Dachau:Schöne Bescherung

Für die Umzugspläne des TSV 1865 stellt die Stadt Dachau bis 2015 insgesamt 15 Millionen Euro bereit. Details der Planung legt sie aber nicht offen. SPD, Grüne, Bündnis für Dachau und Teile der ÜB reagieren mit Unmut.

Von Walter Gierlich

Dachau: Umstritten sind Projekt und Finanzierung: Aus dem Verkaufserlös des Geländes des ehemaligen SSV Dachau-Ost soll der Neubau einer Anlage für den TSV 1865 finanziert werden. Auch ein Ersatz für die Jahnhalle.

Umstritten sind Projekt und Finanzierung: Aus dem Verkaufserlös des Geländes des ehemaligen SSV Dachau-Ost soll der Neubau einer Anlage für den TSV 1865 finanziert werden. Auch ein Ersatz für die Jahnhalle.

(Foto: joergensen.com)

"Man weiß, was ein Fußballplatz kostet, man weiß auch, was eine Turnhalle kostet. Die Kostenschätzung ist also nicht aus der Hüfte geschossen", sagt Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) gereizt. Die meisten Vorhaben im 103-Millionen-Euro-Etat sind zwar unumstritten, doch vor allem an den Plänen für den Umzug des TSV 1865 entzündet sich eine hitzige Diskussion. SPD, Grüne, Bündnis für Dachau und die Mehrheit der ÜB-Fraktion mögen nicht zwei Millionen Euro in den aktuellen Haushalt und weitere 13 Millionen in den beiden kommenden Jahren für ein Vorhaben bereitstellen, von dem sie bisher keine Details kennen. Vor allem aus diesem Grund stimmen nur 23 Stadträte dem von Bürgel vorgelegten Haushalt zu, während 16 das Zahlenwerk ablehnen.

In der Haushaltssitzung des Stadtrats war deutlich zu merken, dass in gut drei Monaten Kommunalwahlen sind. Hatten in den Vorjahren die Haushaltsreden der einzelnen Fraktion meist ein recht harmonisches Bild vermittelt, so war der Ton diesmal deutlich schärfer. Bürgel mahnte in seiner Haushaltsrede, dass es trotz guter Wirtschaftsdaten und positiver Erwartungen geboten sei, wachsam zu bleiben. "Die Konjunkturprognosen von heute können in unserer schnelllebigen Zeit schon bald überholt sein", sagte er, ehe er einen Abriss über Einnahmen und Ausgaben des Etats für das kommende Jahr gab, der um etwa fünf Millionen Euro niedriger ausfällt als 2013. 85,4 Millionen Euro macht der Verwaltungshaushalt aus, aus dem die laufenden Ausgaben bestritten werden. 17,4 Millionen Euro beträgt das Volumen des Vermögenshaushalts, aus dem die Stadt die Investitionen finanziert. Um die Investitionen stemmen zu können, müssen 6,6 Millionen Euro neue Schulden gemacht werden. Noch deutlich höhere Kreditaufnahmen sind in den kommenden Jahren zu erwarten: 15,8 Millionen 2015 und 11,6 Millionen Euro 2016.

Bürgel wies darauf hin, dass im Verlauf der Haushaltsberatungen viel Wünschenswertes und Sinnvolles weit in die Zukunft verschoben werden musste. "Sonst wäre die Leistungsfähigkeit der Stadt und damit die Genehmigung des Haushalts gefährdet." Als Besonderheit des vorgelegten und der kommenden Haushalte bezeichnete er "vergleichsweise hohe Investitionszuschüsse" von 4,2 Millionen Euro. Zwei Millionen Euro davon sind für den Umzug des TSV 1865 vorgesehen, etwas mehr als zwei Millionen Euro für zwei private Kinderbetreuungseinrichtungen: eine Krippe am Bahnhof und die Bauernhof-Kita am Obergrashof. In den vergangenen sechs Jahren habe die Stadt mehr als 25 Millionen Euro in Kindertagesstätten und 13 Millionen in Schulen investiert, hob er hervor.

Die Kinderbetreuung schlägt sich auch im Verwaltungshaushalt mit enormen Summen nieder. So ist der Anstieg der Personalausgaben um sieben Prozent auf 21 Millionen Euro nach Bürgels Worten neben Tariferhöhungen auch auf den Ausbau der Kinderbetreuung zurückzuführen. Das schlägt sich auch in den Zuweisungen an Dritte nieder: Von elf Millionen Euro gehen hier allein 7,4 Millionen an andere Träger von Kitas. Die Nettobelastung der Stadt durch diese Zuschüsse sei allein im Jahr 2013 und 2014 um 44 Prozent gestiegen, erklärte der OB.

Ungewöhnlich breiten Raum in Bürgels Ausführungen nahm die geplante Aussiedlung des TSV 1865 aus seinem beengten Gelände an der Jahnstraße auf die Ostseite der Theodor-Heuss-Straße ein, die nach langem Stillstand "nun auf einmal doch in greifbare Nähe gerückt" sei. Zwar seien noch offene Fragen zu klären, sagte er, "aber wir schaffen mit dem Haushalt 2014 frühzeitig die finanziellen Grundlagen, um handlungsfähig zu sein und den Verein bei diesem Jahrhundertprojekt unterstützen zu können". Einen Großteil der geschätzten Kosten des Gesamtprojekts von 31 Millionen Euro könne der Verein durch den Verkauf seines jetzigen Geländes (12,35 Millionen Euro) und Fördergelder des Bayerischen Sportverbands (drei Millionen Euro) schultern. Die andere Hälfte bringe die Stadt auf, die durch den Verkauf des nicht mehr benötigten Sportgeländes in Dachau-Ost ihrerseits 18,6 Millionen erlösen könne. Daher gehe die Umsiedlung des TSV "nicht zu Lasten anderer geplanter Investitionen der kommenden Jahre" betonte OB Bürgel.

Das sah aber der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und OB-Kandidat der SPD, Florian Hartmann, ganz anders: Allzu viel Fragen sind nach seiner Ansicht bei dem Projekt noch offen: "So liegt noch nicht einmal eine Planung vor, welche Sportarten überhaupt auf dem neuen Sportgelände angeboten werden sollen." Vor allem die 13 Millionen Euro, die für 2015 und 2016 eingeplant sind, blockieren andere Investitionen, wie er befürchtet. Hartmann kritisierte zudem, dass es auf absehbare Zeit kein Ganztagsangebot an der Grundschule Dachau-Ost geben werde. Das habe die CSU abgelehnt, obwohl Ministerpräsident Horst Seehofer in seiner Regierungserklärung vor kurzem eine "Ganztagsgarantie" bis 2018 abgegeben habe. Wie Bürgel wies auch Hartmann auf die ungewöhnlich vielen Projekte hin, die im Bauausschuss beraten und verabschiedet wurden, bis man dann gemerkt habe, dass kein Geld dafür vorhanden sei. "Und das große Streichkonzert musste beginnen." -"Mehr als angespannt" nannte Rainer Rösch, Fraktionschef der Überparteilichen Bürgergemeinschaft und ebenfalls OB-Kandidat, die Finanzlage der Stadt, die "kaum noch Spielraum für Investitionen, geschweige denn für Unvorhersehbares" lasse. Dass viele Projekte beschlossen und dann doch wieder verschoben worden seien, etwa die Turnhalle der Klosterschule, bemängelte auch Rösch. Das ist nach seiner Ansicht zum einen der allgemeinen Haushaltslage, zum anderen der Aussiedlung des TSV geschuldet. Die hält er zwar für nötig, doch binde die Stadt damit für drei Jahre Haushaltsmittel von 15 Millionen Euro. "Ein großes Kaliber."

Mit Kritik an den Umzugsplänen des Sportvereins ging es beim Grünen-Fraktionschef und OB-Kandidaten Thomas Kreß weiter, der von einem "Nothaushalt" sprach, weil die Stadt ihre Rücklagen bis Ende 2014 aufbrauche und zudem 6,6 Millionen Euro Schulden machen müsse. Wichtige Projekte würden verschoben, doch für den Umzug des TSV würden 15 Millionen bereitgestellt, "ohne dass uns die Planung vorliegt".

Von einem "Streichkonzert zugunsten des TSV" und einem geheimen Wunschkonzert, das der Verein vorbereite, sprach Kai Kühnel (Bündnis für Dachau). Er empfahl als Alternative zum Umzug eine Sanierung oder einen Neubau der Jahnhalle am bisherigen Standort und die Errichtung lediglich einzelner neuer Sportplätze außerhalb des jetzigen Geländes. Überdies plädierte er dafür, Freizeitsportflächen, die nicht an Vereine gebunden sind, in allen Stadtteilen anzulegen.

Auf die treuen Bundesgenossen der CSU konnte sich Bürgel jedoch verlassen. Sowohl Edgar Forster (Freie Wähler) als auch Alfred Stelzer (FDP) kündigten Zustimmung zum Haushalt an und stellten sich ausdrücklich hinter die Aussiedlungspläne, die "einmal einhelliger Wunsch des ganzen Stadtrats" gewesen seien, wie Forster sagte. Beide nannten die Erhöhung der Einnahmen für eine vordringliche Aufgabe. Daher müssten weitere Gewerbeflächen ausgewiesen und die Wirtschaft stärker gefördert werden, betonten sie.

"Der TSV scheint zum Wahlkampfschlager zu werden", sagte CSU-Fraktionschef Christian Stangl als letzter Redner. "Bitte realistisch blieben", meinte er zu Kühnels Vorschlag für dezentrale Sportflächen. "Eventuell noch selbstverwaltet?" Er kündigte an, dass sich der Stadtrat die Planung noch im Detail vornehmen werde. Das betonte auch OB Bürgel in der abschließenden Diskussion, die sich allein um die TSV-Pläne drehte. "Wir stehen noch ganz am Anfang", sagte er.

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