Dachau:Von Sehnsucht, Not und Whiskey

The Rapparees

"Ihr dürft gern auch tanzen", forderten die Rapparees ihre Zuhörer auf. Die Mutigen taten es.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Eine Hommage der Rapparees an die Dubliners und das Leben

Von Renate Zauscher, Dachau

"Wir kommen aus Belfast - und wir sind stolz darauf. Und auch stolz darauf, Iren zu sein." Iren, wohlgemerkt, nicht Nordiren: In diesem Satz steckt, ohne viele weitere Worte, die politische Botschaft der Rapparees, die am Samstag in der Friedenskirche in Dachau zu Gast waren. Sie ist genau betrachtet, ein Bekenntnis zur Einheit Irlands. Musikalisch gibt es diese Einheit ohnehin: Im Norden wie im Süden wird, in Liedern wie in Instrumentalstücken, das Leben intensiv gefeiert ohne dass dessen düstere Seiten ausgeblendet würden.

In der Friedenskirche ließ sich das Publikum schon vom ersten Stück der fünf Männer auf der Bühne gefangen nehmen: einem a cappella vorgetragenen Lied mit dem Titel "The Old Triangle", das vom bitteren Leben im Gefängnis vor allem während der viktorianischen Zeiten erzählt. Dann aber wurde ein eher verklärender Blick auf die Vergangenheit geworfen mit einem Song, den die Dubliners berühmt gemacht haben: In "Dublin in the Rare Old Times" wird die Stadt besungen wie sie einmal war, ehe die Moderne sie mit neuer Architektur und verspiegelten Glasfronten erobert hat.

Auf die Dubliners bezogen sich die Rapparees immer wieder an diesem Abend. Sie sind das große Vorbild der jungen Musiker, die schon zu ihren Schulzeiten miteinander gespielt und gesungen haben und mit ihnen ihre Väter, Mütter und Geschwister. Seit zwölf Jahren treten die Rapparees unter ihrem jetzigen Namen auf, der laut eigenem Bekunden so viel wie jenseits der Gesetze stehende "Outlaws" bedeutet.

Eigentlich, sagt Kevin Mawsley, sei ja das ganze Konzert in Dachau eine Hommage an die Dubliners, die ihrerseits aus der großen Tradition irischer Musik geschöpft hätten: "Hätte es die Dubliners nicht gegeben, dann würden wir heute nicht das tun, was wir tun." Kevin spielt das Instrument, ohne das irische Musik nicht denkbar ist: die Fiddle. Joe McKeague, der Lead-Singer der Rapparees, nimmt sie bei einigen Stücken ebenfalls zur Hand, spielt aber sonst wie Niall Hanna Gitarre. Am Banjo war Conor Markey in Dachau mit dabei und als Drummer und wunderbarer Bodhrán-Spieler Eamonn Rooney.

"Women, drink - and drink": das seien die Hauptthemen irischer Songs, erklärte Joe McKeague dem Publikum, und dem "Trinken" sind dann auch "Whiskey-Songs" wie das vom hochprozentigen Inhalt der "Clear Bottle" gewidmet.

Es werden aber auch andere Themen besungen. Die Not der Emigranten etwa und die Sehnsucht nach der alten Heimat, die frühere Auswanderer in aller Regel nicht mehr wiedersahen. Und dann ist da die Erinnerung an den "Bloody Sunday" in Derry, als mehr als ein Dutzend Zivilisten von britischen Soldaten bei einer Demonstration ermordet wurden. Die Dubliners haben sich in ihrem Song "The Town I loved so Much" auf dieses Drama bezogen und von der Sehnsucht nach Frieden gesungen. Auch Joe Mc Keague legt in dieses Lied sichtlich bewegt seine ganze Hoffnung für eine gute Zukunft.

Welch wunderbare Geschichten ein guter Bodhrán-Spieler auf seinem Instrument erzählen kann, bewies Eamonn Rooney im zweiten Teil des Abends. Der Spannungsbogen des Instrumentalstücks, das den Titel "The Mason's Apron" trägt, reicht vom langsamen Beginn über sich steigernde fröhliche, übermütige Passagen bis zu wilden Trommelwirbeln, um dann, langsamer, melancholischer werdend, mit einem letzten auftrumpfenden Trommelschlag auszuklingen.

Das Publikum jubelte und ließ sich auch von Titeln wie "Whiskey in the Jar", und "The Wild Rover" oder von temperamentvollen Reels zu regelrechten Beifallsstürmen hinreißen. "Ihr dürft gern auch tanzen", forderten die Rapparees ihre Zuhörer auf, und wer mutig genug war, tat das dann auch. Zuletzt konnte selbst Leierkasten-Chef Frank Striegler der mitreißenden Musik nicht mehr länger widerstehen und tanzte ein paar Takte mit.

Es wurde mitgesungen, mitgeklatscht, und beim letzten Lied, dem von der Fischverkäuferin Molly Malone in "Dublins Fair City", hielt es keinen der Zuhörer mehr auf der Kirchenbank. Es war ein Abend, an dem das Leben und die Freude an der Musik ausgiebig gefeiert wurden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: