Wie viel 1,38 Hektar sind, kann man mit bloßem Auge sehen, seitdem bis auf die denkmalgeschützten Produktionshallen alle Gebäude der Dachauer Papierfabrik abgerissen worden sind. Auf dem weitläufigen Areal soll in den kommenden Jahren ein neuer Stadtteil entstehen. Zusätzlich eingerichtet werden soll dort nun auch ein „Quartiersmanagement“. Es soll einer Abschottung und Anonymisierung des künftigen Viertels entgegenwirken. Dafür hat am Mittwoch der Familien- und Sozialausschuss gestimmt. Die Einrichtung ist allerdings mit hohen Kosten verbunden. Ob die Eigentümerin des Grundstücks, die Isaria, die Anschubfinanzierung übernehmen wird, steht allerdings noch nicht endgültig fest.
Die Stadt und die Projektentwickler der Isaria haben große Pläne für die Industriebrache in Dachau. Wohnraum für 2000 Menschen soll hier entstehen, dazu noch einmal rund 61 000 Quadratmeter Gewerbefläche. In der Planungsphase des Großprojekts hatten die Dachauer mehrfach erhebliche Bedenken geäußert: Das Quartier könnte sich irgendwann in ein „Ghetto“ verwandeln, fürchten sie, oder in einen Ort, in dem Gentrifizierung und „Gewerbe-Oligarchie“ überhandnehmen. Deshalb äußerten die Bürger vor allem einen Wunsch mit Nachdruck: Sie wollen bezahlbaren Wohnraum und ein Stadtviertel mit eigener Identität.
Das wurde auch in der Ausschusssitzung deutlich, als über Richtung und Rahmen eines zukünftig noch näher zu gestaltenden Nachbarschaftskonzepts abgestimmt wurde. Stadträtin und Fraktionsvorsitzende der SPD, Anke Drexler, nutzte die Gelegenheit, um noch einmal zu betonen, „dass über allem für uns der Wunsch nach Wohnungen steht“.
Der Wunsch nach dem „Wir-Gefühl“
Wie am Fuße der Altstadt ein attraktiver Mix aus Wohnen, Gewerbe und kulturellen Einrichtungen heranwachsen soll, dafür hat die Stadt einen Vorschlag gemacht. Damit sich das gewünschte „Wir-Gefühl“ und eine „Quartiers-Identität“ im neuen Stadtviertel herausbilden kann, soll eine zentrale Anlaufstelle mit Vor-Ort-Präsenz im Neubau errichtet werden: eben das Quartiersmanagement.
Die Angebote und ein Programm dieser Zentrale müssen noch erarbeitet werden, ihr Ziel ist aber klar. Sie soll gemeinsame Treffen und Veranstaltungen in der Nachbarschaft initiieren und die Bewohner miteinander vernetzen. Der Stadt Dachau sei es wichtig, kein anonymes Neubauquartier entstehen zu lassen, versicherte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD).
Die Stadt will sich an den Kosten nicht beteiligen
Für den Betrieb des Quartiersmanagements werden wahrscheinlich zwei halbe Stellen gebraucht. Die Stadt rechnet mit einem Raumbedarf von etwa 300 Quadratmetern. Es müssten zudem Büros sowie Besprechungs- und Veranstaltungsräume eingerichtet werden, „um Nachbarschafts-fördernde Angebote realisieren zu können“, so der OB. Die Kosten für die Anschubfinanzierung und den Betrieb des Quartiersmanagements will die Stadt der Isaria übertragen. Die Eigentümerin muss dem aber noch zustimmen. In der Beschlussvorlage, die am Mittwoch verteilt wurde, heißt es unmissverständlich: „Es sind keine Zuschüsse durch die Stadt Dachau vorgesehen.“
Zu einem späteren Zeitpunkt sollen die Kosten für das Quartiersmanagement auf die Eigentümer umgelegt werden. Wenn es bei den vorläufigen Berechnungen für die Miete und das Personal bleibt, dürfte dafür jährlich ein Betrag in Höhe von 234 000 Euro allein für den Betrieb anfallen. Es sei „mit einer eher unüblich hohen Umlage“ für die Eigentümer zu rechnen, heißt es in der Beschlussvorlage.
Im nächsten Schritt wird es darum gehen, ein finales Nachbarschaftskonzept zu erarbeiten und dieses im städtebaulichen Vertrag festzuschreiben.