Dachau:Romantik am Stadtweiher

Die Lange Nacht der Wälder zieht Hunderte Familien an, die sich über Bäume, Biber und Fledermäuse informieren - und danach Stockbrot am Lagerfeuer genießen.

Von Petra Neumaier

Rechts oder links? Das ist die Frage: Links geht es zu Fledermaus-, Vogel- und Waldführungen und zur Bastelecke - rechts zu Quiz, Biberstation und Stockbrot. . . "Hört sich gut an", muss die junge Mutter vor ihren kleinen Söhnen zugeben. Trotzdem lenkt sie deren Schritte nach links. Erst das Lehrreiche, dann das Vergnügen. An beidem ließ die zweite "Lange Nacht der Wälder" nicht missen. Bis tief in die Dunkelheit hinein wanderten Hunderte Familien durch den Stadtwald, machten es sich am Stadtweiher gemütlich und genossen einen romantischen Abend im Schein von Fackeln, Sonnwendfeuer und Vollmond.

Dachau: Nach den informativen Wanderungen durch den Wald genossen die Kinder und ihre Eltern Stockbrot am Lagerfeuer.

Nach den informativen Wanderungen durch den Wald genossen die Kinder und ihre Eltern Stockbrot am Lagerfeuer. 

(Foto: Jørgensen)

"Eigentlich hatte ich mit einem freien Abend gerechnet", sagt Waldführer und Förster Wilfried Pförtsch. Bis zum frühen Mittag hatte kräftiger Dauerregen die Waldwege im Stadtpark in glitschigen Morast verwandelt. Doch dann klarte es auf, und rasch polsterten die Helfer der Veranstalter (Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Landesbund für Vogelschutz und die Stadt Dachau) die Matschwege mit Holzschnitzel. Rechtzeitig um 17 Uhr war alles fertig, da kamen schon die ersten Familien, die es nicht abwarten konnten, in dem Naturparadies Schinderkreppe auf Entdeckungsreise zu gehen.

Ungeduldig zerren die Kleinen ihre Eltern Richtung Waldkindergarten, wo die Bastelstation dicht umringt ist. Wer hätte gedacht, dass man aus Baumrinde, Ästen, Blättern, Eicheln und Tannenzapfen so schöne Boote basteln kann? In den winzigen Fingern entstehen schöne Fantasiegebilde. Viel zu schade, um sie auf dem See auf die Reise zu schicken. "Schau mal, ein Hase!" Die vierjährige Mia reißt auf der Waldführung die Augen weit auf. Rehbock und Geiß, Dachs, Fuchs, Baummarder und Hermelin haben die Förster am Wegrand zwischen den Bäumen versteckt. Ausgestopft natürlich, "wenn sie euch lebendig so nahe kommen, solltet ihr lieber Abstand halten, die Tiere könnten Tollwut haben", warnt Wilfried Pförtsch. Anfassen dürfen die Kinder dagegen die Blätter der unterschiedlichen Bäume in dem natürlichen Mischwald: Ahorne, Eschen, Buchen, Holunder, Linden, Kiefer und Eichen. Zwei Mädchen wissen damit noch etwas anderes anzufangen: Mit einer Hand halten sie einen tief hängenden Zweig fest und drehen sich im Tanz unter den Blättern, begleitet vom Gesang der Singdrossel.

Golden malt die untergehende Sonne die Spitzen der hohen Fichten an. Eine der wenigen, die noch im Stadtwald stehen. Eine davon ist rot markiert, ihr geht es bei Gelegenheit an den Kragen: Die Krone ist schütter, die Gefahr, dass der Borkenkäfer hier sein Unwesen treibt, groß. Pförtsch geht auf Spurensuche: Wenn dunkler Staub auf der Rinde liegt oder Spinnenweben am Boden bestäubt sind, wenn die Nadeln rötlich scheinen, dann ist Eile geboten. "Im Moment ist es aber so nass, da ist die Gefahr gering", beruhigt er die Schar.

Die Gunst der Stunde nutzen die Mücken. Mit Einbruch der Dunkelheit fallen sie über die etwa 150 kleinen und großen Körper her, die gespannt auf die nächtlichen Ausflüge der Fledermäuse warten. "Um viertel vor zehn haben wir sie bestellt", sagt Hartmut Lichti vom LBV. Während seines Vortrages hält er trotzdem vorher den Ultraschalldetektor in die Luft, der die kleinen, fliegenden Säugetiere ankündigt. Schon werden die Kinder ungeduldig, da geht es los, auf die Minute pünktlich: Erst ein Knattern, dann huschen kleine schwarze Punkte über die Köpfe. Vielstimmige "Ahhs" und "Ohhs" hallen durch den Wald. Am See, in dem sich der Vollmond spiegelt, lassen sich die Wasserfledermäuse dennoch nicht sehen. Dafür zeigt Lichtis Frau eine besonders von Kindern stark lebensbedrohte Fledermausart - und öffnet eine Tupperdose mit Fledermaus-Keksen: Tatsächlich überlebt keine einzige!

Am See flackert derweil das Sonnwendfeuer in den dunklen Himmel. Die Flammen wärmen die Besucher in der feucht-kalten Luft, die wenigstens die Mücken müde macht. Die Kinder sind es nicht, sie tollen über die Wiese und jagen Papas. Stockbrote gibt es keine mehr, 600 Stück (im Vorjahr 400) gingen weg wie warme Semmeln. Am Biber-Infostand streichelt eine Frau fasziniert das weiche Fell der Tiere. "Das würde ich mir jetzt am liebsten umlegen", sagt Fachberaterin Barbara Karcher angesichts der sinkenden Temperaturen. Müde vom aufregenden Tag gehen Leopold, 8, und Valentin, 6, Hartmann aus Schwabhausen mit ihren Eltern nach Hause. Klar, das Fledermaussuchen war spannend. Am Schönsten war aber das "Stockbrot", sagen sie freudig.

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