Süddeutsche Zeitung

Dachauer Forum:Neue Wege gehen

Auf die Corona-Pandemie reagiert das Dachauer Forum mit Kursen in Hybridform, die sowohl in Präsenz als auch online besucht werden können. Im neuen Bildungsjahr gibt es zudem verstärkt Kurse in den Bereichen Migration und Integration sowie Umwelt und Natur

Von Johanna Hintermeier, Dachau

Das Dachauer Forum geht mit Herausforderungen offensiv um. Mit dem neuen Jahresschwerpunkt "Mut zum Aufbruch in Kirche und Gesellschaft" sollen im kommenden Bildungsjahr über 1000 Veranstaltungen online und in Präsenz angeboten werden. Die Geschäftsführerin Annerose Stanglmayr: "Wir gehen in die Offensive, denn Bildung muss dann stattfinden und Mut geben, wenn die Orientierungslosigkeit am Größten ist". Diese sieht Stanglmayr an vielen Ecken und Enden der Gesellschaft: die Bewältigung der Pandemie im Privaten und Öffentlichem, den Klimawandel und - wie sie es bezeichnet - den "kirchlichen Klimawandel".

Für die Geschäftsführerin gilt das Jahresmotto auch für ihre eigene Arbeit im Forum: "Mut zu einem guten Hygienekonzept und Mut, Begegnungen zu ermöglichen." Viele Formate sind daher in sogenannten Hybridformen eingeplant. In großen Räumlichkeiten wie dem Hotel Central in Dachau oder in St. Jakob finden Kurse physisch statt. Gleichzeitig sind Onlineübertragungen geplant. Ob das die Zielgruppe trifft, wird sich erst noch zeigen. Denn: Der Großteil der Teilnehmer an den Veranstaltungen des Dachauer Forums sei älter, gehöre oft sogar einer Risikogruppe an, so Stanglmayr, das verunsichere viele. Bei den Seniorenstudiengängen gab es deshalb lediglich 100 Anmeldungen und damit 25 weniger als im Vorjahr. In einer Umfrage des Dachauer Forums gaben nur zehn Prozent der Teilnehmenden an, auch an online Kursen mitmachen zu wollen.

Der größte Träger für Erwachsenenbildung im Landkreis hat in seinem Angebot zwei neue Fachbereiche aufgenommen: Zu Migration und Integration sowie Umwelt und Natur wird es nächstes Jahr ein verstärktes Kursangebot geben. Anselm Kirchbichler, zuvor im Ordinariat München-Freising für Umwelt-Projektmanagement tätig, wird den Fachbereich Umwelt und Natur ehrenamtlich leiten. Dort findet man beispielsweise Kurse für einen umweltfreundlichen Lebensstil, Führungen durch das Ampertal und Vorträge über Artenvielfalt. Kurse in der Umweltbildung seien am schwierigsten voll zu besetzen, bedauert Stanglmayr. Das Problem: "Der Klimawandel ist ein unbequemes Thema. Es wird schnell persönlich, sodass man sich in seinem eigenen Lebensstil angegriffen fühlt", sagt Stanglmayr. Und sich mit dem Klimawandel auseinanderzusetzen, verlange oft eine politische Positionierung. Einen guten Zugang sieht sie über regionale Themen wie Artenvielfalt gegeben: "Das ist ein guter Einstieg, wenn ich vor meiner Haustür sehe, was ich schützen sollte".

Im Bereich Migration und Integration wird in Kooperation mit der Caritas der Kurs "Kulturdolmetscher plus" angeboten. Menschen mit Migrationshintergrund können ihr kulturelles Wissen über die deutsche und ihre eigene Kultur als Ressource verwenden lernen, um Brücken zu schlagen. Man vermittelt dann zum Beispiel in einem Elterngespräch an einer Schule oder hilft, sprachliche und kulturelle Barrieren zu überwinden. Zudem gibt es einen Helferkreis Asyl, in dem Ehrenamtliche ihre Erfahrung in der Arbeit mit Geflüchteten teilen können.

Wie schon in den vorherigen Jahren bietet das Dachauer Forum auch Begegnungen für Trauernde und den Letzte Hilfe Kurs als Vorbereitung für den eigenen Tod oder den eines Angehörigen an.

Im Bereich "Familien und Partnerschaften" ist für Klein bis Groß viel geboten. Die Eltern-Kind-Gruppe sucht noch nach Möglichkeiten sich auch im Winter treffen zu können, zuletzt war dies im Freien möglich. Stanglmayr berichtet, dass das Interesse nach einer Männergruppe für Väter immer stärker wachse.

Es gibt zahlreiche Fitnesskurse und Gedächtnistrainingskurse. Für Angehörige von Demenzkranken gibt es ein Kursangebot zur Begleitung. Unter der Leitung der Pastoralreferentin und theologischen Mitarbeiterin im Dachauer Forum, Susanne Deininger, wird die Reihe "Ans Eingemachte" fortgesetzt. Zu zentralen Diskussionen des christlichen Glaubens finden Treffen statt, in denen Themen wie "Warum lässt Gott das Leid zu" diskutiert werden. Stanglmayr: "Mit solchen Angeboten wollen wir neue Erkenntnisse der Wissenschaft weitergeben". Das Wissen zum christlichen Glauben aufzufrischen sei für manche Teilnehmer sogar erschreckend.

Auch der neue Seniorenstudiengang "Deutschland und seine Regionen" wird in diesem Herbst beginnen. Stanglmayr sieht die Auseinandersetzung mit Deutschland, aber auch mit der "Kulturgeschichte im Dachauer Land", einem weiteren Studiengang, als wichtiges Mittel gegen den grassierenden Nationalismus. Der Studiengang "Ideen, Visionen, Utopien" behandelt, wie Menschen über die Jahrhunderte die Welt und sich wahrgenommen haben und wie sich zum Beispiel Moralvorstellungen zu Diskriminierung und Gewalt verändert haben. Alle Seniorenstudiengänge dauern vier Semester, also zwei Bildungsjahre.

Das neu konzipierte Programmheft des Dachauer Forums liegt in Banken, Geschäften und Pfarreien des Landkreises aus. Aufgrund der Hygienemaßnahmen wird immer um Anmeldung gebeten. Die neue Internetseite des Dachauer Forums wird Ende September online gehen, auch dort sind Anmeldungen möglich.

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Quelle:
SZ vom 15.09.2020
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