Dachau:So macht Physik Spaß

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Schüler des Ignaz-Taschner-Gymnasiums haben eine Ball-Kanone entwickelt. Das aufwendige Projekt wurde nun als eine der drei besten Seminararbeiten in Oberbayern-West prämiert.

Andreas Baumer

Zur Preisverleihung an das P-Seminar des Ignaz-Taschner-Gymnasiums im Fach Physik waren (v. li.) Thomas Hagl, Andreas Frings, Tobias Schuster, Matthias Langer, Matthias Hagl und Katharina Reiter zur Firma Autoliv gekommen. (Foto: Toni Heigl)

Kann man Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen Glauben schenken, so hat er in seinem kurzweiligen Leben doch so allerhand Wunderliches vollbracht. Seine unglaublichen Geschichten drehen sich um die Jagd nach achtbeinigen Hasen, um den Meistersprung seines Pferdes durch eine fahrende Kutsche sowie um seinen berühmten Ritt auf der Kanonenkugel. Geglaubt haben seine Erzählungen jedoch die Wenigsten, was ihm sobald den wenig schmeichelhaften Beinamen Lügenbaron eingebracht hat. Zu Unrecht? 15 angehende Abiturienten des Dachauer Ignaz-Taschner-Gymnasiums testeten zumindest letztere Behauptung auf ihren Wahrheitsgehalt: Sie bauten eine Kanone, experimentierten und berechneten - und kamen zu einem eindeutigen Schluss. Ein Ergebnis, das dem Baron nicht gefallen dürfte.

Spätnachmittag, Autoliv-Haus Dachau. Da sitzen sie nun, die Zwölftklässler, um ihr Kanonen-Projekt vorzustellen. Zusammen mit zwei anderen Gruppen werden sie in Kürze für ihre innovative P-Seminararbeit prämiert werden. Die Ministerialbeauftragte für die Gymnasien in Oberbayern-West hat nämlich für die besten Seminarprojekte in der Region einen Scheck in Höhe von 200 Euro ausgelobt. Zweifellos eine besondere Honoration für die Mühen der Schüler und deren Betreuer Peter Sander.

Sander, selbst Physiklehrer, hatte die Idee gehabt, mit engagierten jungen Leuten eine Ballkanone zu bauen und damit verschiedene physikalische Versuche durchzuführen. Das Projektseminar, kurz P-Seminar, das mit dem achtjährigen Gymnasium in Bayern eingeführt wurde, bot dafür den geeigneten Anlass. Auch ein externer Partner konnte schnell aufgetrieben werden. Der Dachauer Ableger von Autoliv, einem Hersteller von automobilen Sicherheitssystemen, zeigte sich gerne bereit, den experimentierfreudigen Schülern mit Rat und Tat beiseite zu stehen. Insbesondere Ingenieur Thomas Reiter begleitete das Projekt von Anfang an.

Ein Jahr lang wurde entworfen, getüftelt und ausgetestet, bis eine hochmoderne, silbern glänzende Kanone solide physikalische Analysen liefern konnte. Selbstverständlich darf die Hightech-Kanone der P-Seminargruppe, bei der Veranstaltung im Autoliv-Haus nicht fehlen. Zentral positioniert erregt das Geschütz schon von Anfang an das Interesse der Zuschauer. Zuerst sind aber die anderen beiden Gruppen dran. Während elf Zwölftklässler vom Max-Born-Gymnasium in Germering (Kreis Fürstenfeldbruck) einen selbst entwickelten Audioguide zu Ovids Metamorphosen präsentieren, zeigt die P-Seminargruppe des Staffelsee-Gymnasiums aus Murnau, wie sie in mühevoller Detailarbeit den bis dahin öden schuleigenen Pausenhof mit bunten Mosaikfliesen und einem metallenen Drachen verschönerte.

Dann rückt die Kanone auch inhaltlich wieder in den Mittelpunkt. Katharina Reiter, das einzige Mädchen der Physiker-Gruppe, stellt anfangs den nicht immer geradlinigen Weg ihres Kanonenprojekts dar. "Das hat ganz schön lange gedauert", bilanziert sie. Es hat sich aber gelohnt: Das Geschütz könne Bälle mit Abschussgeschwindigkeiten von bis zu 70 Meter pro Sekunde etwa 105 Meter in die Schräge schießen, erklärt ein weiterer Seminarteilnehmer. Außer einfachen Bällen seien auch Feuerwerksraketen sowie Fallschirmbälle in die Luft gejagt worden. Die Versuche wurden mit einer von Autoliv gestellten Hochgeschwindigkeitskamera aufgenommen und anschließend analysiert.

Womit wieder der Baron von Münchhausen ins Spiel kommt. Denn ist der waghalsige Ritt quer über feindliche Linien und vorbei am Minarett, den der Adlige in der Verfilmung von 1943 nachweislich vollführt, tatsächlich so vorstellbar? Nein, heißt die Antwort der jungen Physiker. Das muss auch der für die Präsentation eigens wiederbelebte Baron höchstselbst alias Matthias Langer zur Kenntnis nehmen. Als er gefragt wird, ob er seinen Flug vor Augen aller dennoch wiederholen wolle, hat er es sehr eilig: "Nein, lieber nicht, ich muss leider schon wieder weg", stammelt der entlarvte Lügenbaron und verschwindet.

© SZ vom 20.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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