Dachau:Streit um die Seniorenpolitik

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Dachau Agil erarbeitet ein landkreisweites Konzept, dann überrascht die CSU mit einem eigenen Entwurf und Schwabhausen will verärgert aussteigen. Die Grünen wollen jetzt wissen, warum nicht miteinander geredet wurde.

Helmut Zeller

Das Wirrwarr um die Seniorenpolitik im Landkreis Dachau hat ein Nachspiel. In einem Eilantrag an den Kreistag kritisiert Marese Hoffmann, Fraktionssprecherin der Grünen, dass das Gremium nicht über das seniorenpolitische Konzept der Kreis-CSU informiert worden sei. "Es ist absolut unverständlich, dass der Kreistag wieder einmal nicht miteinbezogen wurde", schreibt Marese Hoffmann an Landrat Hansjörg Christmann (CSU). In der Kreistagssitzung am 27. Juli soll das Thema auf den Tisch kommen und auch geklärt werden, wie es dazu kommen konnte, dass die Kreis-CSU parallel zum Regionalentwicklungsverein Dachau Agil ein seniorenpolitisches Konzept erstellt hat - ohne dass beide voneinander wussten. Das hatte der CSU-Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath der Süddeutschen Zeitung erklärt.

Marese Hoffmann, Fraktionssprecherin der Grünen, hat einige Fragen zum Durcheinander beim seniorenpolitischen Konzept - auch an den CSU-Kreisvorsitzenden Bernhard Seidenath. (Foto: DAH)

Wir sind aus allen Wolken gefallen", sagte Seidenath, der seit eineinhalb Jahren mit Vertretern von Arbeiterwohlfahrt, Caritas und anderen Wohlfahrtsverbänden an einem Konzept gestrickt hatte. Demnach hatte seine Arbeitsgruppe erst vor kurzem aus dem Landratsamt erfahren, dass Dachau Agil bereits seit Jahren an einem mit allen 17 Gemeinden des Landkreises abgestimmten seniorenpolitischen Konzept arbeitete. Dieses Konzept freilich war mehrmals in den Ausschüssen und im Kreistag, denen Seidenath angehört, zur Diskussion gestanden. Zuletzt im Rahmen der Haushaltsberatungen im März. Die Grünen wollen nun den eigentümlichen Sachverhalt aufgeklärt wissen: "Im Kreistag vom 27. Juli 2012 mögen die Kreisräte darüber informiert werden, inwieweit die seniorenpolitischen Bemühungen des Landtagsabgeordneten Seidenath mit der Verwaltung abgestimmt wurden, beziehungsweise darüber hinaus möge Auskunft erteilt werden, inwieweit und wann die Kommunikation mit Dachau Agil stattgefunden hat." Die Erklärung des CSU-Politikers lasse nur den Schluss zu, "dass es erhebliche Kommunikationsmängel gibt".

Aber Marese Hoffmann fordert auch eine Erklärung dafür, warum der Kreistag in die entscheidenden Planungen nicht eingebunden worden sei. "Nach der Vorstellung der Ideen Herrn Seidenaths im Kreisausschuss über eine Ehrenamtsbörse und ein Seniorenkompetenzzentrum, das genossenschaftlich geführt werden sollte, wäre es selbstverständlich gewesen, den Kreistag über geänderte Vorgehensweisen, neue Konzepte und deren Konsequenzen zu informieren und über ihre Sinnhaftigkeit angesichts des seniorenpolitischen Gesamtkonzeptes zu debattieren", kritisiert die Grünen-Sprecherin. Aktionen einzelner Kreisräte müssten, sofern sie weitreichende Folgen haben, im großen Gremium des Kreistages besprochen werden. Für die Grünen ist das kein Beispiel einer transparenten und kooperativen Politik.

Weitreichende Folgen hat der Alleingang Seidenaths bereits gezeitigt: Die Gemeinde Schwabhausen, die ein Pilotprojekt im Agil-Konzept umsetzt, hat ihren Austritt angekündigt. Sie will in der Seniorenpolitik eigene Wege gehen, da sie befürchtet, dass die Abstimmung beider parallel entstandener Konzepte zu einer weiteren zeitlichen Verzögerung führt. Das wolle man, zumal man sofort starten könne, den Bürgern nicht zumuten, erklärte der Schwabhausener Bürgermeister Josef Baumgartner (FW). Seidenath vertritt dagegen die Auffassung, dass sich beide Konzepte ideal ergänzten und der Abstimmungsprozess im September bereits beendet sein könne. Marese Hoffmann hält einen Ausstieg Schwabhausens für fatal: "Als bekennende Kritikerin von Dachau Agil möchte ich dennoch die Gemeinde Schwabhausen auffordern, nicht aus dem Projekt 'Demografie managen' und aus dem seniorenpolitischen Gesamtkonzept auszusteigen." Bei aller berechtigten Kritik dürfe nicht vergessen werden, dass viele kommunalpolitische Aufgaben besser gemeinsam als im Alleingang gelöst werden könnten. Gerade in der Seniorenpolitik seien nachhaltige Lösungen nur unter Einbindung fachkundiger Unterstützung möglich. Das Management ehrenamtlicher Kräfte sei eine der Zukunftsaufgaben für Kommunen, Landkreis und soziale Dienste. "Wenn die Vorschläge des Abgeordneten Seidenath oder der Kreis-CSU dazu führen, dass Zusammenarbeit aufgekündigt wird, ist das für das Ganze, nämlich eine optimale Versorgung älterer Menschen im Landkreis, schädlich."

© SZ vom 23.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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