Dachau:Schilhabels Vermächtnis

Die parteilose Ex-Stadträtin hat in den letzten Tagen ihrer Amtszeit dem neu gewählten Gremium elf Anträge hinterlassen.

Von Walter Gierlich

So mancher Dachauer Kommunalpolitiker - und beileibe nicht nur in der CSU - hat aufgeatmet, als klar war, dass Elisabeth Schilhabel nicht genügend Unterstützer-Unterschriften sammeln konnte, um erneut für den Stadtrat kandidieren zu können. 2008 war sie über die Grünen-Liste ins Rathaus eingezogen, doch im Laufe der Amtsperiode war sie zunächst aus deren Stadtratsfraktion, dann auch aus der Partei ausgeschlossen worden. Und 2014 scheiterte sie sowohl mit ihrer persönlichen Oberbürgermeisterkandidatur als auch mit ihrer Gruppierung, die den sperrigen Namen "Schilhabels Liste - gegen die herrschende Politik - für ein gerechtes und grünes Dachau" trug, am mangelnden Zuspruch des Dachauer Wahlvolks.

Doch so ganz losgeworden ist der neue Stadtrat seine Ex-Kollegin nicht: In den letzten Tagen ihrer Amtszeit als Stadträtin hat sie Ende April noch einmal mächtig zugeschlagen und nicht weniger als elf Anträge gestellt. Und die müssen natürlich von Verwaltung und Stadtrat nach und nach abgearbeitet werden. An diesem Mittwoch, 21. Mai, stehen die ersten drei bereits auf der Tagesordnung des Haupt- und Finanzausschusses. Die übrigen sind noch in Bearbeitung - und das angesichts der teilweise recht schwierigen Materie möglicherweise noch länger. Und die meisten kann man unter die Rubrik "typisch Schilhabel" einsortieren.

Mögen die Grünen im Bundestagswahlkampf mit ihrer Forderung nach einem "Veggie Day" grandios gescheitert sein, so lässt sich Schilhabel davon nicht abschrecken: Ihr reicht fleischlos allein nicht, sie verlangt die "Einführung eines veganen Tages pro Woche in allen städtischen Essenseinrichtungen". Denn laut ihrer Begründung ist der Konsum von Fleisch, Milch und Eiern für mehr als die Hälfte aller von Menschen verursachten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Daher gelte es einen Bewusstseinswandel herbeizuführen.

Den braucht es vermutlich auch für den Antrag, auf dem mitten in der Stadt liegenden Gelände der ehemaligen MD Papierfabrik ein Ökodorf zu errichten, das nach Schilhabels Einschätzung zum Publikumsmagneten wird. Merkwürdig nur, dass sie dann "eine andere, konventionelle Bebauungsart" kategorisch ablehnt - weil die wegen des hohen Verkehrsaufkommens unzumutbar sei. Vorbild sein soll das Ökodorf Sieben Linden im Altmarkkreis Salzwedel, auf dessen Internetseite noch mit Pferdegespannen geackert wird und Schweine zwischen den Häusern frei herumlaufen. Auf mehr Ökologie zielt auch der Antrag für ein kostenloses Bussystem in Dachau. Rat und Hilfe könne sich die Stadtverwaltung im belgischen Hasselt holen, wo Fahrgäste nichts zahlen müssen, wenn sie Bus fahren.

Das muss jedoch nicht gleich zu einer Partnerschaft mit der belgischen ÖPNV-Vorreiterkommune führen. Denn als neue Partnerstädte kommen einem weiteren Antrag Schilhabels zufolge Verdun, Hiroshima und Nagasaki in Frage. Die Stadtverwaltung soll dazu ein Konzept entwickeln, um mit diesen Städten gemeinsam "die Vertiefung der Friedenskultur . . . zu fördern".

Im Hauptausschuss an diesem Mittwoch geht es um ihre Anträge zu Fairtrade, Zigarettenwerbung und dem Freihandelabkommen TTIP zwischen den USA und der EU. Ob das von Schilhabel geforderte Verbot von Zigarettenwerbung innerhalb des Stadtgebietes rechtlich möglich ist, darf ebenso bezweifelt werden wie die Möglichkeit der Stadt, das Freihandelsabkommen TTIP zu stoppen, um die kommunale Daseinsvorsorge zu schützen. Da mag der Stadtrat den OB zwar auffordern, bei Bundesregierung und EU-Kommission zu intervenieren, doch nutzen wird's wenig. Anders beim Antrag, dass Dachau "Fairtrade-Town" werden soll, die in Ratssitzungen oder bei städtischen Anlässen nur noch lokal produzierte oder fair gehandelte Waren anbietet. Man darf gespannt sein, ob sich eine Mehrheit findet, oder ob der Antrag - wie in der Vergangenheit - allein deswegen abgelehnt wird, weil er von Schilhabel kommt.

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