Dachauer Theatertage:Einfallsreich: "Des Kaisers neue Kleider" neu inszeniert

Dachauer Theatertage: Auch wenn die Dimensionen der Figuren nicht ganz passen - die Wirkung stimmt. Der Kaiser und sein ergebener Minister können nicht fassen, dass sie den teuren Stoff nicht sehen. Der Plan von Motte und Katze geht auf.

Auch wenn die Dimensionen der Figuren nicht ganz passen - die Wirkung stimmt. Der Kaiser und sein ergebener Minister können nicht fassen, dass sie den teuren Stoff nicht sehen. Der Plan von Motte und Katze geht auf.

(Foto: Toni Heigl)

Von Lina Brückner

Kaisertum, Konsumwahn, Kapitalismus - Schlagworte, an die man bei einem Theaterstück für Kinder eigentlich nicht denkt. Doch das Stück "Des Kaisers neue Kleider", das am Dienstag bei den von Frank Striegler organisierten Dachauer Theatertagen über die Bühne des Thoma-Hauses gegangen ist, vereinte diese drei Begriffe. Daniel Wagner und Pierre Schäfer aus Berlin inszenierten das Märchen in ihrem Figurentheater mit einer einfallsreichen Änderung in der Geschichte.

Sie entwerfen als zusätzliche Figur eine überdimensionierte Motte, die dringend etwas Essbares sucht. Sie begegnet einer kleinen Katze, die nur einen zerlumpten Pullover trägt. Weil er süchtig nach neuen Kleidern ist, hat der Kaiser der Katze das Fell geraubt und trägt es nun stolz als Halskragen. Die Katze will sich am Kaiser rächen, die Motte hat Hunger. Deswegen geben sich die beiden als Weber aus, die eine ganz spezielle Gabe haben: Sie können Tuche weben, die für diejenigen, die dumm oder ihres Amtes nicht würdig sind, unsichtbar bleiben. Der Kaiser will den Stoff unbedingt haben, um die dummen Bürger zu entlarven. Von unten nach oben fallen die kaiserlichen Angestellten auf die Lüge rein und bewundern alle den Stoff, um ihre eigene Dummheit zu verstecken. Letztendlich posiert der Kaiser, immer noch überzeugt von sich und seinem neuen Kleid, splitternackt vor dem Volk, den Zuschauern. Diese können - wie im Märchen - sich nicht dabei stoppen, den Monarchen auszulachen.

"Lang lebe der Kaiser!", darauf stimmen außer dessen Angestellten auch die jungen Zuschauer ein. Doch neben der Interaktion mit den Kindern fühlen sich auch die erwachsenen Zuschauer von der Inszenierung angesprochen. Etwa wenn der klamottenverrückte Boutiqueinhaber mit französischem Akzent "Schöne Jacke" statt "Frère Jacques" singt oder die 128-jährige Oma ihren Alkohol lieber hinter dem für das "dumme" Publikum unsichtbaren Stoffvorhang trinkt. Und auch der kaiserliche Kammerdiener, der die kaiserliche Einkaufstüte für die "kleiderliche Kaiserkammer" bringt, sorgt immer wieder für Lacher. Denn "er ist ein lieber Kerl und würde keiner Fliege..." - da sind sich alle Figuren einig.

Bis zum 19. November gibt es noch Aufführungen der Theatertage, für die teilweise noch Karten erhältlich sind. Tickets und weitere Informationen gibt es unter www.theatertage-dachau.de oder in der Naturkostinsel Dachau, Münchner Straße.

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