Dachau:Plädoyer für Flüchtlinge

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Bernd Fabritius ruft auf dem Ehrenabend in Dachau dazu auf, Asylbewerbern mit Empathie zu begegnen. Fehler in der Behandlung der Heimatvertriebenen nach dem Krieg oder der Gastarbeiter sollen sich nicht wiederholen

Von Andreas Förster, Dachau

Die Dachauer CSU hätte den diesjährigen Ehrenabend gerne im Schloss gefeiert. Ging aber nicht. Durch die Insolvenz des Gaststättenbetreibers im Oktober musste man kurzfristig in den gediegenen Veranda-Saal des Altstadthotels Zieglerbräu ausweichen. Es ist ein passender Rahmen für eine Veranstaltung, die mit einer Schweigeminute für die Opfer der Terroranschläge von Paris beginnt. Glanz und Gloria passen hier nicht hin. Vor der Verteilung der Urkunden und Anstecknadeln an langjährige Mitglieder lauschen die ungefähr 100 Gäste dem CSU-Bundestagsabgeordneten Bernd Fabritius. Er spricht über das umstrittene Hauptthema der politischen Debatte, den Umgang mit den Flüchtlingen, die Krieg und Terror aus ihren Heimatländern vertrieben haben.

Fabritius, 50, ist seit einem Jahr Präsident des Bundes der Vertriebenen (BdV). Mit 19 Jahren kam er als Spätaussiedler aus Siebenbürgen in Rumänien. Er weiß also, was Entwurzelung und Neubeginn in der Fremde bedeuten. Und er spricht aus, was viele in den Landsmannschaften denken: Zeigt mehr Empathie mit den Flüchtlingen. Macht nicht die gleichen Fehler, die man mit den Heimatvertriebenen nach 1945 gemacht hat, die heute immerhin ein Viertel der Bevölkerung ausmachen. Sie wurden, so Fabritius, lange als "Gesindel" bezeichnet und als Plage angesehen. "Macht auch nicht dieselben Fehler wie bei den Gastarbeitern, die in den 1950er und 1960er Jahren nach Deutschland zogen", appelliert Fabritius weiter. "Lasst nicht zu, dass Parallelgesellschaften aufgebaut werden, weil sich niemand um die Zugezogenen kümmert."

Gleichzeitig warnt er, die Mittel zur Integrationsförderung verstärkt an die Islamverbände zu verteilen. "Das würde die Entwicklung von Parallelgesellschaften erst recht fördern." Er sieht vor allem Dialog und Diskussion als Gebot der Stunde. Und so will er seinen Vortrag auch verstanden wissen: als Angebot zum Dialog. Der sei in Zeiten wie diesen wichtiger denn je. Nur durch Dialog und Begegnungen sei die Integration von Millionen von Flüchtlingen und Vertriebenen vor 70 Jahren gelungen. Und es könne auch heute gelingen, trotz unterschiedlicher Sprache, Werte und Religion. Diese müsse man unbedingt auch verteidigen. Und man müsse unterscheiden zwischen denjenigen, die um Leib und Leben fürchten müssten und denjenigen, die aus ökonomischen Gründen ihr Land verließen "und letztlich auch im Stich lassen". Letzteres sei ein "Missbrauch von Rettungswegen aus persönlichem Interesse. Diese Menschen haben keinen Anspruch auf Unterstützung in unserem Land", so der Jurist. Er könne die Motivation verstehen, aber es bleibe eine selbst gewählte Migrationsentscheidung, die falle weder unter das Asylrecht noch unter die Genfer Flüchtlingskonvention. Und: "Wer unsere Werte ablehnt, wer kriminell handelt, wer sich nicht integrieren will, der muss Deutschland wieder verlassen."

Da beruhigt sich auch der Pulsschlag derjenigen wieder, die schon fast geglaubt hatten, der Abgeordnete verlange mehr Empathie als einer rigiden Flüchtlingspolitik, wie von der CSU gefordert, gut tun würde. "Europa braucht ein Integrationskonzept", schließt Fabritius seinen Vortrag und erntet viel Zustimmung. Dass er sich den Vorschlägen seines Parteifreundes, des Landrats Stefan Löwl, nach Sanktionen gegen renitente Flüchtlinge anschließt, ist dann keine große Überraschung. Allerdings sehe er die Maßnahmen eher , wie er sagt, als "Konsequenzen, die sich ergeben, wenn jemand gegen Regeln verstößt". Für die eigenen Entscheidungen Verantwortung zu übernehmen, sei ein Teil der Integration. Dazu gehöre auch, Konsequenzen zu tragen. Alles andere wäre ein falsches Signal.

Es brauchte eine musikalische Unterbrechung in der Person der Sängerin Julia Fischer, um die Gäste auf die Ehrungen des Abends einzustimmen. Darunter sind so junge Mitglieder wie der Wirtschaftsreferent der Stadt Dachau, Florian Schiller, 32, der für die zehnjährige Mitgliedschaft mit einer Urkunde und einer Anstecknadel bedacht wird. Sehr viel Beifall gibt es für den Ehrenvorsitzenden Georg Engelhardt, der für das goldene Jubiläum auch noch eine handsignierte Ausgabe der Memoiren des langjährigen CSU-Pressesprechers Godel Rosenberg mit dem Titel "Franz-Josef Strauss und sein Jude" erhält. Noch zehn Jahre länger haben die Brüder Josef, 78, und Michael, 83, Nauderer aus Pellheim und Assenhausen der CSU die Treue gehalten. "60 Jahre Mitglied in der CSU, das ist länger, als manch einer verheiratet ist", witzelt der CSU-Ortsvorsitzende Tobias Stephan, der mit viel Humor durch den Abend leitete.

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