68 Schüler der Glonntal-Realschule Odelzhausen sitzen an diesem Mittwoch ab 8.30 Uhr Köpfe rauchend vor einem großen Stück Papier und versuchen, eine Erörterung oder einen Aufsatz niederzuschreiben. Die Deutschabschlussprüfung leitet damit die Prüfungszeit der Realschulen im Landkreis Dachau ein. Es ist das zweite Jahr in Folge, in dem sich Realschüler der zehnten Klassen unter Corona-Bestimmungen zusammenfinden und ihre vorerst letzten schriftlichen Schularbeiten ablegen. Vieles erscheint in diesem Jahr leichter, weil die Schüler und Lehrkräfte aus Erlebtem des vergangenen Jahres lernen konnten. Manches bleibt trotz gesammelter Corona-Erfahrung weiterhin schwierig und für den Schulalltag herausfordernd.
Die 16-jährige Nora Berz, Zehntklässlerin an der Realschule Odelzhausen, beschreibt das vergangene Schuljahr als eine "sehr komplexe Zeit, in der man viel falsch machen, aus der man aber auch sehr viel lernen konnte". Eine Neuerung in diesem Jahr sind die verpflichtenden Testungen an den Schulen. Für die Zeit der Abschlussprüfungen sind die Prüflinge von der Pflicht allerdings ausgenommen und es steht jedem einzelnen Schüler frei zu entscheiden, ob er sich testen lässt oder eben nicht. An der Erzbischöflichen Vinzenz von Paul Schule in Markt Indersdorf lässt sich etwa die Hälfte der 115 Prüflinge testen, die andere Hälfte nicht. Rektor Klaus Fortner nennt dabei vor allem die individuellen Erfahrungen der Schüler mit dem Virus als Grund für die Entscheidung: "Wenn ein Schüler im privaten Umfeld einen ernsten Verlauf miterlebt hat, nimmt er die Testung auch ernster."
Die klassenindividuelle Entscheidung für oder gegen die Testung vor den Prüfungen stellte die Realschule Markt Indersdorf vor eine kleine organisatorische Herausforderung. Die Schüler schreiben nun in drei Gruppen aufgeteilt ihre Prüfungen: ein Raum für getestete Schüler, ein Raum für nicht getestete, ein Raum für Absolventen in Quarantäne, die aber negativ getestet sind. Die jeweiligen Klassen bleiben bei diesem Konzept aber zusammen und so können die Schüler in ihrem gewohnten Umfeld die Prüfungen ablegen. Genauso funktioniert es auch in Odelzhausen: Die Prüfung findet auf drei Räume verteilt statt. Mehr Prüfungsräume fordern an beiden Schulen mehr Aufsichtslehrkräfte. In Markt Indersdorf entschloss man sich deshalb dazu, in der Prüfungsphase zwei Klassen der unteren Jahrgangsstufen in den Distanzunterricht zu schicken, damit genügend Lehrer da sind.
Auch die Josef-Schwalber-Realschule in Dachau ist gut auf die Prüfungssituation vorbereitet. "Wir wussten, was auf uns zukommt und konnten uns sehr gut darauf vorbereiten", erklärt Tanja Huber, Schulleiterin. Sie freut sich besonders, dass es den 156 Prüflingen dieses Jahr erspart bleibt, während der Prüfung eine Maske tragen zu müssen. Dies sei sehr erleichternd für die Schüler.
Die diesjährigen Prüflinge freuen sich, dass das bayerische Kultusministerium die Prüfungszeit verlängert hat: 30 zusätzliche Minuten sollen die pandemiebedingten Beeinträchtigungen wettmachen. Außerdem fangen die Prüfungen zwei Wochen später an. So wollte man den Schülern Gelegenheit geben, etwaige Stofflücken im Distanz- und Wechselunterricht zu kompensieren. Doch weder in Markt Indersdorf noch in Odelzhausen haben die Lehrer auffälligen Lücken bemerkt. Die Odelzhausener Schulleiterin Anette Schalk erwartet sogar positive Ergebnisse: "Die Jahresfortgangsnoten haben gezeigt, dass die Schüler wirklich gute Noten haben", sagt sie.
Auch Abschlussschülerin Nora Berz fühlt sich bestens gewappnet, auch wegen des "sehr schön gestalteten Distanzunterrichts". Auf ihre Prüfungsnote hätten die Corona-Maßnahmen keine negative Auswirkung, sagt die Schülerin: "Auch ohne Corona wäre nur ich dafür verantwortlich gewesen, welche Note ich erziele." Dennoch forderte der Distanzunterricht sehr viel mehr Eigeninitiative von Nora. "Ich fand es schade, dass wir im Präsenzunterricht meist nur die Themen aus dem Distanzunterricht wiederholt haben, damit einzelne Schüler, die nicht mitgemacht haben, wieder mitkommen."
Auch für Prüfling Pascal Halbwirth, 18 Jahre, geht die Realschulzeit in diesen Tagen zu Ende. Wenn Unterricht plötzlich nur noch online stattfindet, merke man erst, wie toll Schule eigentlich sein kann, sagt er. Insgesamt habe der Distanzunterricht allerdings weniger gut funktioniert: "Viele haben nicht aufgepasst oder mitgemacht und des Öfteren funktionierte die Technik nicht sehr gut", klagt er. Den anstehenden Prüfungen sieht aber auch er positiv entgegen: "Meist sind die Abschlussprüfungen dann ja ohnehin nicht so schwer wie alle sagen", meint Halbwirth.
Was beide Absolventen am Ende ihrer Realschulzeit vermissen, ist der alltägliche, persönliche Austausch mit ihren Mitschülern, aber auch mit den Lehrern. "In der zehnten Klasse hat man normalerweise ein recht gutes Verhältnis zu den Lehrern, bei uns kennt man sich teils noch nicht einmal richtig", sagt Nora Berz. Dies bemängelt auch Pascal Halbwirth, denn das "Nachfragen im Unterricht" sei während des vergangenen Schuljahrs größtenteils weggefallen.
Alle drei Realschulrektoren loben einstimmig das Durchhaltevermögen ihrer Schüler, die in den herausfordernden Schuljahren ein äußerst großes Maß an Verantwortungsbewusstsein an jeden einzelnen Schultag gelegt haben. Schalk spricht von einem lobenswerten "vernünftigen Umgang der Schüler mit allen Maßnahmen". Nun hoffen die Schüler, auch die letzte große Hürde ihrer Schullaufbahn meistern zu können. Dann wartet ein lernfreier Sommer auf sie. Nora Berz weiß schon jetzt, dass sie den Computer dann nicht mehr anmachen will. Sie sagt: "Ich war so lange vor ihm gesessen, jetzt reicht's!"