SZ-Kulturpreis Tassilo:Klassikkonzerte ohne Klassenschranken

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Gemeinsam mit Julian Riem gibt Klarinettist Georg Arzberger ein Konzert bei freiem Eintritt in der Kulturschranne. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Der Dachauer Klarinettist Georg Arzberger organisiert das "Musikfest Blumenthal". Es ist nicht nur hochkarätig besetzt, sondern auch klimaneutral und präsentiert Klassik sozial gerecht: Jeder soll nur so viel zahlen, wie er kann.

Von Renate Zauscher, Dachau

Menschen zur Musik hinzuführen, sie für Musik zu begeistern, das ist für Georg Arzberger eine Herzensangelegenheit. Der Dachauer ist Klarinettist und Professor für Klarinette an der Hochschule für Musik und Theater in München. Seit den Anfängen seiner Berufstätigkeit als Musiker setzt sich der 41-Jährige dafür ein, Musik für jeden und jede, auch und gerade abseits städtischer Eliten und elitärer Aufführungsorte, erlebbar zu machen. Nun ist er für den Tassilo-Preis der Süddeutschen Zeitung nominiert.

Mit seinem Ziel im Kopf, Musik für alle erlebbar zu machen, hat Arzberger eine Reihe von Projekten initiiert, zuletzt das "Musikfest Blumenthal". Heuer findet es Ende Juli zum dritten Mal im Schloss Blumenthal bei Aichach statt. Dort werden über vier Tage lang nicht nur Konzerte mit hochkarätigen Interpreten angeboten: Bei dem Festival geht es Arzberger und seinem Team auch ganz explizit um klima- und gesellschaftspolitische Aspekte. So wird es heuer erstmals keine festen Ticketpreise mehr geben. Jeder kann nach Ende einer Veranstaltung das geben, was er kann und möchte.

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Der Wunsch, einem breiten Publikum das Erleben von Musik auf hohem Niveau zu ermöglichen, hat viel mit Georg Arzbergers Werdegang zu tun. Der gebürtige Aichacher, der in Sielenbach, einem Dorf bei Aichach, aufwuchs und heute mit seiner Familie in Dachau lebt, kommt aus einer Handwerkerfamilie. Dort wurde das Erlernen eines Instruments von den Eltern zwar gefördert und unterstützt, klassische Musik spielte aber keine größere Rolle.

Damit kam Arzberger erst später in Berührung: zunächst als Schüler der Aichacher Musikschule und vor allem als Mitglied des Musikkorps der Luftwaffe im Zuge seines Wehrdienstes, außerdem als Jungstudent bei Harald Harrer am Leopold-Mozart-Konservatorium in Augsburg und ab 2001 während seines Studiums bei Martin Spangenberg in Weimar. In seiner Studienzeit war Arzberger auch Mitglied der Jungen Deutschen Philharmonie.

Es folgten elf intensive, prägende Jahre als Orchestermitglied der Deutschen Oper in Berlin, eine Professur an der Hochschule für Musik in Karlsruhe, ehe Arzberger 2019 in gleicher Position nach München wechselte.

"Wir brennen für gute Musik."

Schon während seiner Zeit in Berlin hat er viel für seine Heimatstadt getan. Zusammen mit seinem Bruder Max Arzberger hat er in Aichach eine Konzertreihe initiiert, die erst durch einen Corona-Lockdown beendet wurde. Mittlerweile profitiert auch Dachau von Arzbergers unermüdlichem Engagement für die Musik. Gemeinsam mit dem Pianisten Julian Riem hat er im Thoma-Haus eine neue CD eingespielt, diese wurde vor Kurzem in der Dachauer Kulturschranne bei freiem Eintritt vorgestellt. Und im Mai wird es am gleichen Ort ein Konzert mit Studierenden der Musikhochschule München geben.

Mit dem Festival im Schlossensemble Blumenthal mit seiner ganz besonderen Atmosphäre erfüllt sich Arzberger einen persönlichen Traum. In diesem Jahr soll es noch mehr ein Fest für die ganze Familie werden - eines, in das Kinder und junge Erwachsene aktiv eingebunden werden.

So wird es eine für Kinder konzipierte Fassung der 6. Sinfonie von Beethoven geben und ein "Education-Projekt" für Jugendliche, bei dem sie gemeinsam mit dem Festival-Orchester Camerata Vitilo musizieren. Mitglieder des Orchesters sind Freunde und Kollegen von Arzberger aus führenden Ensembles und Orchestern aus ganz Deutschland, die in Blumenthal zusammenkommen und für Gagen auftreten, die weit unter dem liegen, was sie andernorts bekommen würden.

Beim Musikfest Blumenthal 2022 musiziert Georg Arzberger (rechts) mit dem Mandelring Quartett. (Foto: Ralf Dombrowski)

"Wir brennen für gute Musik", sagt Georg Arzberger. Aber es ist nicht nur die Qualität des Musizierens, die schon in den beiden Vorjahren für großes Publikumsinteresse und hervorragende Kritiken gesorgt hat - es geht ihm und seinem Team um mehr. "Gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen ist für uns ein großes und wichtiges Anliegen", betont der Musiker. Zu seinem Festivalkonzept gehört der Gedanke, dass die Teilnahme - auch in Zeiten von Inflation, Energiekrise und Geldsorgen vieler Menschen - für alle möglich sein soll.

So werden etwa in Zusammenarbeit mit der Caritas Freikarten für bedürftige und junge Menschen verschenkt. Vor allem aber soll das neue Ticketing-System für Chancengleichheit sorgen: Statt fester Eintrittspreise zahlt man am Ende einer Veranstaltung nur das, was man erübrigen kann und will. Arzberger hofft, dass das Finanzierungskonzept trotz des Wagnisses, das man mit diesem System eingeht, aufgeht: Denn noch ist die die Finanzierung des Festivals nicht vollständig gesichert, nach wie vor sucht man nach Sponsoren.

Festival soll klimaneutral ablaufen

Arzberger und seine Mitstreiter sehen sich ebenfalls in der Verantwortung, den Klima- und Umweltschutz verstärkt ins Bewusstsein der Menschen zu rücken und selbst entsprechend zu handeln. Deshalb soll das Festival, für das der Verein "Musikfest Blumenthal" als Träger fungiert, klimaneutral ablaufen. So werden die Musiker und Musikerinnen per Bahn anreisen. Der dadurch verursachte CO₂-Ausstoss soll anschließend berechnet und durch Aufforstungsprojekte ausgeglichen werden. Infostände und Mitmach-Aktionen werden während des Festivals auf das Klimathema aufmerksam machen.

Zu den Alleinstellungsmerkmalen des Festivals gehört nicht zuletzt der Aufführungsort, musiziert wird im ehemaligen Getreidespeicher des Schlossguts mit seiner exzellenten Akustik. Dazu kommt, dass Nachhaltigkeit in Blumenthal - einem Gemeinschaftsprojekt verschiedenster Gruppierungen - seit Jahrzehnten mit Überzeugung gelebt wird. Hinter dem Fest mit seinem Motto "Musik fürs Herz, fürs Klima, für alle!" stehen damit auch die Menschen, die hier zu Hause sind und im Schlossgut unter anderem ein Hotel, einen Biergarten und ein Restaurant im Sinne ökologischen Wirtschaftens betreiben.

Beginn des Festivals ist am Donnerstag, 27. Juli: Bläser und Bläserinnen des Festspielorchesters Camerata Vitilo eröffnen den Veranstaltungsreigen mit Musik aus Mozarts "La Clemenza die Tito". Es folgt ein Konzert mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie ein Kammerkonzert des Arcis Saxophon Quartetts aus München sowie ein Auftritt von The Sensational Skydrunk Heartbeat Orchestra aus Aichach am Samstag, 29. Juli. Das festliche Finale bildet das Abschlusskonzert der "Camerata Vitilo" am Sonntag, 30. Juli, bei dem Antonello Manacorda die 6. Sinfonie von Beethoven dirigiert. Platzreservierungen für die einzelnen Veranstaltungen sind über München Ticket möglich.

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