Demo gegen Flughafenausbau:Starkes politisches Signal setzen

Lesezeit: 2 min

"Die Stimmung ist rebellisch!" Dachaus Startbahngegner wollen die Staatsregierung bei der Münchner Demo am Samstag das Fürchten lehren.

Gregor Schiegl

Den Bürgerentscheid gegen eine dritte Startbahn , den die Münchner Grünen anstrengen, hätte man natürlich schon viel früher machen können. Aber jetzt sei "ein guter Zeitpunkt", sagt Anton Speierl, Sprecher der 16 Bürgerinitiativen im Landkreis, die sich im Aktionsbündnis Aufgemuckt gegen den Bau der dritten Startbahn am Münchner Flughafen organisiert haben.

"Die Region steht auf": Vor vier Jahren bescherten Startbahngegner aus der gesamten Region der Stadt Dachau den größten Demonstrationszug ihrer Geschichte. Bei der Kundgebung am Marienplatz hoffen die Startbahngegner am Samstag auf einen ähnlich eindrucksvollen Auftritt. (Foto: DAH)

Vielleicht ist es der ideale Zeitpunkt. Die Stimmung ist rebellisch", stellt Roderich Zauscher, Kreisvorsitzender des Bunds Naturschutz (BN), fest. "Und die Risiken für die Politik sind unüberschaubar": Stuttgart 21, der Aufruhr gegen die Banken, der Überraschungserfolg der Piratenpartei - all das sind für die Startbahngegner Indikatoren für die Wechselstimmung im Land. "Den Politikern sitzt noch die Angst von Baden-Württemberg in den Knochen", sagt Zauscher. Und inthronisiert in Gedanken schon einmal Margarete Bause als erste grüne Ministerpräsidentin Bayerns. "Nichts hat so eine große Wirkung auf Politiker wie die Angst vor einem Verlust ihrer Mehrheit", sagt Zauscher grimmig.

Die Startbahngegner verzeichnen wieder wachsendes Interesse am Thema dritte Startbahn; am Infostand in Dachau habe es jüngst wieder rege Diskussionen gegeben. Gäbe es in Dachau einen Volksentscheid über den Flughafenausbau, die Startbahngegner würden "haushoch gewinnen", glaubt Zauscher. Das meint auch der Bürgermeister von Röhrmoos, Hans Lingl.

Der Freie Wähler ist einer der engagiertesten Startbahngegner unter Dachaus Kreispolitikern, sagt aber vorsichtig: "Ich hoffe, dass die Münchner nicht erst durch Fluglärm aufwachen." Die Betroffenen aus dem Umland, auch Bürger aus dem Landkreis, sollen ihnen deshalb erzählen, wie sie heute schon an dem Fluglärm leiden. Aber kümmert das die Münchner? "Die Menschen in München sind kritisch", sagt BN-Chef Zauscher. "Und es gibt dort sehr viele Grüne." Die Grünen sind die Verbündeten von Bund Naturschutz und Aufgemuckt. Mit Infoständen wollen sie auch in der Landeshauptstadt Stimmung machen gegen das Großprojekt.

Die Dachauer Startbahngegner haben über die Jahre einen umfangreichen Katalog ausgearbeitet, warum man gegen den Flughafenausbau sein muss. Der vielleicht grundsätzlichste Einwand ist der, dass der Ausbau Münchens zum Drehkreuz einigen Privatinteressen zugute käme, das Leben der Menschen in der Region sich aber insgesamt verschlechtere: Wenn infolge des Ausbaus noch mehr Menschen nach München zögen - gut 20.000 schätzen die Startbahngegner -, muss man für sie neue Schulen, Kindergärten und Erschließungsstraßen bauen, womöglich auch Sozialwohnungen, weil es auch schlecht bezahlte Jobs am Flughafen gibt. "Das muss alles der Steuerzahler zahlen", sagt Dachaus Sprecher von Aufgemuckt, Anton Speierl. Bürgerentscheid hin oder her: "Die bayerische Staatsregierung ist absolut in der Verantwortung", sagt der Röhrmooser Bürgermeister Hans Lingl. Und damit es auch der Letzte versteht, sagt er, bei wem man die Quittung bei der nächsten Landtagswahl abzugeben habe: bei Schwarz-Gelb.

Für die Startbahngegner ist dies gewissermaßen der Volksentscheid auf Landesebene nach dem Volksentscheid in München. Den größten Zorn zieht aber derzeit Münchens Oberbürgermeister, Christian Ude auf sich. Der SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl will den Flughafenausbau - und vertritt das auch klar nach außen. "Wie brutal und rücksichtslos wollen Sie mit Ihren Nachbarn umspringen?", fragt BN-Kreischef Roderich Zauscher. "So geht's nicht!" Eine Wahlempfehlung hört sich anders an. Am Wochenende wollen die Startbahngegner "ein starkes politisches Signal" senden.

Mit einem möglichst mächtigen Auftritt bei der Demonstration am Samstag, 29. Oktober, um 10 Uhr am Marienplatz in München wollen sie zum Ausdruck bringen, wie breit der Widerstand in der Bevölkerung tatsächlich ist. Zauscher sieht den Boden dafür bereitet: "Es ist uns gelungen ein Problem, das lange Zeit als Freisinger Lokalthema abgetan wurde, landesweit in die Diskussion zu bringen."

© SZ vom 26.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: