Stadt Dachau:Piraten wollen in den Kreistag

Die politischen Inhalte sind dürftig, die Mitgliederzahl unklar - trotzdem plant die Partei den Einstieg in die Kommunalpolitik. Denn der bundesweite Erfolg verschafft auch den Dachauer Piraten einen regen Zulauf.

Matthias Pöls

Möglicherweise sitzen in der nächsten Wahlperiode auch Piraten im Dachauer Kreistag. Bis zum Sommer will die Partei einen eigenen Kreisverband in Dachau gründen, wie der 37-jährige Dirk Waltert der Süddeutschen Zeitung sagte. Waltert ist eine der treibendenden Kräfte hinter der Dachauer Piratenbewegung und im Alltag in der Automotive-Branche tätig. "Mittlerweile hat sich eine mannstarke Truppe entwickelt", sagte er, sodass der geplante Kreisverband mehr sein könne "als ein Häuptling ohne Stamm". Es habe sich ein fester Kern von Mitstreitern gebildet.

Neu sind die Piraten im Landkreis nicht. Allerdings dümpeln sie seit 2008 von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt vor sich hin. Die monatlichen Stammtischtreffen der Dachauer Piraten schliefen kurz nach der Einführung wieder ein. Alle Versuche eines nachhaltigen Revirements scheiterten. Im November 2008 startete Dirk Waltert einen dritten Anlauf. Nach sehr mäßiger Beteiligung in den vergangenen Jahren kämen nun meist um die 25 Interessierte zu den Piratentreffen. Die bundesweite Welle des Erfolgs in den Umfragen verschafft offenbar auch den Dachauer Piraten regen Zulauf.

Im Landkreis Dachau ist die Mitgliederzahl auf beachtliche 79 gestiegen. So steht es zumindest auf der Homepage der Partei, dem Piratenwiki. Gemessen an dieser Mitgliederzahl wären die Piraten damit schon die viertstärkste Partei - hinter CSU (1510), SPD (552) und den Freien Wählern (150), aber vor den Grünen (52), der FDP (45) und der Linken (20). Doch die Erfolgsquote der Piraten hat einen Schönheitsfehler: Wie auf Bundesebene hat auch im Landkreis Dachau mehr als die Hälfte der Mitglieder ihre Beiträge noch gar nicht bezahlt. Erst wer die 36 Euro überwiesen hat, gilt als stimmberechtigtes Mitglied. Nur 35 sind sogenannte Zahler. Damit lägen die Piraten nur mehr auf Platz sechs, hinter der FDP und vor der Linken.

Michael Stanscheck, Pressesprecher der Dachauer Piraten, stellt seinerseits in Abrede, dass seine Mannschaft tatsächlich nur 35 Mitglieder zähle. "Da wir unsere Verwaltungssoftware seit Jahresbeginn wechseln und die Neumitglieder gebeten haben, ihren Beitrag aktuell nicht zu bezahlen." Die Umstellung sei in vier Wochen erfolgt, und dann gebe es endgültige Daten, wer zahlungswillig ist oder nicht. "Mit der aktuellen Quote von 44,3 Prozent zahlenden Mitgliedern liegen wir bayernweit ganz vorn!"

Inhaltlich können die Dachauer Piraten bisher allerdings auch nicht mehr Inhalte vorweisen als das bundesweite Grundsatzprogramm der Partei. Eine konkrete Vorstellung für politische Maßnahmen im Landkreis Dachau haben sie bisher nicht. "Lokalpolitisch muss man sich erst einmal reinfinden", sagt Waltert. Erste, kleine Erfolge könne man bereits für sich verbuchen. Etwa, dass die Stadt Dachau die Pläne für den Neubau des Kindergartens Mariä Himmelfahrt im Internet veröffentlicht hat.

Freier Zugang zu Bildung ist eines unserer Kernthemen", sagt Waltert. Als ein weiteres Thema wählten die Dachauer Piraten die "teilweise sehr gefährlichen Schulwege für Kinder", so der studierte Kaufmann Stanscheck. Auf ihrem Infostand in der Münchner Straße am Wochenende hätten die Piraten darauf sehr positive Rückmeldungen der Eltern erhalten. Man wolle mit den Behörden für zufriedenstellende Lösungen sorgen.

Die etablierten Parteien reagieren gelassen: "Dass sich eine Partei gründet, ist gut für den Wettbewerb in der repräsentativen Demokratie, davon lebt diese", sagt der CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath. Viele Aussagen der Vertreter auf Bundesebene halte er jedoch für "hochgefährlich". "Die Piraten sind eine Partei wie jede andere auch", sagt sein SPD-Kollege Martin Güll. "Wenn ein Programm da ist, dann werden wir uns damit auseinandersetzen."

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