Süddeutsche Zeitung

Aussiedlung TSV Dachau 1865:Stromleitung über dem TSV-Gelände kommt unter die Erde

Die 110-Kilovolt-Stromleitung, die über dem künftigen Sportgelände des TSV Dachau schwebt, soll für drei Millionen Euro in die Erde verlegt werden.

Von Viktoria Großmann, Dachau

Die Hochspannungsleitung über dem zukünftigen TSV-Gelände wird in die Erde verlegt. Mit einer knappen Mehrheit von acht zu sieben Stimmen fassten die Mitglieder im Bauausschuss diesen Beschluss zu einer drei Millionen Euro teuren Investition. Der Netzbetreiber trägt diese Kosten nicht mit. Er hatte die Freileitung erst 2012 saniert und sieht nun keinen technischen Bedarf. Es siegten letztlich Argumente der Ästhetik und einer diffusen Angst vor einer Hochspannungsleitung, die über den Köpfen der Sportler schwebt. Wesentlich Platz wird durch die Verlegung jedoch nicht gewonnen.

Doch immerhin geht es nun voran mit den Planungen für den TSV. Denn gleich darauf stimmten die Stadträte geschlossen dem Bebauungsplan für den sogenannten Sportpark östlich der Theodor-Heuss-Straße zu. Nach bald 20 Jahren, in denen über die Aussiedlung des TSV 1865 Dachau oft hitzig diskutiert wurde, ist das ein echter Durchbruch. Er wurde möglich, weil die Stadtverwaltung vor drei Jahren angefangen hatte, die benötigten Grundstücke selbst zu kaufen. Sie sollen dem TSV in Erbpacht zur Verfügung gestellt werden.

"Wir wollen die Planungsqualität hochhalten"

Allerdings geht es noch nicht um das gesamte zukünftige Gelände, sondern um einen ersten, kleinen Teil. Städtische Grundstücke von 3,1 Hektar Größe sollen überplant werden. Insgesamt sollen die neuen Sportflächen einmal 13 Hektar groß werden. Schon jetzt verfügt der TSV über etwa 100 000 Quadratmeter, die über das gesamte Stadtgebiet verteilt sind. Als erstes soll der Standort Jahnstraße in Augustenfeld aufgelöst werden. Auf den neuen Flächen sollen eine Dreifachsporthalle mit Zuschauertribüne, eine Einfachsporthalle, diverse Multifunktionssporträume, die Geschäftsstelle und die Vereinsgaststätte untergebracht werden. Für ein Stadion, das für die Regionalliga geeignet ist, reicht allerdings der Platz nicht aus.

Bauamtsleiter Moritz Reinhold erklärte im Ausschuss mit Nachdruck die Notwendigkeit eines Realisierungswettbewerbs. "Da darf nicht nur ein Blechkasten stehen." Es gehe um ein großes und hohes Gebäude auf bisher freier Fläche. Dieses müsse optisch ansprechend sein und sich gut einfügen. "Wir wollen die Planungsqualität hochhalten." Zwischen den neuen Hallen und der Würm sollen die Freisportflächen angelegt werden, etwa ein Fußballfeld mit einer kleinen Zuschaueranlage mit etwa drei Sitzreihen. Rücksicht nehmen müssen die Planer auf die Würm und ihre Ufer. Sie gehört zum Biotopverbund. Entsprechend große Abstände zum Gewässer sollen eingehalten werden.

Der Gutachter riet davon ab, die 110-Kilovolt-Stromleitung in die Erde zu verlegen

All dies schien jedoch unter den Stadträten völlig unstrittig zu sein. Ganz anders als die erneut heftig diskutierte Frage nach der Erdverkabelung. Der von der Stadtverwaltung beauftragte Gutachter Oliver Reuß riet davon ab, die 110-Kilovolt-Stromleitung in die Erde zu verlegen. Besser wäre es, die Freileitung zu erhalten und nur zu erhöhen. Dies sei "die effektivste und kostengünstigste Variante beim Bau des Sportplatzareals", heißt es im Bericht der Spie SAG GmbH.

Beschlossen wurde jedoch die Verlegung auf einer Länge von 915 Metern, die Kosten liegen bei knapp drei Millionen Euro. Die größte Hürde ist eine Wasserleitung im Boden, die noch die Amerikaner eingebaut haben, und die bei den Bauarbeiten beschädigt werden könnte. Die Schächte müssen teilweise von Hand ausgehoben werden, um nichts zu beschädigen, was die Sache verteuert. Zudem muss ein Fernmeldekabel verlegt werden. Während der Bauarbeiten wird die Heuss-Straße halbseitig gesperrt sein und sie kann später nicht mehr verbreitert werden - falls das nötig werden sollte.

All dem steht ein Vorteil gegenüber: Die bebaubare Fläche wird etwas größer. Wie viel genau wurde bisher nicht gesagt. Allerdings können auch über einem Erdkabel keine Gebäude errichtet werden. Im Falle von nötigen Arbeiten müssen die Kabel schnell erreichbar sein. Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) fragte Gutachter Reuß in der Sitzung nach den Auswirkungen von Freileitungen und Erdkabeln auf Mensch und Umwelt. Dieser erklärte den Stadträten, dass für alle Leitungen die gleichen Vorschriften gelten. "Ich würde keinem raten, im knalligen Sonnenschein unter einer Stromleitung zu stehen", sagte Reuß. Das gelte auch für den Aufenthalt an Erdkabeln. Nur seien diese aus den Augen - und damit aus dem Sinn. Diesen Nachsatz hörte Sportreferent Günter Dietz (CSU) offenbar nicht. "Wir regen uns über ein bisschen Granulat im Kunstrasen auf und dann sollen unsere Kinder unter einer Stromleitung spielen."

Die CSU stimmte mit FW, ÜB und Bürger für Dachau für das Erdkabel. "Eine grundfalsche Entscheidung", sagte Sören Schneider (SPD). "Das ist eine Entscheidung gegen die Sportentwicklung." Er spielte darauf an, dass die Arbeiten viele Jahre dauern könnten, zumal ein betroffener Nachbar gegen die Erdverkabelung ist. Die Verlegung bringe nicht den erhofften Baulandgewinn, sagte Thomas Kreß (Grüne). Er war zunächst für das Erdkabel gewesen, ließ sich aber vom Gutachten überzeugen. "Drei Millionen sind heftig. Dafür bekommen wir schon einen guten Teil der Sporthalle." Der TSV-Vorsitzende Wolfgang Moll bedankte sich indessen für diese Entscheidung, die "Weitblick" zeige.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4476837
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 06.06.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.