Süddeutsche Zeitung

Dachau:Verkehrspolitik mit vertauschten Rollen

Zuerst forderte die CSU die Sperrung der äußeren Konrad-Adenauer-Straße, jetzt setzt die SPD diese Lösung durch

Von Petra Schafflik, Dachau

Bäumchen wechsle dich: Bei der Frage, wie das MD-Quartier in der Stadt Dachau für den Verkehr erschlossen werden soll, haben CSU und SPD im Stadtrat jetzt plötzlich ihre Positionen getauscht. Im November 2014 hatten sich nach der Präsentation verschiedener Varianten der Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD), seine Fraktion und die Verwaltung noch für eine Einbahnregelung in der äußeren Konrad-Adenauer-Straße ausgesprochen. Der CSU-Fraktion ging das nicht weit genug. Sie plädierte für eine sogenannte Umweltverbundachse, die den Kfz-Verkehr auf dem kurzen Straßenstück komplett aussperrt. Nachdem Verkehrsexperte Christian Fahnberg nun die beiden konkurrierenden Vorschläge erneut durchgerechnet hatte, waren sich die Stadträte weiter uneinig. Allerdings mit vertauschten Rollen.

Jetzt plädierten der Oberbürgermeister, SPD, Bündnis, Grüne und ÜB für die Umweltverbundachse, während die CSU eine weitere, die "Variante 1,5" ins Spiel brachte. Sie sieht eine Einbahnregelung plus Rechtsabbiegeverbot vom Fabrikberg stadteinwärts vor. In einer Kampfabstimmung billigte der Umwelt-und Verkehrsausschuss des Stadtrats gegen das Votum von CSU, FW und Bürger für Dachau (BfD) jedoch die Umweltverbundachse. Bei der Entwicklung des ehemaligen MD-Fabrikgeländes muss auch geklärt werden, wie das Stadtviertel für den Verkehr erschlossen werden soll. Das zentrale, innerstädtische Areal am Fuße der Altstadt ist umgeben von viel befahrenen Durchgangsstraßen, alle Kreuzungen rundum sind bereits massiv belastet. Wohin mit den 12 000 zusätzlichen Autofahrten täglich, die das MD-Quartier laut Prognose bringen wird? Diese Frage soll rechtzeitig ein Verkehrskonzept beantworten, damit in der Bauleitplanung die notwendigen Flächen für Straßen, Wege und Kreuzungspunkte freigehalten werden können. Im Fokus der Verkehrsplaner stand das Ziel, Altstadt und MD-Gelände bestmöglich zu verbinden, die Anbindung vor allem für Fußgänger attraktiv zu gestalten. Genau deshalb geriet das kurze Teilstück der äußeren Konrad-Adenauer-Straße zwischen Fabrikberg und Zwingereck ins Blickfeld. Denn jede Einschränkung für den Autoverkehr dort, bringt mehr Raum für andere Verkehrsteilnehmer. Und auch mehr Zeit beim Überqueren der Kreuzung: Weniger Verkehrsachsen bedeuten weniger Ampelphasen.

Aber wie viel an Beschränkung ist richtig? Verkehrsreferent Volker C. Koch (SPD) sprach sich jetzt, nachdem konkrete Zahlen für beide Varianten vorlagen, für die Umweltverbundachse aus, also die komplette Sperrung des Autoverkehrs. Diese Variante leite möglichst viel Verkehr in die neue Straße, die im MD-Quartier am Bahngleis entlang zwischen Osten- und Freisinger Straße verlaufen wird. Allerdings wird es auch zu einer Verkehrsverlagerung in die Mittermayer- und Augsburger Straße kommen. Denn wer von der Altstadt nach Dachau-Ost möchte, wird gleich über die Mittermayerstraße, statt die Konrad-Adenauer-Straße fahren und dann auf Höhe des Fabrikbergs links abbiegen. Genau das bereitet der CSU Sorge. "Unser Anliegen war, Augsburger - und Mittermayerstraße nicht noch mehr zu belasten", sagte Gertrud Schmidt-Podolsky (CSU). Aber letztlich sei das egal. Schmidt-Podolsky war sich mit Norbert Winter (BfD) einig, dass ein Durchfahrtsverbot nicht kontrollierbar sei, solange die Anfahrt zu Kindergarten und Tiefgarage dort für Anlieger frei bleibt.

Dagegen erinnerte Fahnberg die Stadträte an das 2012 verabschiedete Verkehrsleitbild. "Sie haben Beschlüsse gefasst, Fußgänger und Radverkehr zu fördern." Mit nur einer Stimme Mehrheit wurde die Umweltverbundachse beschlossen. Einstimmig gebilligt wurden die Vorschläge für die fünf Kreuzungen rund ums MD-Gelände: eine Ampel an der Einmündung der Ostenstraße zur Ludwig-Thoma-Straße, einen Minikreisverkehr an der Einmündung der Bahnrandstraße in die Ostenstraße und der Ausbau der Kreuzung Freisinger, Konrad-Adenauer- und Etzenhausener Straße zu einem Kreisverkehr.

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Quelle:
SZ vom 30.11.2015
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