Dachau: Warnung vor Onlinesucht:Verloren in der virtuellen Welt

Alle Menschen streben nach Glück. Manche glauben, es nur in der virtuellen Welt zu finden und kapseln sich ab. Drobs Dachau will die Internetsucht jetzt bekämpfen.

Omar El-Nahry

"Da hätte ich ja fast etwas gewonnen", ruft ein Junge, als die Walze des einarmigen Banditen stehen bleibt. Er und seine Mitschüler stehen rund um einen der geöffneten Spielautomaten und blicken in sein, bis auf die Rolle mit den Symbolen, erstaunlich leeres Inneres. "Und genau dieses "fast" ist es, das süchtig macht", erklärt einer der Mitarbeiter der Drogenberatungsstelle Dachau (Drobs).

Dachau: Warnung vor Onlinesucht: Mit Aktionstagen wie Game Over will die Drogenberatungsstelle Dachau auf die Gefahren von Internetsucht hinweisen.

Mit Aktionstagen wie Game Over will die Drogenberatungsstelle Dachau auf die Gefahren von Internetsucht hinweisen.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Beim Aktionstag "Game Over" sollen Kinder im Alter von sechs bis elf Jahren für die Gefahren von Glücksspielen, aber vor allem auch für das Suchtpotential von PC- und Onlinespielen sensibilisiert werden.

Dazu hat die Drogenberatungsstelle im Stockmann-Saal des Ludwig-Thoma-Hauses fünf Stationen errichtet, an denen jeweils ein Betreuer mit gut zehn Kindern zusammensitzt. Dort werden sie über alle Aspekte der Sucht informiert - über die technische Funktionsweise von Spielautomaten zum Beispiel, die rechtlichen Aspekten oder die Warnzeichen, an denen man eine Spielsucht erkennt. Die Kinder haben ihren Spaß, ob beim Flaschendrehen oder beim Sucht-Mensch-Ärgere-Dich-Nicht.

Lustig ist das Thema Sucht natürlich nicht, gerade im Bereich Internet und Videospiele. "Es besteht die akute Gefahr, den Bezug zur Realität zu verlieren und nur noch in der Welt eines Spiels zu leben", erklärt Drobs-Vorsitzende Silvia Neumeier. Viele Jugendliche würden sich soziale Bestätigung beim Spielen oder in sozialen Netzwerken suchen, die im echten Leben schwerer erreichbar sei.

Die Mechanismen seien dabei ähnlich wie bei anderen Suchten: Alle Menschen streben nach Zufriedenheit und Glück, auch wenn diese nur von kurzer Dauer und mit Nebenwirkungen verbunden seien, sagen die Drobs-Mitarbeiter. Gerade in der virtuellen Welt sei aber eine Gefahr besonders groß, da sind sich die Suchtexperten einig: Die Eltern wüssten oft nur schlecht Bescheid, während schon die Jüngsten oft wahre Computer-Experten seien. Daher will die Drogenberatungsstelle nun auch Elternabende anbieten, welche die Aktionstage, die von September an jährlich auch älteren Schülern angeboten werden sollen, begleiten.

Viele Schüler hätten sich bereits schon mit Sucht auseinandergesetzt, bei sich und bei anderen, und seien zum Teil auch schon für die Risiken sehr stark sensibilisiert. "Die Resonanz auf die Aktionstage ist sehr gut", erzählt Mitarbeiter Sascha Neumeier, "die Kinder sind gut bei der Sache und meinten, sie würden gerne nächstes Jahr wieder mitmachen".

In ihrer Altersklasse seien weniger die "klassische" Spiel- oder Drogensucht ein Problem, sondern eher Videospiele und vor allem der Umgang mit sozialen Netzwerken. "Viele wissen nicht, dass sie sich strafbar machen, wenn sie sich künstlich älter machen, um zum Beispiel ein Facebook-Profil anzulegen", erklärt Neumeier. Gerade solche Dienste böten dabei aber neben den rechtlichen Problemen auch ein großes Suchtpotential. Um die Kinder schon im jungen Alter richtig aufzuklären, findet der Aktionstag dieses Jahr zum zweiten Mal statt.

Und das Feedback ist sogar noch besser als letztes Jahr", berichtet Sascha Neumeier erfreut. Besonders schön sei es zu sehen, dass die Popularität von Online-Spielen wie World of Warcraft bei den Jüngeren abgenommen habe und dass Kampagnen wie die der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gut ankämen: So wüssten die meisten Mädchen und Jungs, dass Glücksspiel erst von 18 Jahren an erlaubt ist. Um alle zu erreichen, will die Drogenberatungsstelle ihre Aufklärungsarbeit mit der gleichen Intensität fortsetzen.

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