Dachau:Weit mehr als nur ein bisschen Geld

Für viele der Tassilo-Preisträger bedeutet die Auszeichnung eine erste öffentliche Anerkennung. Sie stärkt nicht nur das Selbstbewusstsein, sondern spornt zum Weitermachen und Durchhalten an

Von Sabine Reithmaier

Tassilo-Kulturpreisträger haben viele tolle Eigenschaften: Sie sind kreativ, haben gute Ideen, engagieren sich leidenschaftlich, und hohes technisches Können in ihrem Metier ist selbstverständlich. Ein Merkmal aber beschreibt sie besonders überzeugend: Sie sind unverwechselbar. Ihre jeweiligen Besonderheiten zu entdecken und ins rechte Licht zu rücken, ist Sinn und Aufgabe des Tassilo-Kulturpreises der Süddeutschen Zeitung, der nun zum neunten Mal ausgeschrieben wird.

Im Jahr 2000 erstmals vergeben, ist die Auszeichnung längst zu einer festen Institution in der Region geworden. Sicher auch deshalb, weil sie sich von anderen Kunst- und Kulturpreisen in mehrerlei Hinsicht unterscheidet. Der Preis würdigt Künstler und Kulturveranstalter, die für die kulturelle Vielfalt der Region stehen, Menschen also, die "Kultur von unten" machen und Unterstützung brauchen können. Und es ist ja schade, dass trotz großer Talente und guter Ideen viele Kulturschaffende nur in ihrer nächsten Umgebung wahrgenommen werden. Das Stadtgebiet München bleibt deshalb beim Tassilo-Preis auch außen vor, einfach deshalb, weil Künstlern in der Landeshauptstadt bereits eine Vielzahl von Auszeichnungen und Fördermöglichkeiten geboten werden. In der Region dagegen vergeben bestenfalls die Städte lokal begrenzte Kulturpreise.

Krailling: TASSILO-Preis

Einen Preis erhielt auch das Grafinger Jugendorchester.

(Foto: Johannes Simon)

Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal des Tassilo-Kulturpreises ist die Tatsache, dass diejenigen, die ausgezeichnet werden sollen, von den Lesern der SZ vorgeschlagen werden. Vor zwei Jahren wurden knapp 120 Kandidaten aus den verschiedenen Kunst- und Kultursparten nominiert, an die 1500 Bewerber sind inzwischen insgesamt vorgestellt worden. Allein diese Zahlen signalisieren, wie vielfältig die Kulturlandschaft rund um München ist.

Die dritte Besonderheit stellen die Vergabekriterien dar. Der Tassilo-Kulturpreis ist nicht als Preis für Künstler gedacht, die bereits mit Auszeichnungen überschüttet werden. Er soll im Gegenteil auf Kulturschaffende aufmerksam machen, die der Förderung und der Ermutigung bedürfen. Das trifft natürlich auf alle junge Künstler zu. Aber der Tassilo würdigt auch Menschen, die sich beharrlich dafür engagieren, dass in ihren Gemeinden das Kulturleben blüht.

Das können bekannte Künstler sein, die trotz des eigenen Erfolgs ihrem Dorf, Stadt oder Landkreis verbunden bleiben und dort beispielsweise Kulturreihen betreuen oder sich um künstlerischen Nachwuchs bemühen, wie es etwa die Brüder Cornelius Claudio und Johannes Tonio Kreusch, Preisträger 2012, mit Konzerten und Workshops in Ottobrunn tun. Genauso wichtig sind Persönlichkeiten, die sich jahrelang erfolgreich in Kulturvereinen engagieren, ehrenamtlich Ausstellungen oder Konzerte organisieren und das kulturelle Leben in den Gemeinden durch ihr Wirken überhaupt erst möglich machen.

Krailling: TASSILO-Preis

Über das Bussi von Luise Kinseher freute sich der Kulturveranstalter Ludwig Retzer, sehr, aber mehr noch über den Tassilo-Preis für sein Lebenswerk.

(Foto: Johannes Simon)

Die Entscheidung, wer einen der drei Hauptpreise oder der weiteren Preise erhält, fällt eine mit Fachleuten besetzte Jury, deren Mitglieder ebenfalls in der Region leben. Wie immer werden drei Hauptpreise (je 2000 Euro), sechs weitere Preise (je 500 Euro) und ein Ehrenpreis für ein Lebenswerk (1000 Euro) vergeben. Und gerade um letzteren liefert sich die Jury immer die heftigsten Debatten. Kandidaten, die ihn verdient hätten, gibt es mehr als genügend.

Ein Novum in diesem Jahr ist der Tassilo-Sozialpreis. Damit möchte der SZ-Adventskalender für gute Werke, das Hilfswerk der Süddeutschen Zeitung, besondere Kultursozialarbeit und -pädagogik mit einem Preisgeld von 1000 Euro unterstützen. Es gibt so viele Initiativen, die mit Musik, Kunst, Literatur, aber auch besonderer Sprachvermittlung großartige Integrations- und Inklusionsarbeit leisten. Das können Projekte für Behinderte oder lernschwache Kinder sein, aber auch Kulturarbeit an sozialen Brennpunkten oder mit Flüchtlingen. Der SZ-Adventskalender unterstützt mit seiner Aktion "Musik für alle Kinder" bereits seit einigen Jahren Kulturarbeit. "Mit dem Preis wollen wir das besondere Engagement vieler Ehrenamtlicher in diesem Bereich würdigen", sagt Anita Niedermeier, Geschäftsführerin des Adventskalenders.

Verleihung des Tassilo-Preises

Das Trommlerensemble "Drumline" begeisterte das Publikum während der Preisverleihung in Krailling.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Für die meisten Ausgezeichneten ist das Preisgeld eher eine angenehme Nebenerscheinung. Viel wichtiger ist der Impuls, den der Tassilo auslöst. "So ein Preis kann ein richtiges Sprungbrett für die Karriere sein", sagte der Starnberger Kinobetreiber Matthias Helwig, der 2008 ausgezeichnet wurde, während sich der aus Gauting stammende Schriftsteller Fridolin Schley vor allem daran erinnert, wie extrem wichtig für sein Selbstbewusstsein der Tassilo war, den er 2002 erhielt. Gerade am Anfang seien solche Auszeichnungen wichtig, um "nicht die Kraft, nicht den Mut zu verlieren", sagte er, inzwischen ein anerkannter und mit anderen Preisen bedachter Autor.

Andere freuen sich einfach, dass ihre Kulturarbeit, die sie oft seit Jahrzehnten leisten, endlich einmal in einer breiteren Öffentlichkeit anerkannt wird. "Es ist einfach schön, dass man beachtet wird", sagte Gerd Pöllitsch von den Garchinger Pfeifern, die 2014 für ihre 42 Jahre währende Pflege der stillen, unaufgeregten, altbairischen Volksmusik ausgezeichnet wurden.

Wichtig ist die öffentliche Aufmerksamkeit vor allem dann, wenn der Verein, das Ensemble oder die jeweilige Einrichtung gerade in ihrer Existenz bedroht ist. 2004 bangten Herausgeber und Autoren der Zeitschrift Amperland um die Zuschüsse der Städte Fürstenfeldbruck, Freising und Dachau. Ein Rückzug aus der Förderung hätte das Ende der Vierteljahreszeitschrift bedeutet, denn ein Magazin mit Beiträgen zu Geschichte und Kultur kann keine Gewinne erwirtschaften. Aber dazu kam es nicht: Fürstenfeldbruck beschloss kurz nach der Preisverleihung den Rückzug vom Rückzug. Amperland gibt es noch.

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