Dachau:Neues Leben in der Altstadt

Auf dem Gelände der ehemaligen Flaschenabfüllerei, deren Abriss momentan vorbereitet wird, entstehen nach den Plänen des Dachauer Architekturbüros Voitländer und Deffner 28 Mietwohnunge.

Von Wolfgang Eitler

Noch steht nur ein Bauzaun in der Klosterstraße. Aber er kündigt den endgültigen Abriss der Flaschenabfüllerei in der Dachauer Altstadt an. Damit verschwindet aus dem Ensemble der Altstadt ein Gebäude, das trotz des maroden Zustands und der zahlreichen Veränderungen bis in die siebziger Jahre hinein als prägend gilt. Die Wucht des in sich geschlossenen Baukörpers, der nur noch in Fragmenten als historisch zu bezeichnen ist, streben Bauherr Jobst Kayser-Eichberg sowie die Dachau Architekten Dorothea Voitländer und Konrad Deffner nicht mehr an. Sie werden die Abfüllerei, die zur historischen, im Jahr 2000 aufgelassenen Schlossbergbrauerei gehörte, durch ein Gebäude mit 28 Wohnungen ersetzen. Dachaus Stadtbaurat Michael Simon spricht von einer, gestalterisch gesehen, "anständigen Architektur".

Vor der ästhetischen Frage stehen aber die statischen und technischen Herausforderungen dieses Areals. Sämtliche Wohnungen orientieren sich in einen Innenhof, der sich zur kleinen Hexengasse unterhalb des Schlosses hin öffnet. Darunter befindet sich die Tiefgarage, deren Einfahrt gegenüber dem Anwesen von Künstler Heinz Eder in der Klosterstraße liegt. Dabei hat das Architekturbüro Voitländer und Deffner drei Ideen entwickelt, die sie als "wichtigen Schachzug" bezeichnen.

In der Klosterstraße wird die Traufhöhe des Gebäudes zunächst an die vorhergehenden Häuser angepasst. Dadurch erhält die Straße mehr als Licht als bisher. Diese sogenannte Traufständigkeit wird den Berg hinauf bis zur Linkskurve erhalten, in der die Klosterstraße zur Schlossstraße wird. Dann gehen die Architekten in eine Giebelständigkeit über. Das bedeutet in diesem Fall: Das Bauwerk wird höher als bisher und gleicht somit den Verlust an Raum aus, der aus der niedrigen Bauweise weiter unten resultiert.

Dadurch aber gelingt es, die komplizierte, extreme Hanglage mit drei Eingangsgeschossen optimal zu nutzen. Deswegen kommt die Tiefgarageneinfahrt ohne Rampen und komplizierten Auffahrten aus. Zunächst hatte Anrainer Eder große Bedenken, die nach einem Gespräch mit dem Bauherren Jobst Kayser-Eichberg und einigen Änderungen an der Einfahrt anscheinend ausgeräumt sind. Der dritte Teil des Schachzugs ist der Innenhof. Bisher ist das Areal komplett, also auf der gesamten zur Verfügung stehen Fläche, verbaut. Dadurch ändert sich auch das Dachensemble. Einmal, weil drei verschiedene Giebel nötig sind. Zum anderen, weil ein Einschnitt im Dach nötig ist, um mehr Licht in den Innenhof zu bringen. Wenn man also vom Dach des Kaufhauses Hörhammer über die Altstadt hinweg schauen könnte, würde man ein zum Schloss hin höheres Gebäude mit zwei Giebeln sehen, während die Dachlandschaft in der Klosterstraße einheitlicher und ruhiger wirken wird. Die 28 Wohnungen reichen von eineinhalb Zimmern bis zu einer Art Loft mit 150 Quadratmetern einschließlich einer Loggia, ohne dass dieser nach oben offene Balkon die Dachstruktur stören dürfte.

Handelt es sich also um eine "anständige Architektur", wie Stadtbaurat Simon sagt, oder um doch mehr. Voitländer und Deffner lachen und wollen das Urteil nicht weiter kommentieren. In einem weiteren zentralen Punkt sind die drei sich einig. Sie halten es für richtig, dass der Bauherr Kayser-Eichberg, Geschäftsführer der Sedlmayr Grund und Immobilien KGaA in München, nur Mietwohnungen plant. Simon bezeichnet "Mietwohnungsbau" als "einen wesentlicher Baustein" einer guten Stadtentwicklung. Angesichts der hohen Grundstückspreise sieht er darin die einzige Chance, in einer Stadt Menschen unterschiedlicher Einkommenssituationen und sozialer Struktur zusammenzubringen.

Somit stellt sich die Frage nach der Höhe der künftigen Mietpreise. Bauherr Kayser-Eichberg hält sich aus zwei Gründen bedeckt. Nach den zähen und jahrelangen Verhandlungen muss das genehmigte Bauprojekt neu kalkuliert werden. Finanziell erschwerend kommt hinzu, dass der Bau wegen einer enormen technischen Herausforderung wesentlich teuerer kommen wird. Denn die Stadt Dachau lehnt es ab, Bau und Baugrube durch Rückverankerungen in der Schlossstraße und der Hexengasse statisch absichern zu lassen. Eine wie die Architekten Voitländer und Deffner betonen, in den meisten bayerischen Städten übliche Praxis. Von der Baugrube werden Stahlrohre mit einem Betonsockel unter einer Straße verankert. Jetzt braucht es das wesentlich aufwendigere Verfahren, die entsprechenden Stützen in den Innenraum zu verlegen. Dazu muss erst die Tiefgarage errichtet werden, dann erst beginnt die statische Sicherung, um die herum dann gebaut werden muss. Kommentar

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