Süddeutsche Zeitung

Dachau:"Ein Stück Kulturgut"

Beim Dachauer Volksfest 2022 wird wieder ein Feuerwerk in die Luft gehen. Die Stadträte lehnen den Antrag von Wolfgang Moll ab, der eine Absage des Spektakels gefordert hatte.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Beim Karlsfelder Siedlerfest pfiffen in der vergangenen Woche die Raketen in die Luft. Über dem Olympiapark in München wird am kommenden Samstagabend der Himmel brennen, wenn die Stadt mit dem "Sommernachtstraum" das laut Veranstalter "größte Feuerwerk Deutschlands" abfeuern wird. Und jetzt steht fest: Auch das Dachauer Volksfest wird Mitte August nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause mit einem Knall zurückkehren: Das Großfeuerwerk über der Ludwig-Thoma-Wiese, es findet statt. Geplant ist es für Donnerstag, 18. August. Es wird im Hofgarten des Schlosses entzündet, bei Einbruch der Dunkelheit.

Die Dachauer Stadträte haben am Mittwochnachmittag in der Sitzung des Kulturausschusses mehrheitlich entschieden, das Spektakel stattfinden zu lassen. Die Fraktionen von SPD, Grüne, CSU, ÜB/FDP, BfD/FWD und AfD sprachen sich für das Feuerwerk beim Volksfest aus. Nur Bürgermeister Kai Kühnel und Sophia Beljung (beide von Bündnis/Linke - Die Partei) waren dagegen.

"Die Kommune sollte mit gutem Beispiel vorangehen"

Dass die Stadträte überhaupt darüber abstimmen mussten, lag am fraktionslosen Stadtrat Wolfgang Moll (Wir). Dieser hatte zuvor per Antrag gefordert, das Spektakel abzusagen und das gesparte Geld Kultur- und Sportvereinen in Dachau zugutekommen zu lassen - nach Angeben der Stadt kostet das Großfeuerwerk rund 11 500 Euro. Zudem forderte Moll, dass sich die Stadt für die kommenden Jahre eine Alternative zum Feuerwerk beim Volksfest überlegen sollte, zum Beispiel eine Lasershow.

Moll hat keinen Sitz im Kulturausschuss, durfte aber als Antragsteller vor der Abstimmung noch einmal seine Argumente wiederholen. "Mir ist bewusst, dass ich mich bei Traditionalisten auf dünnem Eis bewege", sagte der Präsident des TSV Dachau 1865. Ihm gehe es nicht ums Geld und er wolle auch nicht als "Spaßbremse" auftreten. Doch es stelle sich für ihn die Frage: "Ist ein Feuerwerk in einem so urbanen Gebiet noch zeitgemäß?" Moll verwies auf die Trockenheit im Sommer, die ein Feuerwerk gefährlich mache, auf den Umweltschutz und die entstehende Feinstaubbelastung ("Die Kommune sollte mit gutem Beispiel vorangehen"). Sowie auf den Krieg in der Ukraine: In seinem Antrag schrieb Moll, man müsse auf die womöglich traumatisierten Menschen Rücksicht nehmen, die vor Bomben und Raketen aus der Ukraine nach Dachau geflüchtet seien.

"Wenn dann machen wir es traditionell oder gar nicht"

Schon 2019 versuchte Moll, das Feuerwerk auf dem Volksfest per Antrag zu verhindern. Damals scheiterte er. Und auch jetzt unterstützten mit Kühnel und Beljung nur zwei Stadträte seinen erneuten Vorstoß. Volksfestreferent Robert Gasteiger (BfD/FWD) sprach von einem "ganz lustigen Antrag einer Partei, die sich sonst Kultur auf die Fahnen schreibt". Er verwies auf die lange Tradition des Feuerwerks - dieses lässt sich seit 1934 nachweisen, dürfte aber schon davor Bestandteil des Volksfestes gewesen sein. Gasteiger lehnt eine Lasershow als Alternative strikt ab. "Wenn dann machen wir es traditionell oder gar nicht", sagte er. Gasteiger sowie Volker C. Koch (SPD) brachten vor, dass das Feuerwerk auch für die durch die Pandemie gebeutelten Schausteller von Bedeutung sei, weil an diesem Tag mehr Besucher auf der Thoma-Wiese unterwegs seien. Auch Tobias Stephan (CSU) argumentierte mit Blick auf die Tradition: "Das Feuerwerk ist ein Stück Kulturgut", sagte er. Zudem finde der Sommernachtstraum in München auch in einem sehr urbanen Bereich statt. "Dann muss es bei uns auch möglich sein." Der einzige Grund für eine Absage des Feuerwerkes sei, wenn die Feuerwehr es aufgrund von Trockenheit für zu gefährlich halte.

2015 sagte die Stadt das Feuerwerk im Rahmen des Volksfestes genau deshalb erstmals komplett ab. Der Deutsche Wetterdienst hatte damals vor einer erhöhten Waldbrandgefahr durch die extreme Trockenheit und anhaltende Hitze gewarnt. Beim Abbrennen von Feuerwerkskörpern bestehe deshalb ein unkalkulierbares Risiko, begründete die Stadt 2015 die Absage. Jetzt, sieben Jahre später, könnte dem Feuerwerk wieder eine Hitzewelle und Trockenheit in die Quere kommen. Wegen einer steigenden Gefahr vor Waldbränden lässt die Regierung von Oberbayern den Landkreis Dachau seit Mittwoch aus der Luft überwachen. Der Countdown läuft: noch 29 Tage bis zum Volksfest in Dachau.

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