Am Fuße der Dachauer Altstadt:Schöner wohnen in der Fabrik

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In der Historie des Dachauer Gewerbehofs in der Brunngartenstraße wird ein weiteres Kapitel aufgeschlagen: In dem sanierten Gebäude sind neben neuen Gewerbeflächen auch elf individuelle Wohneinheiten entstanden - zum Teil mit rundum verglasten Loggias.

Von Andreas Förster, Dachau

Ein neues Kapitel in der bewegten Geschichte des Gewerbehofs nähert sich seiner Vollendung: Der Umbau von einer reinen Gewerbeimmobilie zur Mischnutzung im Verbund mit privaten Mietwohnungen. Mit dem Umbau ging eine Sanierung des teilweise mehr als 100 Jahre alten Fabrikgebäudes einher. "Revitalisierung" nennt es Axel Strauch, Marketingprofi der RH-Unternehmensgruppe, der das Gebäude seit 2016 gehört. Ein Großteil der Gewerbeflächen ist bereits vergeben. Darunter sind einige regional bekannte Namen wie die Dachauer Tafel, die Ballettschule Marie Taglioni, Franz Reicheneders Power-Gym, das Supergirl Studio (Poledance), die KVD-Druckwerkstatt und nicht zuletzt die Volkshochschule. In Kooperation mit den Gewerbemietern wurden zum Teil längst überfällige Modernisierungen vorgenommen. So bekam das Power-Gym einen eigenen Eingang, damit die Bodybuilder nicht mehr durch die Ballettschule gehen müssen, außerdem wurden neue Sanitäranlagen eingebaut. Die Ballettschule erhielt einen zweiten Übungs- und Vorführraum, so dass nun die kleinen und die großen Tänzer und Tänzerinnen getrennt üben können. Die VHS bekam einen neuen Eingangsbereich und moderne Seminarräume. Ein Stockwerk tiefer liegt jetzt das Supergirl Studio mit deutlich höheren Räumen. Auch hier richteten sich der für den Umbau verantwortliche Bauleiter und Architekt Uwe Kohler und der Verwalter der RH-Unternehmensgruppe, Axel Strauch, nach den Bedürfnissen der Mieterin Janine Hollung.

Die elf neuen Ein- bis Dreizimmerwohnungen werden ab März Mietern angeboten. Im weiteren Verlauf wird wieder ein neues Kapitel in der an Veränderungen reichen Historie des Gewerbehofs aufgeschlagen. Die begann Mitte des 19. Jahrhunderts als Papiermühle, es folgte der Ausbau zur Papierfabrik, die teilweise abbrannte. Später war das Gebäude Heimstatt für eine Elektrofirma, in den 1970er Jahren erwarb es die Familie Hübner aus München als Verwaltungs- und Produktionsstätte der Euras GmbH, die dort Rasierer und Trockenhauben herstellte. Seit 2016 gehört die Immobilie zur RH Unternehmensgruppe München. Die begann 2017 mit der Sanierung. Der Start der Bauphase zog sich jedoch bis zum Sommer 2019 hin. Substanzuntersuchungen, Rekonstruktion des ehemaligen Tragwerks, Neugestaltung des Bachbetts, Koordination und Abstimmung mit den zuständigen Ämtern und Behörden nennt Bauleiter Kohler einige der Maßnahmen, die anfangs viel Zeit kosteten. Dabei betont er die gute Zusammenarbeit mit dem städtischen Bauamt und nennt als Beispiel die Sanierung des Bachbetts, die das Ufer des hinter dem Haus plätschernden Mühlkanals nicht nur ansehnlicher, sondern auch sicherer machte.

Eine große Herausforderung war es schließlich, aus den ehemaligen Fabriketagen modernen, vermietbaren Wohnraum zu schaffen. Zusammen mit Axel Strauch brütete Kohler immer wieder über den alten Bauplänen. "Da bekamen wir schon so manches graues Haar", erinnert sich Strauch, Senior Manager Projektentwicklung bei der RH Unternehmensgruppe. Man wollte die alte Bausubstanz erhalten, aber Platz schaffen für mindestens zehn Mietwohnungen. Das bedeutete eine völlige Umplanung der alten Grundrisse, das Entfernen von nicht tragenden Mauern und das Einziehen neuer Trennelemente wie die rundum verglasten Loggias in den Wohnungen, deren Front zur Brunngartenstraße zeigt. Herausgekommen sind elf individuelle Wohneinheiten zwischen 37 und 100 Quadratmetern, die sich in die alte Bausubstanz einfügen, teilweise mit Stufen und Deckenschrägen, im rückwärtigen Teil barrierefrei mit Aufzug. Wegen des gegenüberliegenden Stadtkellerbiergartens waren Schallschutzfenster eine Auflage der Stadt. Bei einer Wohnung führte das sogar dazu, dass auf der Dachterrasse eine eigene, verglaste Schallschutzwand mit 90 Gradecke aufgestellt werden musste. Eigenwillig, aber nicht unästhetisch.

Am Ende ging doch alles recht schnell. "Die reine Bauzeit betrug nicht mal ein Jahr", betont Kohler, die Kerngewerke habe man ausschließlich durch lokale Betriebe ausführen lassen. Der ehemalige unansehnliche Parkplatz wich einem modernen zweistöckigen Parkdeck, dessen Front durch Milchglas undurchsichtig ist. Ob so viel Individualität auch ihren Preis hat? "Wir haben keine Luxuswohnungen gebaut und richten uns nach den üblichen Marktgegebenheiten in der Region", versichert Strauch.

© SZ vom 10.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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