Dachauer Praktikantin hilft Tansania:Anders als geplant

Leonie Walter

Freude über das physiotherapeutische Material (von links): Leonie Walter und ihre Kolleginnen Happy und Lorna (rechts).

(Foto: privat)

Die Dachauerin Leonie Walter hat im Februar und März ein physiotherapeutisches Praktikum in Tansania absolviert - doch dann erreichte die Corona-Pandemie auch das kleine afrikanische Land. Wenn die Krise vorbei ist, will Walter zurück

Von Horst Kramer, Dachau/Arusha

Im Februar und März nutzte Leonie Walter ihre Semesterferien für ein Praktikum in einem Krankenhaus in Tansania. Im St. Elizabeth Hospital in Arusha, einer 500 000-Einwohnerstadt im Norden des ostafrikanischen Landes. "Es war das erste Mal, dass ich in Afrika war", berichtet die 22-jährige Physiotherapeutikstudentin. Sie erlebte einen "Kulturschock", wie sie selber sagt - vor allem in positiver Hinsicht. Doch dann erreichte die Corona-Pandemie auch Tansania und beendete Walters Aufenthalt frühzeitig. Sobald wie möglich will die junge Dachauerin aber wieder zurück.

Walter, die vor fünf Jahren im Ignaz-Taschner-Gymnasium ihr Abitur abgelegt hat, ist schon viel herum gekommen in der Welt, nicht zuletzt durch ihren Sport. Leonie Walter ist eine sehr erfolgreiche Kunstradfahrerin. Was Walter in Arusha aber besonders erschütterte, waren die hygienischen Zustände in der großen Klinik, das von der katholischen Kirche lokal betrieben wird. "Die Physiotherapeutikabteilung ist in einem alten Schiffscontainer untergebracht. Fließendes Wasser steht den Kolleginnen und Kollegen nicht zur Verfügung, nicht einmal ein Waschbecken", schildert sie. Wie in vielen sogenannten Schwellenländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas verfügen auch tansanische Kommunen nur selten über ein Kanalisationssystem mit Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung. "Im St. Elizabeth Hospital wird das Regenwasser auf dem Dach aufgefangen und genutzt", sagt Walter. Jetzt in der Regenzeit eigentlich kein Problem, doch aufgrund des grassierenden Coronavirus ist ein regelmäßiges Händewaschen kaum möglich - und in den Sommermonaten sind Niederschläge noch seltener.

"Es fehlte an allem", so Walter weiter. Equipment, Personal, Schmerzmittel. Patienten lagen zusammen in einem Bett oder auf dem Fußboden. Trotz allem verloren die Menschen nie ihren Optimismus, wundert sich Walter. Eine Lebenseinstellung, die sie beeindruckt hat: "In Tansania habe ich gemerkt, dass unser westlicher Perfektionismus oft übertrieben ist."

Trotzdem wollte die junge Deutsche helfen; sie war vorbereitet auf die Bedingungen in dem afrikanischen Ort - Walters Aufenthalt war durch eine kleine tansanisch-deutsche Organisation namens Step Africa vermittelt worden, samt Einführung in die Umstände, Sitten und Gebräuche. So hatte Walter schon vorab Spenden in ihrem privaten wie sportlichen Umfeld eingesammelt: 684 Euro.

Zudem erhielt die Kunstradlerin Sachspenden wie Igelbälle, Black Rolls und Therapiebänder. "Meine lokalen Kolleginnen Happy und Lorna und mir machte es sehr viel Spaß, das Equipment mit den Patientinnen und Patienten auszuprobieren", erzählt Walter. Ihre Berichte in die Heimat führten dazu, dass ihr weitere rund achthundert Euro zugeschickt wurden.

Happy, Lorna und Leonie Walter entschieden sich, die Physiotherapieräume von Grund auf zu renovieren. Das Trio tauschte den morschen Holzboden gegen einen hygienischen Fliesenboden aus, sie strichen die Wände und errichteten zwei Rollstuhlrampen. "Besonders am Herzen lag mir die Installation eines Waschbeckens", fügt Walter hinzu. Mit einer weiteren Aktion verblüffte sie das tansanische Personal: Walter organisierte ein "Ramadama" auf dem Klinikgelände. Mit Plastiksäcken und Handschuhen bewaffnet tourte sie mit zwei weiteren Praktikantinnen durch das Areal und sammelte den herumliegenden Müll ein.

Während Walter in Tansania weilte, holte das kleine Land schließlich wie den Rest der Welt das Coronavirus ein. Die angehende Physiotherapeutin berichtet von einer Versammlung des medizinischen Personals, in der über Vorbereitungen im Falle von Covid-19-Erkrankungen beraten wurde. Das Problem: Das Hospital verfügte weder über Tests noch über Schutzkleidung oder gar Atemgeräte. Klar, dass die Nervosität im Lande wuchs, was Walter auch persönlich zu spüren bekam. "Als ich im Februar in Arusha ankam, waren alle Menschen sehr aufgeschlossen, freundlich und neugierig. Doch als ich Mitte März abreiste, kippte die Stimmung." Das Virus galt als Krankheit der Europäer und Asiaten, Weiße wie Walter wurden nun gemieden. Am vergangenen Montag sind in ganz Tansania erst 170 Coronavirus-Infizierungen bekannt sowie fünf Todesfälle. Zahlen, die Walter auf das rare Test-Equipment zurückführt.

Die Dachauerin ist weiterhin in Kontakt mit ihren Freundinnen Happy und Lorna, und sie will auf jeden Fall wieder nach Arusha reisen. Auch weil sich ihre Bachelorarbeit mit der physiotherapeutischen Versorgung Tansanias beschäftigt. Welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf diese Pläne haben wird, das kann weder Leonia Walter noch sonst jemand zum derzeitigen Zeitpunkt abschätzen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: