Süddeutsche Zeitung

Rücksichtslose Autofahrer:"Ich hoffe, dass nicht erst ein Kind tot gefahren werden muss"

Lesezeit: 2 min

Weil es immer wieder vorkommt, dass Autofahrer in Dachau bei Rot über die Ampel fahren, schlägt eine Schulweghelferin jetzt Alarm. Die Polizei reagiert.

Von Anika Blatz, Dachau

Weil es immer wieder vorkommt, dass Autofahrer trotz Rotlichts die Ampel überqueren, hat eine Schulweghelferin die Polizei um Hilfe gebeten. Diese reagiert nun mit Verkehrskontrollen.

Seit dem Beginn des Schuljahres im September leistet Nina Michelon-Abel freiwillig Dienst als Schulweghelferin. Freitags, von 7.30 bis 8 Uhr, steht die dreifache Mutter dafür an der Ampel Theodor-Heuss-Straße/Berliner Straße und hilft Schulkindern beim Überqueren der Fahrbahn. Die meisten sind Grundschüler, die nach Dachau Ost oder in die Montessorischule wollen. "In dieser halben Stunde fahren zwei bis drei Autofahrer bei Rot über die Ampel, während auf jeder Straßenseite mindestens zehn Kinder stehen und darauf warten, loslaufen zu können", sagt die 48-Jährige. "So blind kann man gar nicht sein, das ist reine Rücksichtslosigkeit."

Die Polizei Dachau willl verstärkt kontrollieren

Die Polizei Dachau führte deshalb jüngst mehrfach Kontrollaktionen an der Örtlichkeit durch und konnte die von Michelon-Abel geschilderten Angaben bestätigen. Pro Kontrolltag wurden im relevanten Zeitraum zwischen zwei und drei Verstöße dokumentiert. Für die betreffenden Personen zieht das ein Bußgeld zwischen 90 und 240 Euro, im Einzelfall sogar ein Fahrverbot nach sich. Vorwiegend Männer säßen am Steuer, schildert Michelon-Abel und es seien häufig Leute, die selbst Kinder im Auto sitzen hätten. "Das finde ich dann doppelt schlimm. Gerade die müssten doch ein persönliches Interesse am ordnungsgemäßen Fahren haben. Oder wollen die, dass ihr Kind an der Ampel zusammengefahren wird?"

Aufgrund der Kontrollergebnisse werden die Verkehrskontrollen im Stadtgebiet Dachau nach Auskunft der Polizei fortgesetzt. Es sei erschütternd, wie einzelne Autofahrer ihre eigenen Interessen über die der anderen stellten, sich über Verkehrsregeln hinwegsetzten und dadurch die Schulwegsicherheit gefährdeten.

"Schulwegsicherheit geht alle Verkehrsteilnehmer an"

"Schulwegsicherheit geht alle Verkehrsteilnehmer an", sagt Polizeihauptkommissar Andreas Knorr von der Inspektion Dachau. Auch sein Kollege, Polizeihauptmeister Alexander Steinhard, der für den Sachbereich Verkehr zuständig ist, sagt: "Die Verkehrsmoral der Leute hat in den letzten Jahren deutlich nachgelassen." Dies sei der zunehmenden Verkehrsdichte geschuldet, vermutet er. In den Morgenstunden befänden sich die meisten Autofahrer auf dem Weg zur Arbeit, viele stünden unter Zeitdruck und seien genervt von den Staus. "Dann fahren manche noch schnell drüber, bevor sie wieder warten müssen." Durch nichts zu rechtfertigen sei dieses Verhalten. "Die Fahrer gefährden die Sicherheit der Kinder und Schulweghelfer. Wir werden das im Auge behalten", sagt der Polizist.

Michelon-Abel schildert aber noch eine weitere bedenkliche Entwicklung. Nicht nur uneinsichtige Autofahrer machten ihr die Arbeit als Schulweghelferin schwer, sondern zum Teil auch Eltern. Es gebe Erziehungsberechtigte, die ihre Kinder dazu aufforderten noch schnell über die Straße zu gehen, wenn die Ampel bereits rot geworden ist. "Ich hoffe, dass nicht erst ein Kind totgefahren werden muss, damit die Leute im Straßenverkehr wieder vorsichtiger und aufmerksamer sind."

Um auch die Kinder selbst für das Thema Verkehrssicherheit zu sensibilisieren, veranstaltet die Polizei regelmäßig Aktionstage. Kindergarten- und Vorschulkindern wird dabei unter anderem nahegebracht, wie sie sich an Ampeln und Fußgängerüberwegen richtig verhalten. In den Grundschulen bekommen die Schüler zusätzlich zu der in der vierten Klasse ohnehin verpflichtenden Jugendverkehrsschule Verkehrserziehung.

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SZ vom 04.12.2019
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