Dachau:Spektakel auf 1000 Metern

Die Lange Tafel in Dachau zieht 11 000 Besucher an. Der Veranstalter, die Interessengemeinschaft Münchner Straße, bietet ein buntes Programm mit Showtanz, Musik, Tortenwettbewerb und Kamelritten bis spät in die Nacht hinein

Annika Mayer

- Aramis blickt gehetzt umher. Der Musketier sucht sich das nächste schattige Töpferhaus - und löst damit Jubel unter den Kindern aus. Aramis ist eine Wüstenspringmaus mit hellrot-weißem Fell. Die Miniaturburg steht ganz am Ende der Münchner Straße und ist Teil eines Glücksspiels für Kinder, die dabei Holzschwerter und Schilde gewinnen können. Aramis, Athos und Portus sind die drei kleinsten Mitwirkenden der Langen Tafel 2012. Sie gehören zu den "Eisenteufeln", die an diesem Samstag bei 26 Grad Celsius furchtbar schwitzen - in ihren Helmen, Kettenhemden und Lederharnischen. Je nach Ausrüstung wiegt eine komplette Montur 36 bis 40 Kilogramm. Aber da hilft nichts: Die Eisenteufel sind eine der Attraktionen des alljährlichen Spektakels in der Dachauer Innenstadt.

Dachau: 11 0000 Besucher sind am Samstag bei herrlichem Sommerwetter zur Langen Tafel der Interessengemeinschaft Münchner Straße nach Dachau gekommen.

11 0000 Besucher sind am Samstag bei herrlichem Sommerwetter zur Langen Tafel der Interessengemeinschaft Münchner Straße nach Dachau gekommen.

(Foto: Toni Heigl)

2011 kamen 12 000 Gäste, heuer waren es 11 000 Menschen, die an der langen Tafel in der Straßenmitte speisten und sich über das bunte Rahmenprogramm freuten: 66 Stände, Tombolas, Wettbewerbe, Tanzaufführungen oder Kamelritte. Bunt ist auch das Völkchen, das sich aus dem Landkreis und sogar aus München eingefunden hat: Männer in Ganzkörperkostümen aus lilafarbenem, grünen oder roten Stoff und Lederhose. Countrymusik erklingt zum Tanz der "Black Cats", rot-schwarze Faltenröcke der Tänzerinnen wirbeln umher. Die "Andy-Müller-Band" spielt Eagle-Songs wie "Take it easy", die Knabenkapelle Dachau zieht die Zuhörer in ihren Bann. Dann bebt die Straße unter dem Rhythmus von Trommeln und im Geschrei von Trillerpfeifen: Tanzbrasil, BavariaGugge und BatteriaZ heißen die Gruppen. Schon die Aufmachung der "Jumpagnes" mit goldenen Stulpen, Hörnchen auf den Köpfen und schwarz-roten Mähnen samt Heiligenschein macht auf den Auftritt der Showtanzgruppe des TSV Eintracht Karlsfeld neugierig. Auf der Bühne wedelt dann die Seele der toten Putzfrau Chantal mit einem Mob. Sie pendelt zwischen Himmel und Hölle. Eine laute Sirene jault zu den Klängen der "Schwarzwaldklinik"-Melodie über die Bühne. Petrus findet mittels iPod endlich heraus: "Chantal is no net dran".

Von all dem bekommt Doris Czernohorsky kaum etwas mit. Sie konzentriert sich auf die Torte, die sie verziert. Der Duft von frisch geschlagener Butter und Nougatcreme liegt in der Luft, vermengt sich ein paar Schritte weiter mit dem von Bratwürsten oder Steckerlfisch. Katrin Stockheim findet für den Veranstalter, die Interessengemeinschaft Münchner Straße, die richtigen Worte für die Hobby-Konditoren: "Das ist keine Tortenverzierung, sondern eine Zierde an sich." Czernohorsky hörte im Winter das Rauchen auf, danach "musste ich was mit meinen Fingern anfangen", erzählt sie. Ihre Devise bei dem Contest: "Dabei sein ist alles." Das ist wahr, den Hauptpreis, einen 200-Euro-Reisegutschein, sprach die Jury unter der Leitung von Innungsmeister Peter Denk einer Rosendekoration aus Buttercreme von Thin Truc Burgy zu.

Spaß hat auch der zehnjährige Dominik, der geschickt Alexander Lemkes Klinge pariert. Der Trainer der Eisenteufel ist sich sicher: "Hier ist ein Naturtalent, wo sind die Eltern?" Dominik grinst breit und freut sich nicht nur auf nächste Woche, wenn er in die 5. Klasse des Josef-Effner-Gymnasiums kommt. "Ich werde ein Fechter", sagt er stolz. Doris Czernohorsky nimmt eine Urkunde mit nach Hause. "Darauf wird heute angestoßen" - vielleicht während der Feuershow am späten Abend.

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