Mitten in Dachau:Is' denn heut' scho' Weihnachten?

Mitten in Dachau: Vor 20 Jahren hat Franz Beckenbauer, damals Präsident des Fußball-Bundesligisten FC Bayern München, für einen Mobilfunkanbieter geworben.

Vor 20 Jahren hat Franz Beckenbauer, damals Präsident des Fußball-Bundesligisten FC Bayern München, für einen Mobilfunkanbieter geworben.

(Foto: Frank Mächler/dpa)

Wer früh genug Geschenke verteilt, kann später vielleicht punkten. Zum Beispiel als Politiker bei der kommenden Landtagswahl.

Glosse von Walter Gierlich, Dachau

"Ja is' denn heut' scho' Weihnachten?" Die Älteren unter den Lesern werden sich möglicherweise noch an den Werbespruch des einstigen Fußballidols Franz Beckenbauer für einen Mobilfunkanbieter erinnern. Längst hat sich die Frage, ob denn die Bescherung schon vor der Türe stehe, verselbstständigt, wie beispielsweise kürzlich in dieser Zeitung in einem Artikel über Palermo zu lesen war.

Darin berichtete der Autor, dass für viele Bewohner der sizilianischen Hauptstadt mitten im Sommer bereits das Fest der Geburt Christi angebrochen sei, weil der örtliche Fußballclub den Aufstieg von der dritten in die zweite Liga geschafft hatte. Nur mal nebenbei: Man stelle sich vor, dass der TSV 1860 München dieses Kunststück nachmachen würde. Für die Löwenfans wäre das ein Fest, an dem gleich alle Feiertage zusammenfallen würden.

Die Fördernachricht überbringt der CSU-Landtagsabgeordnete

Doch in Palermo hatte es dem Autor zufolge nicht nur im Sport, sondern auch in der Politik für so manche zwielichtige Leute das Gefühl gegeben, als hätten sie unter dem Christbaum ein Geschenk ausgepackt. Denn bei der Bürgermeisterwahl auf der größten Mittelmeerinsel hatte ein von der Mafia gesponserter Kandidat den Sieg errungen.

Nun ja, mit der Cosa Nostra hat es gottlob nichts zu tun, aber politische Meldungen lassen manchen auch hierzulande mal wieder rätseln, ob denn schon Weihnachten sei. Da ist etwa zu lesen, dass die Stadt Dachau 102 000 Euro für Städtebauförderung aus dem bayerischen Bauministerium erhält. Doch überbracht wird die Nachricht nicht von der Behörde selbst, sondern den Geschenkeonkel gibt der CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath. Und warum wohl? Eine überlange Adventszeit ist wahrscheinlich schon angebrochen, in der CSU-Politiker wertvolle Gaben an Kommunen verteilen werden. So können sie hoffen, später beim Fest der Landtagswahl im Herbst 2023 selbst von den braven Bürgern reichlich beschenkt zu werden.

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