Volksfest:Endspurt beim Aufbau: Dachauer Volksfest bekommt letzten Feinschliff

Volksfest Aufbau

Der Aufbau der Bühnentechnik im Festzelt läuft auf Hochtouren.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Zwei Wochen aufbauen, zehn Tage feiern. 300 000 Besucher werden auf dem Volksfest Dachau erwartet. Die Veranstalter schätzen das besondere Miteinander.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Thomas Drexler beißt auf einen Kabelbinder, greift mit den Händen jeweils eine Hopfenrebe und schreitet über den Boden, der nach Holz riecht. Hätte der 59-Jährige einen dritten Arm, würde er wahrscheinlich die Leiter darunter klemmen. Hat er aber nicht. Also geht Drexler den Weg vom einen zum anderen Ende des Festzeltes zweimal, um die Leiter zu holen. Er umkurvt damit die Arbeiter, die gerade die Bühnentechnik für die Party-Band Ois Easy aufbauen. Dann steigt er die Stufen hinauf zur Zeltdecke, dem sogenannten Himmel der Bayern. Dort befestigt er mit dem Kabelbinder den Dekorationshopfen aus Wolnzach in der Hallertau, dessen Grün heller ist als bei normalen Hopfen und der aussieht wie ein Rosenkohl.

Drexler, der seit mehr als 20 Jahren die drei Festzelte auf dem Dachauer Volksfest für die Spatenbrauerei dekoriert, ist dafür zuständig, dass das Gesamtbild auf dem Volksfest stimmt. Und dabei spielen die kleinen Details eine große Rolle. Er selbst sagt: "Dadurch kommt Stimmung in die Zelte."

Das Dachauer Volksfest 2019 startet am Samstag, 10. August

In weniger als 72 Stunden wird Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) im Großen Festzelt mit einem Schlegel auf ein Bierfass einschlagen und mit dem Anzapfen das Dachauer Volksfest offiziell eröffnen. Doch jetzt, an diesem Mittwochvormittag laufen die Aufbauarbeiten auf der Ludwig-Thoma-Wiese noch auf Hochtouren. Lkws parken kreuz und quer oder tuckern über die Straße, um etwa Getränke, Essen, Geschirrspüler oder Kühlschränke anzuliefern. Die Schausteller werkeln an ihren Buden, um ihnen den letzten Feinschliff zu verpassen. Einer poliert die Autoscooter.

Im Festzelt arbeiten mehr als 20 Mann daran, die Bühnentechnik zum Laufen zu bringen. Sie schieben Musikboxen durch Stapel von Biertischgarnituren, die erst am Donnerstag aufgestellt werden - 390 Tische im Zelt, 180 draußen. Ewald Zechner blickt auf den Verhau, der sich vor ihm auftut. Der Festwirt gibt zwar zu, aufgeregt zu sein - das ist er immer in den Tagen, bevor die Dachauer Wiesn beginnt. Doch die letzten Aufbauarbeiten beobachtet er mit der Gelassenheit eines Routiniers. Alles laufe reibungslos, sagt Zechner. Der Zeitplan stehe. "Das sieht alles nur wild aus, sind aber Kleinigkeiten."

Was Michel Schneider und sein Team am südwestlichen Teil der Thoma-Wiese zusammenschrauben, ist eine ziemlich riesige Kleinigkeit. Schneider ist Inhaber des "Pirate Adventures", ein Fahrgeschäft, das aussieht wie ein Piratenschiff und zum ersten Mal in Dachau Station macht. Schneider drückt mit dem Fuß eine Querstange in die Fassung und weist seine vier Mitarbeiter an, was sie unter die Stangen legen sollen: "Hier Pyramide, hier Pyramide, hier Holz, hier Holz." Er schreit rüber zum Kollegen, der gerade die Leuchtstoffröhren putzt: "Mach mehr Wasser und weniger Priel." Schneider kommt aus einer Schaustellerfamilie aus Lippstadt in Nordrhein-Westfalen, er ist die sechste Generation. 18 Mal pro Jahr baut er das Piratenschiff, über dem ein Hai schwebt, auf Volksfesten in Deutschland auf. Anfang der Woche ist er mit vier Schwertransportern in der Großen Kreisstadt angekommen. Mehr als 600 Kilometer haben sie zurückgelegt, nach Dachau zieht die Karawane weiter nach Regensburg. Es ist ein logistischer Wahnsinn.

Die Laune bei den Schaustellern ist gut, so kurz vor dem Volksfeststart, auch wenn die meisten derzeit mehr als zwölf Stunden pro Tag arbeiten. So wie Lothar Herrmann und seine Frau. Konditormeister Herrmann verkauft an seiner Strudl-Alm Strudelgebäck in allen möglichen Varianten. Gerade befestigt das Ehepaar noch ein paar Lichterketten, verlegt Strom und putzt das Equipement. Von acht Uhr früh bis 22 Uhr abends seien sie derzeit hier, um alles vorzubereiten. "Und zwischen drei und fünf Uhr ist Kino im Kopf", sagt Herrmann, der alle seine Strudel selber bäckt. Das schwierigste für die Schausteller zu Volksfestzeiten ist vielleicht das Abschalten. Auch Andrea Schneider, Wirtin des Ziegler-Zelts, ist etwas geschlaucht angesichts des Arbeitsmarathons der vergangenen zwei Wochen. "Die jährliche Action", sagt sie. Man müsse manchmal schwierige Phasen überwinden. "Aber am Ende wird immer alles gut."

Die Stadt Dachau rechnet auch heuer wieder mit mehr als 300 000 Besuchern

Die Stadt Dachau rechnet auch heuer wieder mit mehr als 300 000 Besuchern, die vom Start des Volksfestes am Samstag, 10. August, bis Montag, 19. August, auf die Ludwig-Thoma-Wiese kommen werden. Schon am Freitag, 9. August, tritt die Band Ois Easy im Festzelt auf. Gitarrist und Frontmann Helly Strasser ist beim Aufbau der Bühnentechnik im Wert von zwei Millionen Euro mit dabei. Er fiebert dem Auftritt mit seiner Band natürlich entgegen. Das Konzert sei restlos ausverkauft, sagt er. 400 Menschen stehen auf der Warteliste und würden gerne einen der 3800 Plätze übernehmen. "Mehr geht nicht", sagt Strasser.

Bei aller Gaudi: Das Wichtigste ist, dass alles friedlich und sicher abläuft. Der TÜV überprüft deshalb auch alle Fahrgeschäfte. Am Mittwoch klettert ein Mitarbeiter den "XXL Höhenrausch" hinauf, bei dem eine Gondel bis zu 40 Meter in die Luft schwingt. Für den gemütlicheren Kick empfiehlt sich der Express "Rund um den Tegernsee", bei dem 32 Wagen mit 23 Kilometer pro Stunde um ein riesiges Becken kreisen, in dem Plastikfische schwimmen. In dieser Miniaturvariante des Tegernsees steht jetzt Christopher Zettl und fixiert eine Schutzverkleidung an den Beckenrand, damit sich niemand verletzen könne, sagt er. Der Aufbau laufe ziemlich entspannt. Er und seine vier Mitarbeiter hätten eine große Routine. Das Fahrgeschäft ist ein Klassiker, seit 54 Jahren kreiseln damit Menschen um den kleinen nachgebauten Tegernsee. Das Einzige, was Zettl Probleme bereitet, sind seine Füße. Die seien schon ziemlich schrumplig von der ganzen Steherei im See, sagt er.

Die Wirte, Schausteller und Fahrgeschäftsbetreiber sind eine große Familie, die alljährlich auf dem Dachauer Volksfest zusammenkommt. So sieht das auch Thomas Drexler. Er muss es wissen. Er hat schon unzählige Volksfeste für die Spatenbrauerei dekoriert. Aber "das soziale Miteinander" der Beteiligten sei in Dachau schon bemerkenswert. Das übertrage sich auch auf die Besucher. "Ich glaube, das Volk lebt in Dachau mit dem Volksfest." Jetzt aber muss Drexler weiterarbeiten. Insgesamt 40 Hopfenreben will er in den Zelten verlegen. Für das Gesamtbild und damit es endlich losgehen kann.

Zur SZ-Startseite

Glückshafen
:Warum Kinder auf dem Dachauer Volksfest keine Lose mehr kaufen dürfen

Entscheidend für das Verbot der Bezirksregierung ist die Höhe der Einnahmen - in Dachau liegen sie über einer Grenze. "Wir werden rechtlich behandelt wie ein Spielcasino", sagt der Oberbürgermeister.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: