilnehmer noch über die offenen Fußbodenbalken balancieren und jedes Detail fachkundig beäugen.

Denkmalschutz im Landkreis Dachau: Noch müssen die Exkursionsteilnehmer über die offenen Fußbodenbalken balancieren, aber die Sanierung des Eichstocker Bauernhofes schreitet voran.

Noch müssen die Exkursionsteilnehmer über die offenen Fußbodenbalken balancieren, aber die Sanierung des Eichstocker Bauernhofes schreitet voran.

(Foto: Toni Heigl)
Denkmalschutz im Landkreis Dachau: Bei der ersten Denkmalexkursion des Bezirks Oberbayern tauschen sich Denkmalschützer, Bezirksräte und Bauherren aus.

Bei der ersten Denkmalexkursion des Bezirks Oberbayern tauschen sich Denkmalschützer, Bezirksräte und Bauherren aus.

(Foto: Toni Heigl)
Denkmalschutz im Landkreis Dachau: Im Feser-Anwesens in Altomünster hat Andreas Hänel auch den Dachstuhl saniert.

Im Feser-Anwesens in Altomünster hat Andreas Hänel auch den Dachstuhl saniert.

(Foto: Niels P. Jørgensen)
Denkmalschutz im Landkreis Dachau: Aus alt mach neu: Der Bauernhof in Indersdorf wurde einst von Mennoniten bewohnt.

Aus alt mach neu: Der Bauernhof in Indersdorf wurde einst von Mennoniten bewohnt.

(Foto: Toni Heigl)

Dass die mennonitische Gemeinde auch heute noch aktiv ist, zeigt ein Besuch in ihrem nahe gelegenen Bethaus. Reinhard Schmutz erzählt vom regen Gemeindeleben dieser Religionsgemeinschaft, von der Verfolgung, der sie immer wieder ausgesetzt war und von der Entstehung des Bethauses, das romantisch auf einem Hügel liegt und seinen Besuchern einen wunderbaren Blick in die Landschaft schenkt. Man habe keinem Katholiken zumuten wollen, an einer mennonitschen Kapelle vorbeizugehen, erklärt Schmutz die etwas einsame Lage. Nun soll das Bethaus, das 1841 in Rekordbauzeit von fünf Monaten errichtet worden war, renoviert - und ein Treffpunkt für Menschen jeglicher Glaubensrichtung werden.

4000 Arbeitsstunden und archäologische Grabungen

Hört man Andreas Hänel beim Besuch des Feser-Anwesens in Altomünster zu - und sieht, was er dort aus der Bauruine geschaffen hat, kann man ungefähr nachvollziehen, was er in 4000 Arbeitsstunden geleistet hat, archäologische Grabungen inklusive. Ob er noch einmal ein Haus retten wird? Da ist er sich noch nicht sicher, aber seinen Worten ist zu entnehmen, dass ihn so ein Projekt schon reizen würde, "denn es gibt so viele Häuser im Landkreis, die es verdienen, gerettet zu werden". Sein fundiertes Wissen gibt er übrigens gerne weiter, auch an Lorenz Reischl. Dieser führt mit ansteckender Begeisterung durch das kleine Haus, lässt sich auch vom ausblühenden Salz an der gerade frisch gestrichenen Fassade nicht aus der Ruhe bringen und ist immer noch ganz baff, dass beim Tag des offenen Denkmals mehr als 200 Besucher gekommen sind. Ein unübersehbares Signal, Altes auf zeitgemäße Art zu bewahren.

Wie das in einem hochherrschaftlichen Ambiente gelingen kann, war bei der Exkursion nur ansatzweise zu erfahren. Denn Schloss Unterweilbach blieb wegen Erkrankung der Besitzer verschlossen. Dem spätbarocken Ensemble sieht man sein Alter allerdings nicht an. Erst 2008 kamen bei umfassenden Renovierungsarbeiten, die der Bezirk mit Fördermitteln ermöglicht hatte, unter dem Boden der Kapelle Reste eines mittelalterlichen Bergfrieds zum Vorschein, wie Kreisheimatpflegerin Unger-Richter berichtete.

Heftige Diskussionen um die neuen Fenster im alten Gotteshaus

Es gäbe noch viel zu berichten von dieser Denkmalschutz-Exkursion, über das Wirtshaus am Erdweg, über die neue alte Schule in Altomünster und nicht zuletzt über St. Georg in Hebertshausen. Die abrissgefährdete ehemalige Pfarrkiche war dank der Hartnäckigkeit des Vereins zu Erhaltung der St. Georg-Kirche gewissermaßen der Auslöser für eine völlige Umgestaltung des Kirchbergs mit Stützmauern, neuer Treppe, neuer Aussegnungshalle und einer Sichtachse zum ehemaligen SS-Schießplatz und zum Friedhof Leitenberg. Möglich war das, weil bürgerschaftliches Engagement, Gemeinde, erzbischöfliches Ordinariat und Denkmalschutz an einem Strang gezogen haben. So ist St. Georg zum Ort des Abschieds, des Erinnerns, des Gedenkens und des Trostes geworden. Bei der Restaurierung ging es jedoch nicht ohne Probleme ab. Bürgermeister Richard Reischl erinnert sich an die heftigen Diskussionen um die neuen Fenster im alten Gotteshaus. Aber gerade sie bringen mit ihren bunten Farben Licht und Trost ins Kirchenschiff. Ein weiteres Symbol für gelungenen Denkmalschutz.

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Altes Bauernhaus

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