Dachauer Tafel:Kritik an Bernhard Seidenath

Lesezeit: 2 min

Der BRK-Kreisvorsitzende erhält im Netz und von Politikerkollegen teils sehr harsche Kritik, aber auch Zustimmung

Von Johannes Korsche, Dachau

Bernhard Seidenath (CSU) hat als Vorsitzender des Bayerischen Roten Kreuzes Dachau (BRK) eine Entscheidung getroffen: Den Flüchtlingen im Landkreis sollen keine Berechtigungsscheine für die Dachauer Tafel ausgestellt werden. Das hat gemischte Reaktionen hervorgerufen - zumindest im Netz. Unter den Politikern, die als Mitglieder im Vorstand des BRK Dachau eingesetzt sind, herrscht weitgehend seltene Einigkeit: Seidenaths Entscheidung sollte rückgängig gemacht werden, zumal diese offenbar nicht in Absprache mit dem Vorstand des BRK Dachau getroffen wurde.

Kritik bekommt Seidenath dabei auch aus den Reihen seiner Parteikollegen. Der Bezirkstagspräsident Oberbayerns Josef Mederer (CSU) erinnert sich nicht an einen derartigen Beschluss des Vorstandes. In der Entscheidung sieht er einen "Widerspruch" zwischen den Grundsätzen des BRK und dem Handeln der Tafel: "Wir leisten auch Hartz-IV-Empfängern Hilfe, ohne auf deren Pass zu gucken. Wir dürfen da keine Unterschiede machen." Seidenaths Argumentation kann er überhaupt nicht verstehen: "Die Grundsätze des BRK sprechen eine andere Sprache." Etwas unentschieden gibt sich Landrat Stefan Löwl: "Über die Entscheidung der Tafel wird zu reden sein", sagt er. Weiter will er die Regelung nicht kommentieren. Nur so viel: "Es gibt Für und Wider." Löwl betont hingegen, dass anerkannte Flüchtlinge zur Tafel kommen dürfen. Außerdem kümmere sich das BRK an anderer Stelle ungemein um die Flüchtlinge.

Deutliche Worte finden die Dachauer SPD-Mitglieder. Als "einen Fehler, der korrigiert werden muss" und "schlicht inakzeptabel" bezeichnet der SPD-Ortsverband die Regelung. Für den SPD-Landtagsabgeordneten Martin Güll gehört Seidenaths Argumentation "in die Kategorie 'Zündeln'". Die Dachauer Tafel solle sich im Umgang mit Flüchtlingen "offen und warmherzig" zeigen. Sie sei schließlich für alle bedürftigen Menschen da, "unabhängig woher diese kommen." Güll, ebenfalls Mitglied im erweiterten Vorstand der Dachauer Tafel kann sich nicht an eine Diskussion oder einen Beschluss des BRK-Vorstands in dieser Frage erinnern. Florian Hartmann (SPD), Oberbürgermeister der Stadt Dachau, hat von der Entscheidung der Tafel ebenfalls "nichts gewusst". Nachvollziehen könne er das Vorgehen nicht. Das BRK müsse Menschen in Not helfen: "Es darf kein Bedürftiger abgewiesen werden." Die Entscheidung müsse zurückgenommen werden, fordert er.

Von Äußerungen am rechten Rand bis zu heftiger Kritik reichen die Meinungen in den Kommentaren auf der Facebook-Seite der Dachauer SZ. Während einige Leser Seidenath zustimmen, kündigt ein anderer seine Fördermitgliedschaft. Eine Leserin schreibt: "Die bekommen Geld genug, um damit hauszuhalten. Sehr richtige Entscheidung." Petra Düring, Pressesprecherin des Bauernverbandes Oberbayern, spricht Seidenath ihren Respekt aus: "Chapeau, wer vertritt schon gerne so unpopuläre Entscheidungen!"

Dass sie tatsächlich unpopulär ist, zeigen andere Kommentare. Die Karlsfelder Gemeinderätin Hiltraud Schmidt-Kroll (SPD) findet klare Worte: "Eine skandalöse und menschenverachtende Entscheidung von Herrn Seidenath und dem BRK Dachau." Eine Leserin erinnert Seidenath an den Namen seiner Partei: "CSU - wo bitte bleibt das 'C'?" Ein Leser kommentiert: "Ich nenn' das rotkreuzschädigendes Verhalten". "Kehren Sie um, Herr Seidenath!", schreibt ein anderer.

Ein Mann zieht sofort Konsequenzen: Er schreibt am Freitagabend: "Wer nicht helfen will, der bekommt auch keine Hilfe von mir. Morgen kündige ich meine Fördermitgliedschaft beim BRK." Am Samstagvormittag folgt der Beweis: ein Foto seines Kündigungsschreibens. Er bietet an, jedem Interessierten seinen Brief als Vorlage zu schicken. Wie viele seinem Vorbild folgen und aus dem BRK austreten, wird sich zeigen.

© SZ vom 13.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: