Süddeutsche Zeitung

Dachauer Volksfest:Auf allen vieren

Bei der Mischlingsshow des Dachauer Tierschutzvereins messen sich Hunde und deren Halter in verschiedenen Kategorien. Beim Gaudiwettkampf müssen vor allem die Herrchen und Frauchen beweisen, dass auch sie gut auf Händen und Füßen unterwegs sind

Von Helen Krueger-Janson, Dachau

Die Beziehung zwischen Mensch und Hund ist immer eine besondere, davon sind vor allem die Herrchen und Frauchen überzeugt. Oft hört man sogar die Anmerkung, Hund und Halter wiesen eine gewisse Ähnlichkeit auf. Solch besondere Mensch-Hund-Beziehungen lassen sich auch bei der Mischlingsshow des Tierschutzverein Dachau e.V. erkennen, die im Rahmen des Dachauer Volksfestes stattfindet. Die Veranstaltung samt Gaudiwettkampf ist am Sonntag im 22. Jahr in Folge über die Bühne gegangen. So bunt gemischt wie manche Hunde sind, die bis zu fünf Rasseneinschläge aufweisen, so vielfältig sind die Hunderassen, die man an diesem Nachmittag auf der Vorführwiese sieht. Vom deutschen Rauhaardackel, über Chihuahuas, Border Collies, französische Bulldoggen, Australian Shepherds bis hin zu kleinen Bolonkas - bei der Mischlingsshow sind sie alle mit dabei.

Immer drei bis fünf Hunde pro Gruppe werden auf einer Wiese den Richtern vorgeführt. Unter den Juroren sind Landrat Stefan Löwl, die Journalistin Christl Horner-Kreis und Mitarbeiter der Volksbank-Raiffeisenbank sowie des Tierschutzvereins. Sie begutachten die Tiere, streicheln sie und sprechen mit den Haltern. Ein kurzer Blick, ein kurzes Gespräch und schon landet die Note auf dem Klemmbrett. Rundherum am Geländer stehen die Teilnehmer in der prallen Sonne oder haben sich auf Campingstühle in den Schatten der Bäume zurückgezogen. Ganze 27 Teams nehmen an der Mischlingsshow teil. Einige weitere Angemeldete hätten sich kurzfristig für kühlere Orte oder den Badesee entschieden, munkelt ein Hundebesitzer, der von den letzten Jahren eine größere Menschenmenge in Erinnerung hatte. "Das Wetter ist einfach zu heftig", sagt er.

Einige Herrchen und Frauchen hocken auf den Bierbänken vorm Vereinsheim und verspeisen Grillwürstl und Steaks, die oft unter den Tisch zum eigenen Hund wandern. Am Vereinshaus bellt ein Hund und begrüßt so seine Mitstreiter. Es kommt zum mehrfachen Echo aus allen Bereichen des Geländes. Besonders die jungen Hunde, die gerade noch in der Hundeschule Disziplin beigebracht bekommen, lassen sich gerne auf das Wau-Wau-Konzert ein.

Immer wieder schallt ein Gebelle und Gejaule über die Wiese, auf der die Hunde in unterschiedlichen Kategorien bewertet werden: Kurzhaar unter und über 45 Zentimeter Schulterhöhe und Langhaar unter und über 45 Zentimeter Schulterhöhe. "In manchen Jahren hatten wir auch schon eine gesonderte Welpengruppe, doch die stehlen ja sonst den Erwachsenen immer die Show", sagt Mitorganisatorin Sylvia Gruber, die das Dachauer Tierheim leitet.

In der Kategorie Kurzhaar über 45 Zentimeter nimmt auch der Boxer-Pointer-Mischling namens Duke, englisch für Herzog, der Familie Niemeier teil. Er ist groß und hat ein braun-weißes Fell. Der Rüde brauchte in der Vergangenheit ein bisschen mehr Glück, um sich hier präsentieren zu können. Vor fast zwei Jahren sollte er eigentlich in einer Tötungsstation in Spanien eingeschläfert werden. Doch die Tierschutzorganisation Hunde ohne Schutz e.V., die sich für Hunde in Rumänien und Spanien einsetzt, hat ihn vor dem schrecklichen Schicksal bewahrt und nach Deutschland ins Tierheim gebracht. Die Familie Niemeier wollte sich dort eigentlich einen Welpen holen. "Aber der zwischenmenschliche Funke war einfach nicht da", sagt Stefanie Niemeier, "und dann ist Duke einfach bei meinem Mann auf den Schoß gesprungen und hat sich an ihn gekuschelt. Da war's dann entschieden, den nehmen wir." Seit Duke bei der Familie ist, wird er neben Streicheleinheiten auch mordsmäßig aufgepäppelt. "Wir geben ihm seit ein paar Monaten ein Bierhefemittel, damit das Fell besonders weich wird", verrät die Tochter Lucia, 13. Heute führt ihre ältere Schwester Marlene, 15, Duke den Richtern vor.

Auf die Jury scheint der Hund mit seinem fröhlichen Gemüt und weichen Fell einen ähnlichen Effekt zu haben wie auf seine Familie. In seiner Kategorie Kurzhaar über 45 Zentimeter gewinnt er kurzerhand den ersten Preis und die Niemeiers dürfen neues Hundespielzeug und Leckerlis mit nach Hause nehmen.

Später verfolgen Menschen und Vierbeiner den Gaudiwettkampf. Die Hunde sitzen hinter der Absperrung und schauen so aufmerksam zu, als verstünden sie wahrhaftig die Aufgaben, die ihre insgesamt 42 vierbeinigen Mitstreiter mehr oder minder diszipliniert absolvieren. So wird auch Duke von Lucia zu Beginn durch einen Stofftunnel geführt, damit hat der Hund überhaupt kein Problem. Immer dem Frauchen hinterher. An einer der nächsten Stationen schwingt Lucia ein paar Runden mit dem Hula Hoop, bevor Duke zweimal durch den Reifen springen muss. Auf einer Decke bekommt die 13-Jährige dann Leckerlis auf den Rücken gelegt. Sie muss loskrabbeln und dabei versuchen, die Hunde-Snacks nicht an Duke zu verlieren. Die ulkigste Aufgabe haben sich die Organisatoren für den Schluss aufgehoben: Mit einer Scheibe Käse im Mund muss Lucia rückwärts im Spinnengang gehen, ohne dass ihr der Lockstoff weggeschnappt wird. Die Zuschauer sind vergnügt. Aber auch das schaffen die beiden und Lucia lockt Duke bis ins Körbchen in die Endstation.

"Es ist ganz wichtig, das man dem Hund Beschäftigung gibt, egal womit", sagt Sylvia Gruber über den Gaudiwettbewerb. Am Ende bekommt jeder Hund noch eine Urkunde und ein Wiener Würstchen. Gruber scherzt und sagt: "Da muss man nur bloß auf seine Finger aufpassen, sonst sind sie ab."

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Quelle:
SZ vom 20.08.2019
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