Eigentlich ging Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) am Donnerstag mit der Absicht in den Umwelt- und Verkehrsausschuss, das Projekt einer Nordumgehung zu beerdigen. Verkehrsreferent Volker C. Koch (SPD) erklärte noch: "Die Nordumgehung ist tot." Doch mit einer Stimme Mehrheit bestanden CSU, Freie Wähler, ÜB und Bürger für Dachau auf die Weiterplanung der Straße, die für die Stadt allen Studien zufolge keine Verkehrsentlastung bringt. Doch auch die umstrittene Ostumfahrung, die ein FFH-Gebiet durchschneiden würde, bleibt in der Verkehrsplanung. Allerdings mit einem wesentlichen Unterschied: Nicht die Stadt, sondern der Landkreis soll die Straße bauen.
Der Freistaat hatte den Bau der Umgehung im Osten Dachaus auf die Zeit nach 2025 verschoben. Allerdings könnte die Stadt die Straße in Sonderbaulast realisieren, wobei sie nach Abzug der Zuschüsse auf Kosten von 7,8 Millionen Euro sitzen bleiben würde. Diesen Betrag kann laut OB Hartmann die Stadt angesichts der Haushaltslage nicht alleine stemmen. Außerdem bringe die sieben Kilometer lange Ostumfahrung Dachau nur eine geringe Entlastung vom Durchgangsverkehr. Die eigentlichen Nutznießer seien aber benachbarte Gemeinden, vor allem Hebertshausen, durch das die Verkehrslawine der Pendler aus dem nördlichen Landkreis und weiter über Dachau und Karlsfeld nach München rollt. Der zunehmenden Verkehrsbelastung im Landkreis könne, so Hartmann, nur durch eine interkommunale Zusammenarbeit begegnet werden. CSU-Stadtrat August Hass bezweifelte, dass der Landkreis die Sonderbaulast auf sich nehmen wird. Seine Fraktionskollegin Gertrud Schmidt-Podolsky hielt fest: "Die Verkehrsprobleme sind derart gravierend, dass die Stadt sie lösen muss, auch wenn der Landkreis nicht mitspielt."
Oberbürgermeister Hartmann führte bereits am Freitagmorgen ein erstes Gespräch mit Landrat Stefan Löwl (CSU). Ergebnis: Die Verwaltung prüft jetzt, wie und in welchem Umfang eine Kostenteilung möglich wäre. Gegen den Beschluss hatten die Grünen, das Bündnis für Dachau und SPD-Stadtrat Günter Heinritz gestimmt. Er kritisierte, dass die wesentliche Frage der Finanzierung in der Debatte ausgeklammert worden sei. Tief enttäuscht reagierte Kreisrat Roderich Zauscher (Grüne), Kreisvorsitzender des Bundes Naturschutz, am Freitag: "Die Ostumfahrung wäre eine ökologische Katastrophe, gegen die wir uns mit allen Mitteln wehren werden", sagte er der SZ. Volker C. Koch hatte in der Sitzung noch von einer Ostumfahrung "mit Rücksicht auf das FFH-Gebiet" gesprochen. So könne durch ein Brückenbauwerk die seltene Helm-Azurjungfer geschützt werden, erklärte Hartmann. Der Appell von Umweltreferentin Sabine Geißler (Bündnis für Dachau) für ein Umdenken verhallte im Gremium: "Seit 25 Jahren wird die Nordostumfahrung den Bürgern als Allheilmittel verkauft." Sie bringe aber keine Entlastung. Mehr Mut forderte auch Grünen-Fraktionschef Thomas Kreß. "Mich erschreckt diese Diskussion. Alle eindeutigen Aussagen der Verkehrsgutachten werden einfach ignoriert", sagte Kreß. Demnach würde die Nordostumgehung nur eine Verringerung des Durchgangsverkehrs um drei bis zehn Prozent bringen, zumal dieser Verkehr überhaupt nur etwa ein Viertel des gesamten Aufkommens ausmacht.
Kreß griff den Vorschlag Hartmanns auf, nach weiteren kreativen Lösungen zu suchen, etwa eine Westumfahrung, die aber von der CSU als ominöse Variante abgetan wurde. Für eine bessere Anbindung des Gewerbegebietes Dachau-Ost gebe es noch andere Möglichkeiten als die Ostumfahrung, erklärte Kreß. Dachau erstickt am Verkehr. Das ist den Stadträten klar, aber auf eine Lösung des Problems können sie sich nicht wirklich einigen. Günter Heinritz erklärte am Ende der Debatte sichtlich verärgert: "Das war keine fachliche Diskussion, sondern ein Austausch von Glaubenssätzen."