Kriminalität:Dein Freund und Helfer mit dem Rundumblick

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Auch der Bereich vor dem Autoscooter auf dem Dachauer Volksfest wird videoüberwacht. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Polizei setzt heuer erstmals eine Videoüberwachungsanlage auf dem Dachauer Volksfest ein. Der Grund dafür ist, dass Sicherheitsstörungen in den vergangenen Jahren zugenommen haben. Was die Kameras alles einfangen.

Von Chiara Lorch, Dachau

Die Kamera ist klein und unscheinbar. Sie hängt ganz oben an der Fluchttreppe der Volkshochschule. Ausgerichtet ist sie auf den Autoscooter auf dem Dachauer Volksfest. Ein Infoschild am Bauzaun in direkter Nähe informiert Besucherinnen und Besucher darüber, dass der Bereich gefilmt wird. Die Aufnahme der Kamera flimmert währenddessen live über einen Bildschirm in einem Zimmer im ehemaligen Haus der Erwachsenenbildung. Dort befindet sich die Volksfestwache der Polizei. Die Beamten sehen alles, was vor dem Autoscooter passiert.

Erstmals arbeitet die Polizeiinspektion Dachau auf dem Volksfest mit einer Videoüberwachungsanlage. Vier Kameras sind an verschiedenen Stellen des Festgeländes installiert. Sie befinden sich an Orten, welche die Polizei als Problempunkte identifiziert hat, wie Eingänge zu den Bierzelten oder Durchgangsstraßen.

Grund für den Einsatz der Kameras ist, dass die Zahl der Sicherheitsstörungen, wie Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten, Angaben der Polizei zufolge auf dem Dachauer Volksfest in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Und auch heuer hatten die Beamten an manchen Tagen alle Hände voll zu tun. Bereits am ersten Tag des diesjährigen Volksfestes habe man mithilfe der Kameras eine „gefährliche Körperverletzung entdeckt und aufgezeichnet“, so Polizeihauptkommissar Florian Lipok. Den Täter, der das Opfer gegen den Kopf trat und schlug, konnte die Polizei mithilfe der Videoaufnahmen schnell finden.

„Wir müssen die Aufnahme manuell starten und wieder beenden“

Übertragen wird das Bild der vier Kameras auf zwei Bildschirmen im Polizeirevier auf dem Festgelände. Im ersten Stock des ehemaligen Erwachsenenbildungshauses, zwischen den Volksfestzentralen von BRK und Feuerwehr, befindet sich der Eingang zur Wache. Hier können sich Besucherinnen und Besucher auch direkt an die Polizei wenden und etwa um Hilfe bitten oder Anzeigen aufgeben.

In einem eher spärlich eingerichteten Zimmer befinden sich zwei Bildschirme, auf denen live zu sehen ist, was die vier Kameras einfangen. Der Bereich der Videoüberwachungsanlage ist von der Anmeldestelle des Reviers mit einer Trennwand abgegrenzt. Während der Einsatzzeiten sitzt ständig ein Polizist vor den beiden Bildschirmen und beobachtet das Geschehen auf der Thoma-Wiese. Auch steuert er die Kameras und koordiniert bei Bedarf Einsatzkräfte, die sich in der Menge befinden.

Fällt dem Beamten eine Sicherheitsstörung auf, also etwa Schubsereien oder Streitigkeiten, kann er manuell eine Aufnahme der Szene starten, um die Straftat zu dokumentieren. „Hierfür bedarf es in jedem Einzelfall einer Rechtsgrundlage“, teilt die Polizei Dachau schriftlich mit. Ergeben sich aus der beobachteten Szene polizeiliche Ermittlungen, werden die Aufnahmen an die Staatsanwaltschaft übergeben, ansonsten wird die Aufnahme einfach wieder gelöscht. Ist auf dem Gelände alles ruhig, wird das Bewegtbild der Kameras lediglich live übertragen, aber nicht aufgenommen.

Schwarze Balken über Privatgebäuden

Die Beamten können die Kameras schwenken und an eine Szene heranzoomen. Beim Schwenken der Kameras fällt auf, dass immer wieder schwarze Quadrate auf dem Bildschirm erscheinen und den Blick auf das Schloss, umliegende Häuser oder Wohnwägen versperren. „Das System legt automatisch schwarze Balken über Privatgebäude“, erklärt Lipok. Damit wird trotz der Videoüberwachung die Privatsphäre von Anwohnerinnen und Anwohnern sowie den Darstellenden geschützt. „Unser Einsatzbereich ist wirklich nur das Volksfestgelände“, ergänzt Polizeihauptmeister Michael Herrmann. Vor der Inbetriebnahme der Videoüberwachungsanlage wurde das System durch den bayerischen Landesdatenschutzbeauftragten geprüft.

Eine von vier Kameras auf dem Dachauer Volksfest. (Foto: Toni Heigl)
Polizist Florian Lipok sitzt vor zwei Bildschirmen, auf denen das Bewegtbild der Kameras übertragen wird. (Foto: Toni Heigl)
Er sieht, was an „Problempunkten“ passiert. (Foto: Toni Heigl)

Auf anderen Volksfesten hat die Polizei mit Videoüberwachungsanlagen gute Erfahrungen gemacht. Auf dem Straubinger Gäubodenfest oder dem Münchner Oktoberfest werden Kameras schon seit Jahren eingesetzt. Die Polizei erhofft sich eine präventive Wirkung der Kameras. „Menschen überdenken ihr Verhalten in Konfliktsituationen oder bevor sie Straftaten begehen, wenn sie wissen, dass Kameras vorhanden sind“, so Lipok.

Wie gut das funktioniert, lässt sich erst nach Ende des Volksfestes mit Sicherheit sagen. Am Dienstag kam es am Volksfest jedenfalls trotzdem zur sexuellen Belästigung von zwei 17-Jährigen, und auch dass ein 18-Jähriger einem Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes ins Gesicht schlug, konnte die Präsenz der Kameras nicht verhindern.

An das Cannabis-Verbot auf bayerischen Volksfesten, das seit 1. August gilt, scheinen sich die allermeisten Volksfestbesucher dagegen jedenfalls zu halten. Die Polizei habe bislang nur ein paar Fälle registriert, in denen jemand Marihuana konsumiert habe, heißt es. Wird jemand beim Kiffen erwischt, nimmt die Polizei die Personalien auf. Es droht dann eine Geldstrafe.

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