Dachau:Stadtrat attackiert Bauamt

Dachau: Das Café Weißenbeck zieht aus.

Das Café Weißenbeck zieht aus.

(Foto: Toni Heigl)

Die Behörde lehnt die geplante Erweiterung des Cafés Weißenbeck in der Altstadt ab. Kai Kühnel (Bündnis) sieht darin einen Akt der Willkür.

Von Viktoria Großmann, Dachau

Die Dachauer Altstadt bekommt noch ein weiteres Bauprojekt: Das Haus an der Martin-Huber-Treppe, das noch immer gut sichtbar den Schriftzug "Café Brüller" trägt, soll erweitert werden. Eine Diskussion darum im Bauausschuss führte zu einem heftigen Angriff auf das Bauamt. Zunächst hatte die Stadtverwaltung nicht die Entscheidung über das Projekt auf die Tagesordnung im Bauausschuss gesetzt, sondern die Frage, ob an dieser Stelle überhaupt gebaut werden darf. Nach Ansicht des Bauamtes kann das Gelände nur in sehr engem Rahmen bebaut werden. Nach Ansicht von Bürgermeister Kai Kühnel (Bündnis) liegt das Bauamt damit völlig daneben. "Das ist eine dermaßene Ungerechtigkeit, was hier jemandem aufgedrückt werden soll", entrüstete er sich in der Sitzung. Weniger emotional, aber auch deutlich, meldeten sich auch Vertreter von SPD und CSU zu Wort.

Kühnel erklärte, die Sitzungsvorlage sei eine "einseitige Darstellung", die Einschätzung "tendenziös". Die in den Skizzen eingezeichneten Höhenlinien seien bloß "geraten". Als Bauamtsleiter Michael Simon einwandte, es habe "keine explizite Vermessung stattgefunden", rief Kühnel empört: "Natürlich, der Vermesser war doch da." Eine Replik darauf blieb aus. Eigentümer des Hauses in der Konrad-Adenauer-Straße 22 ist der Ehemann der Bündnis-Stadträtin Sabine Geißler.

Sie selbst möchte zu dem Bauprojekt nicht viel sagen, sie bestätigt nur, dass das Haus, in dem sich das Café Weißenbeck befindet, stehen bleiben soll. Im rückwärtigen Teil soll angebaut werden, Wohnungen und eine Tiefgarage sollen entstehen. Das Grundstück zieht sich den steilen Hang an der Martin-Huber-Treppe entlang bis zum Zaun. Wer die Treppe hinaufgeht, sieht einen verfallenden Anbau. Daran müsse sowieso etwas gemacht werden, daher solle gleich ein ordentlicher Neubau entstehen, erklärt Geißler.

Gleiches Recht für alle

Einen Anbau in "zweiter Reihe" an dieser Stelle zu verbieten, ist für Kühnel nicht einzusehen. Die ganze Häuserzeile die Konrad-Adenauer-Straße hinauf sei in zweiter Reihe bebaut. Zwischen den Vorder- und Hinterhäusern liegen jeweils kleine Höfe, etwa auch am ehemaligen Hörhammerbräu. Zudem sei in der Rahmenplanung Altstadtkrone, welche die Stadträte im Jahr 2005 beschlossen - allerdings unverbindlich - eine rückwärtige Bebauung auch an diesem Grundstück vorgesehen. Unterstützung bekam Kühnel auch von Grünen-Stadtrat Thomas Kreß. Eindeutig sei die hintere Front der Altstadtgalerie die Bebauungsgrenze. Sie reicht deutlich über die vom Bauamt gezogene Linie hinaus. Warum soll für die Hausnummer 22 anderes gelten als für die 24 jenseits der Huber-Treppe, fragte Kreß. Dort sei genauso weit den Hang hinab gebaut worden.

Es ist nicht das erste Mal, dass Kritik am Bauamt und seinen Sitzungsvorlagen laut wird. Häufig kommt sie jedoch von enttäuschten Bauherren und irritierten Architekten, die versichern, alles nach Absprache mit dem Bauamt vorgelegt zu haben und nicht verstehen, warum sie eine Absage erhalten. Öffentlich und namentlich äußern wollen sich die wenigsten. Auch Kühnel möchte seine Kritik nicht verallgemeinern. Bauherren, die sich benachteiligt fühlen, könnten sich schließlich einen Anwalt nehmen, sagt er.

Auch andere Bauanträge kommen nicht voran

Genau das riet in diesem Fall Günter Heinritz (SPD) den Eigentümern. "Vielleicht sollten sie vor Gericht gehen." Dem stimmte auch Gertrud Schmidt-Podolsky zu. "Wir sind froh um jeden, der Euros in die Hand nimmt, um die Altstadt lebendig zu gestalten." Schmidt-Podolsky nahm das Projekt zum Anlass, erneut eine Quartiersgarage zu fordern, um die Stellplatzfrage zu lösen. "Wir kommen in der Altstadt an unsere Grenzen."

Ein schon lange währendes Vorhaben an der Adenauer-Straße 46/48 ist jedoch vorläufig am Ende. Ein Antrag auf Verlängerung eines Vorbescheides wurde abgelehnt. Nur Thomas Kreß setzte sich für das Vorhaben ein: "Lasst die Leute bauen." Er verwies darauf, dass man den Denkmalschutz im Falle der Flaschenabfüllerei am Schlossberg "zur Seite gestoßen" habe. "Bei privaten Bauherren sieht das offenbar anders aus." Wenigstens gegenüber dem Schermhof solle etwas vernünftiges entstehen. Die Mehrheit im Ausschuss war allerdings der Meinung, der Antragsteller habe lange genug Zeit gehabt, sein Vorhaben umzusetzen. Allerdings ist es eng verknüpft mit der Bebauung auf der Hausnummer 50 an der Ecke der Ludwig-Thoma-Straße. Anfangs wurden die Neubauten sogar gemeinsam geplant. Seit bald 15 Jahren versucht Bäcker Hartmann für einen Neubau mit Wohnungen und Platz für seinen Betrieb eine Genehmigung zu bekommen. Kreß und die CSU unterstützten sein Vorhaben. Kühnel lehnt es ab. Was dort entstehen solle, sei "massivst" und viel zu groß, das sehe man mit bloßem Auge und auch ohne Studien zum Schattenwurf.

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