Naturschutz:Moor mit großem Fanclub

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Ein Teil des Mooses südlich von Günding nahe der Amperauen. (Foto: N.P.JØRGENSEN)

Das Dachauer Moos ist bedroht - schuld daran ist der Mensch. Referent Alfred Ringler fordert, man müsse nun schützen, was davon übrig ist und neue Umgangsformen mit den Landwirten finden.

Von Morris Zalesjak, Dachau

Das Schützenheim im Dachauer Gasthof Drei Rosen ist gesteckt voll, als die Kreisgruppe Dachau des Landesbunds für Vogel- und Naturschutz (LBV) am Dienstagabend zu einem Vortrag über die Zukunft des Dachauer Mooses lädt. Der Naturschützer Alfred Ringler referiert über die Situation im Landkreis. Über den Andrang freut sich der 77-jährige Biologe. Er kenne "kein bayerisches Moor, das einen so großen Fanclub hat", goutiert er die Anwesenheit der zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer.

Der Unterschied zwischen Moor und Moos ist laut Bund Naturschutz im Übrigen nur ein sprachlicher. Während man im Bayerischen zum "Moos" tendiert, spricht man im Norden Deutschlands eher von "Mooren". Im Falle des Dachauer Mooses handle es sich um ein voralpines Hochmoor mit einer großen Artenvielfalt der Tier- und Pflanzenwelt, sagt Ringler. Diese sei aber durch die menschliche Expansion der vergangenen Jahrzehnte immer stärker eingeschränkt worden. In seiner Präsentation erklärt der Naturschützer, warum das Dachauer Moos dringend "saniert" werden muss, wie er sagt, und welche Schritte es dafür braucht.

Trockenlegung von Mooren heizt Klimawandel an

Der Vortrag ist eine Zeitreise durch die vergangenen 100 Jahre Moos-Geschichte im Landkreis. In seinem Referat zeigt Ringler Aufnahmen aus den 1920er- und 30er-Jahren, sowie den Aufschwungjahren nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die Gegenwart. Wo einst sumpfige Wiesen die Landschaft prägten, sind in der Zwischenzeit Eisenbahnschienen und Wohnsiedlungen entstanden. Hunderttausende Menschen haben sich in der Region niedergelassen, der Wohlstand ist gestiegen. "Das Zurückholen einer besiegelten Vergangenheit ist sinnlos", sagt der Biologe. Darum gehe es ihm auch nicht. Vielmehr müsste man schützen, was übrig ist und neue Umgangsformen mit dem Moos und den Landwirten finden.

Mitte des 19. Jahrhunderts hat es laut Ringler in der Münchner Ebene - zu der das Dachauer Moos gehört - noch 42 000 Hektar Moos gegeben. 100 Jahre später waren es noch 5000 Hektar, im Jahr 2011 nur noch 1000. Dabei spielt das Moos im Hinblick auf den Klimaschutz eine große Rolle. Die Torfschichten dienen zum Beispiel als Kohlenstoffspeicher. Mit der Trockenlegung der vergangenen hundert Jahre sank der im Torf gebundene Kohlenstoff von zwölf Millionen Tonnen auf weniger als drei Millionen Tonnen ab. Das Treibhausgas wird dabei in die Atmosphäre ausgestoßen. Intakte Moore hingegen können langfristig Kohlenstoff aufnehmen und funktionieren so als permanente Kohlenstoffspeicher.

Ackerlandnutzung befeuert Klimawandel

Die aktive Nutzung der ehemaligen Moorflächen als Ackerland befeuert den Klimawandel, so Ringler. "Wir müssen das ernst nehmen und analysieren", sagt er. Der ehemals im Boden gebundene Kohlenstoff gelangt in die Atmosphäre. Heute würden 4000 Hektar einstiger Moosfläche im Landkreis Dachau landwirtschaftlich genutzt. Dadurch werden laut dem Biologen jährliche 120 000 Tonnen Kohlenstoffdioxid ausgestoßen. Selbst wenn man das Moor sofort wieder vernässen würde, würde es tausende Jahre dauern, bis die Torfschichten wieder als Emissionsbinder geeignet seien. Deshalb schlägt Ringler vor, aus der aktuellen Situation das Bestmögliche zu machen. "Wir müssen das Moos sanieren", sagt der Biologe.

Biologe Alfred Ringler referiert beim LBV über die Zukunft des Dachauer Mooses. Der Saal im Drei Rosen ist voll besetzt. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Gute zwei Stunden dauert der Vortrag von Alfred Ringler im Drei Rosen in Dachau. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Dazu braucht es Politik und Landwirte, wenn es nach dem Naturschützer geht. Wenn Landwirte Gebiete wieder neu vernässen, könnte die daraus resultierende Treibhausgaseinsparung subventioniert werden. Gleichzeitig sollten Beseitigungsanreize für Biberdämme dauerhaft gestrichen werden, denn auch "ohne den Biber wird es nicht gehen", sagt Ringler, die Dämme des Tieres helfen schließlich dabei, Wasser aufzustauen. Des Weiteren fordert der Naturschützer, dass auch Kommunen die Rettung des Moores stärker zu ihrer Aufgabe machen sollten. Im Zweifel müssten dann auch Verkehrs- und Siedlungspläne hinterfragt und bei Trassenentscheidungen klare Standpunkte eingenommen werden, sagt der Naturschützer. Klar sei aber auch, dass es ohne ein politisches Einwirken auf Eigentümer und entsprechenden Kompensationszahlungen oder Subventionen nicht gehen wird.

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