Die großen Sportvereine aus Dachau, Karlsfeld und Indersdorf verurteilen mit scharfen Worten die Pläne des Landkreises, ab dem kommenden Jahr deutlich mehr Geld für die Benutzung von Schulturnhallen zu verlangen. In einer gemeinsamen Stellungnahme schreiben die Vorsitzenden des ASV Dachau, TSV 1865 Dachau, TSV Eintracht Karlsfeld, TSV Indersdorf und von Soli Dachau, dass sie „mit blankem Entsetzen“ von der Gebührenerhöhung erfahren hätten. Sie sprechen von einem „schweren Schlag gegen das ehrenamtliche Engagement“ und fordern Landrat Stefan Löwl (CSU) und die Mitglieder des Kreisausschusses auf, die Erhöhung auszusetzen, „bis Lösungen gefunden sind“.
Mitte November hatte der Kreisausschuss in einer nicht öffentlichen Sitzung beschlossen, die Gebühren für die Nutzung von Landkreis-Turnhallen um fast 300 Prozent zu erhöhen: Bislang müssen die Vereine pro Hallendrittel und Stunde 11,50 Euro bezahlen. Gemäß Beschluss soll diese Gebühr ab dem 1. Januar auf 40 Euro erhöht werden, eine Steigerung um fast 300 Prozent. Zum Vergleich: Im Landkreis Freising zahlen Vereine aktuell 11,50 Euro pro Stunde. Zum 1. April 2025 ist dort eine Anhebung der Nutzungsentgelte um fünf Prozent geplant. In einem Schreiben an die Vereine begründet das Landratsamt Dachau den drastischen Anstieg unter anderem mit der „äußerst angespannten Haushaltssituation“ des Landkreises und der Kommunen. Die Stadt- und Gemeinderäte beschließen in den nächsten Tagen und Woche ihre Haushalte für das kommende Jahr.
„Das bedeutet, dass ab 1. Januar 2025 die Hallen leer stehen werden“
Sportförderung ist eigentlich eine Aufgabe der Städte und Gemeinden. Doch auch die haben finanziell kaum mehr Spielraum. Derzeit bezuschusst die Stadt Dachau etwa die Sportvereine bei den Kosten für die Hallennutzung. Sie übernimmt dabei den Löwenanteil in Höhe von 85 Prozent. Den Rest zahlen die Vereine selbst. Auf die Stadt kämen aber nun durch die Erhöhung der Gebühren Mehrkosten von fast 380 000 Euro zu – eine Summe, die sich Dachau nicht leisten kann. Daher haben die Stadträte in der vergangenen Woche beschlossen, den Zuschuss für die Hallennutzung im kommenden Jahr vorerst auf Eis zu legen.
Doch auch die betroffenen Vereine können die Mehrkosten nicht stemmen, die sich insgesamt auf einen mittleren sechsstelligen Betrag beziffern. Die nun vorliegenden Verträge für 2025 könne man nicht unterzeichnen, so die fünf Vereinspräsidenten. „Das bedeutet, dass ab 1. Januar 2025 die Hallen leer stehen werden.“ Hunderte Kinder, Jugendliche und Erwachsene könnten dann nicht mehr ihrem Sport nachgehen. „Was das für das soziale Leben im Landkreis bedeutet, möchten wir nicht mal durchdenken.“ ASV Dachau, TSV Dachau, TSV Karlsfeld, TSV Indersdorf und Soli Dachau haben rund 15 000 Mitglieder.

Sport:Hallengebühren verdreifachen sich
Vom 1. Januar an will der Landkreis Dachau deutlich mehr Geld von Sportvereinen verlangen, wenn diese seine Schulturnhallen benutzen. Das Landratsamt begründet die Erhöhung mit der angespannten Haushaltslage. Doch viele Vereine können sich die Mehrkosten nicht leisten.
Aus Sicht der Vereine ist das Vorgehen des Landkreises ein dreifaches Foul: Erstens missbilligen die Vorsitzenden die Kurzfristigkeit. Nur fünf Wochen vor dem Jahreswechsel habe das Landratsamt die Vereine über die Erhöhung informiert. So schnell könne man darauf nicht reagieren. Zweitens kritisieren die Sportfunktionäre, dass weder Landrat noch Kreisausschussmitglieder mit ihnen im Vorfeld gesprochen hätten. „Dass die Entscheidung im nicht öffentlichen Teil einer Sitzung getroffen wurde, ist uns unverständlich und lässt die Entscheidung noch perfider wirken.“ Drittens sei der künftige Mietbetrag schlicht zu hoch. Je nach kommunaler Unterstützung müssten die Vereine ihre Mitgliedsbeiträge um bis zu 80 Prozent erhöhen, um sich die Hallennutzung leisten zu können.
Bereits am Wochenende machte Wolfgang Moll, Präsident des TSV Dachau 1865, dem Landrat und den Mitgliedern des Kreisausschusses schwere Vorwürfe. In einem offenen Brief nannte Moll, der selbst im Kreistag sitzt, die Gebührenerhöhung „vermessen“, „nicht kollegial“ und „ethisch nicht anständig“. Löwl und die Kreisräte hätten dem Landkreis damit einen „Bärendienst“ erwiesen. Er erwarte, dass die Gebühren auf eine „angemessene Höhe“ korrigiert werden. Diese sieht Moll bei „maximal 50 Prozent Steigerung“.
Dachauer Oberbürgermeister bedauert sein Abstimmungsverhalten
Landrat Stefan Löwl verteidigt das Vorgehen des Landkreises. Er verweist auf einen interfraktionellen Sparantrag, den CSU, SPD, Grüne und Freie Wähler im Frühjahr gemeinsam im Kreistag einbrachten. Demnach sollte die Kreisverwaltung Einsparpotenziale identifizieren, um so die Kreisumlage bei einem Hebesatz von unter 50 Prozentpunkten halten zu können und die Kommunen nicht zu sehr zu belasten. In der Folge habe die Verwaltung den Auftrag bekommen, die Gebühren bei den Turnhallen anzupassen, sagt Löwl. Man habe sich dafür an der Marktlage orientiert. Für den Schulsport miete der Landkreis auch Hallen von Gemeinden oder Vereinen an. „30 bis 50 Euro pro Stunde sind da durchaus üblich“, sagt Löwl. Die Mitglieder im Kreisausschuss hätten die Erhöhung dann einstimmig beschlossen.
Auch Florian Hartmann (SPD) stimmte dafür. Jetzt bedauert der Dachauer Oberbürgermeister sein Abstimmungsverhalten. Ihm sei „ein Fehler“ unterlaufen, schreibt Hartmann in einer Erklärung. Er habe die zugrundeliegende Kalkulation für die neuen Gebühren „nicht vollumfänglich hinterfragt“. Er halte die getroffene Entscheidung für falsch. Seine SPD-Fraktion fordert daher nun, die Gebühren neu zu berechnen. Demnach sollen die Vereine nur noch für die Kosten zur Kasse gebeten werden, die durch ihre Nutzung der Hallen entstehen. Mit den 40 Euro pro Stunde, die ab 1. Januar gelten sollen, beteiligt der Landkreis die Vereine auch bei den Unterhaltskosten, also auch Kosten für Sanierung und Reinigung der Hallen. Dies ist aus Sicht der SPD „ein Denkfehler“. Schließlich seien die Turnhallen für den Schulsport errichtet worden. Insofern müsse auch der Sachaufwandsträger der Schulen für den Unterhalt aufkommen. Die Sportvereinsvorsitzenden stimmen dem zu: Die Sporthallen seien aus Staatsmitteln zu erhalten, heißt es in ihrer Stellungnahme.
Löwl kann den Unmut der Vereine verstehen. Aber er sieht die Dinge anders. Sportförderung im Sinne eines Zuschusses für die Benutzung von Sporthallen sei keine Aufgabe des Landkreises, sondern der Kommunen, sagt er. Die grundsätzliche Frage sei also: Entweder man erhöhe die Kreisumlage oder die Kommunen vor Ort unterstützen die Vereine. Gleichwohl räumt der Landrat ein, die Kurzfristigkeit nicht bedacht zu haben, mit der die Vereine nun konfrontiert seien. „Das hatten wir nicht auf dem Schirm.“ In einer nicht öffentlichen Sitzung am kommenden Mittwoch werde sich der Kreisausschuss daher damit befassen, ob sich die Erhöhung auch zu einem späteren Zeitpunkt umsetzen lasse, sodass die Vereine erst im Sommer mehr für die Nutzung der Hallen bezahlen müssen.