Dachau:Volksfest geräumt

Nach der Ankündigung extremer Unwetter entscheiden die Stadt Dachau, Polizei, Feuerwehr und BRK am Freitagabend, den Rummel auf der Ludwig-Thoma Wiese aus Sicherheitsgründen vorzeitig zu beenden

Von Christiane Bracht, Dachau

Die Volksfestgaudi auf der Dachauer Thomawiese hat am Freitagabend ein jähes Ende genommen: Die Ludwig-Thoma-Musikanten hatten den Gästen im großen Festzelt ordentlich eingeheizt, die Stimmung kochte auf dem absoluten Höhepunkt. Dreiviertel der Leute standen schon singend und tanzend auf den Bänken, als plötzlich das Licht anging, die Musik aufhörte und der Zapfhahn abgedreht wurde. "Viele wussten erst gar nicht, was los ist", sagt Wirt Ewald Zechner. Doch die Bedienungen und der Sicherheitsdienst erklärte es den Feiernden schnell: Die Stadt hatte das Fest um 21.45 Uhr beendet.

Dachau: Musik aus, Licht an, Bänke hoch: Innerhalb von einer halben Stunde waren die Zelte am Freitagabend wie schon beim Orkan 2004 leer. Archivfoto: Stefan Salger

Musik aus, Licht an, Bänke hoch: Innerhalb von einer halben Stunde waren die Zelte am Freitagabend wie schon beim Orkan 2004 leer. Archivfoto: Stefan Salger

(Foto: DAH)

Draußen tobte ein heftiges Unwetter: Sturmböen rissen Äste von den Bäumen und zerrten an den Zeltwänden, der Regen prasselte und die Blitze zuckten im Sekundentakt am Himmel. Die Verantwortlichen fühlten sich sofort an den Orkan von 2004 erinnert, als auf dem Volksfest ein Zeltdach weggerissen wurde und sich 15 Personen verletzten. "Damals war das sehr überraschend", erinnert sich Stefan Kosuch, Chef des Sicherheitsdienstes im großen Zelt. "Das Unwetter war plötzlich da. Zu einer Räumung hatten wir gar keine Chance." Aus dieser Erfahrung haben wohl alle gelernt. Schon am Nachmittag hatte der Deutsche Wetterdienst heftige Gewitter vorhergesagt. Zechner und viele andere beobachteten deshalb schon Stunden vorher bang den Regenradar. "Ich habe schon auf diese Entscheidung gewartet", sagt der Wirt und betont, dass die Stadt richtig gehandelt habe, auch wenn Dachau in dieser Nacht nur vom Unwetter gestreift wurde.

Amt Vier

Die Sicherheit der Volksfestbesucher stand für den städtischen Amtsleiter Max haberl absolut im Vordergrund.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Nicht jeder kam zu dieser Einsicht, in den sozialen Medien und auch am Abend beklagte sich manch einer, wie unnötig die Räumung des Festplatzes gewesen sei. Amtsleiter Max Haberl erklärt deshalb in einer Pressemitteilung noch einmal die Hintergründe. Der Deutsche Wetterdienst habe vor extremen Unwettern gewarnt (höchste Warnstufe). Man rechnete sogar mit Windböen bis zu 120 Stundenkilometern. Das hält kein Zelt aus. Die Bauordnung schreibt sogar explizit vor, dass die Bewirtschaftung in Zelten bei Windgeschwindigkeiten von 74 Stundenkilometern an beendet werden muss. Nach der Information der Meteorologen hatte die Stadt um 21.15 Uhr den Krisenstab des Volksfestes zusammengerufen. Polizei, Feuerwehr, Bayerisches Rotes Kreuz (BRK) und die Veranstalter berieten sich kurz. Dann trommelte man schnell die Einsatzkräfte zusammen, bevor der Funkspruch an die Zelte und Schausteller hinausging.

Volksfest 2015

Festwirt Ewald Zechner betonte, dass die Stadt richtig gehandelt habe.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

"Die Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen, da die Stimmung trotz des schon zu diesem Zeitpunkt starken Regens zumindest in den Zelten fantastisch war", so Haberl. Als er die Entscheidung bekannt gab, wurden am Flughafen München bereits Windböen mit Geschwindigkeiten von 110 Stundenkilometern gemessen. "Um die Sicherheit der Besucher vor dem angekündigten weiteren Unwetter zu gewährleisten, haben wir uns für die unangenehme, aber notwendige Variante entschieden", so Haberl.

Etwa 3500 Leute feierten allein im großen Zelt und mussten nun eilends hinaus in den Regen komplimentiert werden - eine Stunde früher als sonst. Eine Durchsage gab es nicht, was viele bemängelten. "Wir wollten keine Panik auslösen", erklärte Zechner. "Es hat auch so wunderbar funktioniert." Innerhalb von einer halben Stunde sei das Zelt leer gewesen - ohne Gedränge, ganz geordnet. In den kleineren Zelten ging die Feuerwehr mit Megaphonen durch, um die Leute zum Gehen zu bewegen. Am Ende standen bis zu 10 000 Besucher auf dem Platz. Viele drängten sich unter dem Dach des Autoscooters, um nicht nass zu werden. Doch der Sicherheitsdienst zeigte sich erbarmungslos. Das Gelände musste geräumt werden. Kurz nach 23 Uhr war der Platz leer.

Das BRK musste keinen einzigen Verletzten behandeln - "jedenfalls nicht wegen des Sturms oder der Räumung", erklärte Einsatzleiter Dieter Ebermann. "Ich bin froh, dass alle gesund nach Hause gekommen sind", sagt Festwirt Zechner. "Es geht nicht immer nur um Hektoliter und Geld."

Feuerwehr und Polizei hatten in der Nacht alle Hände voll zu tun: Umgestürzte Bäume und vollgelaufene Keller hielten sie in Atem. In der Kufsteiner Straße in Dachau fiel ein Baum aufs Haus. Und gegen 23 Uhr musste die Feuerwehr einen Landeplatz für den Hubschrauber des Amperklinikums ausleuchten. Gut 30 Einsätze zählte die Kreisbrandinspektion im südlichen Landkreis. Die S-Bahn fiel ebenfalls 40 Minuten aus. Für die auswärtigen Festbesucher war das ein echtes Ärgernis.

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