MeinungMitten auf dem Volksfest:Über Geschmack lässt sich streiten

Glosse von Jacqueline Lang

Lesezeit: 2 Min.

Seit dem vergangenen Jahr wird im großen Festzelt auf dem Dachauer Volksfest nur noch Augustiner vom Fass ausgeschenkt. (Foto: Toni Heigl)

Zwei Dachauer Stadträte fordern, dass im großen Festzelt wieder Festbier ausgeschenkt wird, weil sonst angeblich das Alleinstellungsmerkmal fehlt. Nur: Das gibt es sehr wohl.

Man kann es sich natürlich leicht machen: Man sagt einfach, dass es doch wohl wahrlich Wichtigeres gibt als die Frage, welches Bier auf dem Dachauer Volksfest ausgeschenkt werden soll. Zack, Totschlagargument. Diskussion beendet.

Man kann sich aber stattdessen auch mal darauf einlassen und sich anhören, was jene zu sagen haben, die dafür plädieren, dass es wieder ein Festbier im großen Festzelt geben sollte. Namentlich sind das vor allem Markus Erhorn (Freie Wähler Dachau) und Wolfgang Moll (Wir). Ihres Zeichens sind sie Dachauer Stadträte – und als solche dazu befugt, ihre Krittelei in Anträge gießen.

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In einem aktuellen Schreiben monieren die beiden, dass im großen Festzelt nur noch Augustiner-Helles ausgeschenkt wird, seitdem die Münchner Brauerei dort übernommen hat. Dabei handle es sich um dasselbe Bier, das man auch überall sonst bekomme. „Dadurch hat das Dachauer Volksfest leider ein Alleinstellungsmerkmal verloren“, lautet die Kritik. Denn, so heißt es weiter: „Zu einem traditionsreichen Volksfest wie dem unseren gehört auch ein entsprechendes Bier.“ Moll und Erhorn fordern daher, die Ausschreibungskriterien zu ändern, sodass nur noch Festbier ausgeschenkt werden darf. Freilich nicht mehr für das diesjährige Volksfest, der erste Schwung Augustiner-Fässer wartet auf der Thoma-Wiese ja längst auf den großen Auftritt.

Auch mit Blick in die Zukunft müsste man angesichts dieser Ausführungen aber fast annehmen, den beiden Brauchtumsexperten würde das Augustiner-Helle nicht schmecken. Doch mitnichten: Das Bier sei, schreiben sie auf Facebook „ohne Frage süffig und qualitativ äußerst hochwertig“. Allein das Alleinstellungsmerkmal fehle eben. Und sie haben Fürsprecher. Diese können auf Facebook nicht mal dem Umstand etwas abgewinnen, dass das Bier im großen Festzelt aus dem Holzfass kommt. Was die Frage aufwirft: Seit wann geht’s beim Bier eigentlich nicht mehr in erster Linie um den Geschmack?

Alleinstellungsmerkmal: alkoholfreies Augustiner-Helles

Wobei, na klar: Auch ein eigens für das Dachauer Volksfest gebrautes Festbier könnte munden, Holzfass hin oder her. Andererseits hat es aber vermutlich schon so seine Gründe, warum Augustiner ganz ohne Werbung über die Grenzen des Freistaats hinaus ein Verkaufsschlager ist – und neuerdings sogar die alkoholfreie Variante einen regelrechten Hype auslöst. Man darf sogar mutmaßen, dass für eine Mass Alkoholfreies der ein oder andere dem Dachauer Volksfest einen Besuch abstattet.

Womit man wieder bei der Sache mit dem Alleinstellungsmerkmal wäre: Laut Oberbürgermeister Florian Hartmann ist Dachau nämlich neben der Münchner Wiesn das einzige Volksfest, auf dem Augustiner sein alkoholfreies Bier noch ausschenkt. Ginge es also wirklich um ein Alleinstellungsmerkmal, könnte man an dieser Stelle auch getrost sagen: Auftrag erfüllt, Diskussion beendet, Prost!

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