Mitten auf dem Volksfest:Das Lachen der anderen

Mitten auf dem Volksfest: Die Hölle, das sind die anderen. Doch ein Volksfest im Vorgarten, wer hat das schon?

Die Hölle, das sind die anderen. Doch ein Volksfest im Vorgarten, wer hat das schon?

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Für die Besucher ist das Dachauer Volksfest eine super Gaudi, für Anlieger der Thoma-Wiese eher ein Supergau. Bei ständiger Beschallung erleben sie schlaflose Nächte. Der einzige Ausweg: selbst rein ins Getümmel.

Glosse von Niels P. Jørgensen, Dachau

Endlich wieder Volksfest - und alle haben sich darauf gefreut. Wirklich alle? Während Besuchermassen den Festplatz stürmen, haben viele Anlieger die Flucht ergriffen. Diejenigen, die - wie der Verfasser dieser Zeilen - bleiben müssen, erleben eine harte Zeit. Kreischende Teenager in den Fahrgeschäften sind dabei nicht das Schlimmste, die wummernden Bässe aus einigen Bierzelten machen jedes Lärmschutzfenster obsolet. Aus manchen Zelten dröhnt es so laut, dass selbst gute Freunde sich anbrüllen müssen, als wollten sie gleich eine Schlägerei anfangen. Gibt es einen geheimen Wettbewerb zwischen den Musikern? Nach dem Motto: "Je schlechter die Schlager desto lauter der Sound?" Manche treiben es so weit, dass die benachbarten Karussellbetreiber ihre eigenen Durchsagen nicht mehr verstehen.

Der einzige Ausweg: selbst rein ins Getümmel, eine Mass Wiesnbier beruhigt hoffentlich die Nerven und nach Betriebsschluss wird es ja still. Man kann endlich wieder die Fenster öffnen, ohne Sauerkrautdampf lüften und ein paar Stunden schlafen. Oder auch nicht. Nachts um drei kommen plötzlich Klopfgeräusche vom Festplatz. Der Ursprung ist nicht feststellbar. Wurde etwa ein Fahrgast in der Geisterbahn vergessen? Das kann eigentlich nicht sein, es gibt ja dieses Jahr keine. In der nächsten Nacht der gleiche Lärm, die Quelle endlich identifiziert: Ein Putzmann rumpelt durch ein Festzelt. Das darf er nicht. Bis morgens um sechs muss auf dem Platz die Arbeit ruhen. Die Beschwerde beim Wirt bringt eine Verschiebung, aber immer noch keine Nachtruhe.

"Dann geh' halt in Urlaub!"

Nach drei Tagen scheint das Problem endlich im Griff zu sein, aber der ersehnte Schlaf bleibt wieder verwehrt: Einige Schausteller und Bedienungen feiern auf dem Platz eine lautstarke Geburtstagsparty. Als sich um 2.45 Uhr ein Anlieger beschwert, wird er nur ausgelacht: "Dann geh' halt in Urlaub!" Bis kurz vor vier saufen die Störer weiter, danach liegt ein Haufen Scherben im Vorgarten des Beschwerdeführers.

Eigentlich hat man nichts gegen das Volksfest, ist selbst fast jeden Abend dort zu Gast. Aber nach harten Nächten ohne Schlaf verändert sich der Blick auf die Dinge. Die ersten Nachbarn diskutieren schon über die Kostenteilung einer Sammelklage. Man selbst träumt von einer Wiesn, bei der es nicht darum geht, immer größer, schneller und lauter zu werden, sondern gemeinsam und entspannt Spaß zu haben. Man könnte sogar mit dem Tischnachbarn ein paar freundliche Worte wechseln.

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